# taz.de -- THW Kiel wird hauchdünn Handball-Meister: Titel in Kiel, Party in … | |
> Bis zur letzten Sekunde zittert sich der THW Kiel mit einem Unentschieden | |
> zur 22. Handball-Meisterschaft. Der Rivale Flensburg wird derweil | |
> gefeiert. | |
Bild: Entscheidung im Fernsehen: Die Flensburger Spieler sehen den Kieler Punkt… | |
FLENSBURG taz | Der THW Kiel ist durch ein 25:25 bei den Rhein-Neckar Löwen | |
zum 22. Mal deutscher Handball-Meister geworden. Die größte Hallen-Party | |
des Landes fand allerdings in Flensburg statt, wo 2.300 Zuschauer bis | |
zuletzt auf einen Ausrutscher der Kieler hofften und das 38:26 gegen den | |
HBW Balingen-Weilstetten sowie die Vizemeisterschaft feierten. | |
Vor der Flens-Arena gab es ein fröhliches Wiedersehen der Fans der SG | |
Flensburg-Handewitt, die lange [1][nicht mehr in die Halle gedurft] hatten. | |
Erst zum vierten Mal waren wieder Zuschauer zugelassen, diesmal fast ein | |
Drittel der Maximalbesetzung von 6.300 Zuschauern. Die taten von Anfang an | |
alles, um eine ähnliche Atmosphäre herzustellen wie in der vollen Hütte, | |
als die Fans die SG vor drei Jahren am letzten Spieltag zum Titel brüllten. | |
Sogar der Schiedsrichter lächelte, als er erst mit Verspätung anpfeifen | |
konnte, da das Tor vor der Fantribüne erst von Konfetti befreit werden | |
musste. Der Pfiff selbst ging dann im Lärm von Trommeln, Klatschen und | |
Gesängen unter. | |
Mit dem einen Auge hingen die meisten SG-Fans in der Halle ständig am | |
Smartphone. Denn diesmal hatte die Mannschaft von Trainer Maik Machulla im | |
vorletzten Heimspiel durch eine unerwartete Niederlage gegen die Füchse aus | |
Berlin fast alle Trümpfe aus der Hand gegeben und war auf eine | |
gleichzeitige Niederlage des THW Kiel in Mannheim angewiesen. | |
Unabhängig vom Ausgang der beiden Spiele war die Dominanz der Fördeklubs | |
schon vorher so groß wie selten zuvor. Fünfzehn Punkte betrug am Ende der | |
Vorsprung der Kieler vor dem Drittplatzierten aus Magdeburg. Die letzten | |
Spiele deuteten darauf hin, dass die Kieler die Saison, die erst durch | |
viele coronabedingte Absagen und dann durch [2][ein strapaziöses | |
Nachholprogramm] gekennzeichnet war, kräftemäßig besser überstanden hatten. | |
Während der THW etwa den Pokalsieger TBV Lemgo souverän besiegte, zitterten | |
sich die Flensburger zu einem hauchdünnen Sieg beim Tabellendreizehnten HC | |
Erlangen. | |
„Wer laufen kann, spielt“, sagte Trainer Maik Machulla über seinen von | |
Ausfällen gebeutelten Kader. Torwart Benjamin Burić, Kreisläufer Jacob | |
Heinl sowie die Rückraumspieler Franz Semper und Alexander Petterson | |
mussten passen. Für Burić war schon vor Wochen Torwart-Legende Henning | |
Fritz reaktiviert worden. „Die letzten 60 Minuten schaffen wir auch noch“, | |
sagte der angeschlagene Spielmacher Jim Gottfridson. | |
Schnell war klar, dass die Entscheidung in der wesentlich spärlicher | |
besetzten Mannheimer Halle fallen musste, wo die Handball-Bundesliga das | |
Original der Meisterschale deponiert hatte. Während die SG, bei der neben | |
dem Original-Ministerpräsidenten Daniel Günther (CDU) auch der | |
Kanzlerkandidat der Herzen Robert Habeck (Grüne) zu Gast war, nach zehn | |
Minuten schon mit fünf Treffern führte, stand es in Mannheim 3:3. | |
Das erste Mal wurde es nach zwanzig Minuten wieder richtig laut, als die | |
Ticker die erstmalige Führung der Löwen meldeten. Die Fernsehbilder zeigten | |
angespannte Kieler Gesichter bei einer Auszeit, während die Flensburger | |
spielten, als könnten sie noch über das Torverhältnis Meister werden. Dabei | |
war klar, dass den Kielern ein Unentschieden auf jeden Fall reichen würde. | |
Zur Halbzeit stand es 24:12 für Flensburg, hauptsächlich herausgeworfen von | |
den Außenspielern Hampus Wanne und Lasse Svan. In Kiel warf derweil Miha | |
Zarabec mit dem Pausenpfiff das 13:12 für den THW. | |
„Das lassen die sich nicht mehr nehmen“, hörte man nach Wiederanpfiff auf | |
der Tribüne jetzt immer öfter jemanden mit Blick aufs Smartphone sagen. Als | |
die Kieler das erste Mal mit drei Treffern davonzogen, setzte in der | |
Flens-Arena eine Trotzreaktion ein und die eigene Mannschaft wurde umso | |
frenetischer gefeiert. Die letzten zehn Minuten gingen fast völlig im Jubel | |
unter. Nicht unterging allerdings, dass es in Mannheim plötzlich nochmal | |
spannend wurde. Als der Endstand in eigener Halle feststand, waren dort | |
noch über sieben Minuten zu spielen. | |
## Entscheidung im Fernsehen | |
Die Flensburger Spieler gingen geschlossen in die Hallenecke, wo ein | |
Fernseher aufgestellt war. Zusätzliche Spannung kam dadurch auf, dass das | |
TV-Bild, dass die Spieler sahen, der Online-Übertragung voraus war. Die | |
2.300 Zuschauer verfolgten nun keine Tempogegenstöße der Spieler mehr, | |
sondern Haare-Raufen und Daumendrücken. Schließlich schaltete auch der | |
große Hallenbildschirm um und alle waren wieder im gleichen Bild, als die | |
Löwen beim Stand von 25:25 den endlos langen letzten Angriff hatten. Als | |
dann auch in Mannheim Schluss war, mussten die Zuschauer die sichtbar | |
enttäuschten Spieler trösten. | |
„Es ist sehr schwer, die richtigen Worte zu finden“ sagte Lasse Svan und | |
bedankte sich mit stockender Stimme bei den Zuschauern für die | |
Unterstützung, die noch lange anhielt. | |
Nach dieser zerstückelten Saison mit dem langem Zuschauerausschluss, einer | |
umstrittenen Weltmeisterschaft und einer hitzigen Diskussion über die | |
Überforderung der Spieler tat es den Handballfans in Flensburg sichtlich | |
gut, wieder puren Sport mit Spannung bis zum Schluss zu erleben, auch wenn | |
es diesmal nur zur Vizemeisterschaft reichte. Das Duplikat der | |
Meisterschale blieb im Koffer. | |
27 Jun 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
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