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# taz.de -- Steinmeier in der Türkei: Auf Versöhnungskurs
> In der Türkei glättet Bundespräsident Steinmeier die Wogen mit Präsident
> Erdoğan. Dieser will auf die Freilassung israelischer Geiseln
> hinarbeiten.
Bild: Hat Erdoğan, aber zuvor auch die Opposition getroffen: Steinmeier am Mit…
Istanbul taz | Von großer Spannung konnte keine Rede sein. Beim Treffen des
deutschen und türkischen Präsidenten flogen nicht, wie manche im Vorfeld
vermutet hatten, die Fetzen. Ganz im Gegenteil: Beide versicherten sich der
Freundschaft und Hochachtung. Selbst beim Krisenthema Gaza wollte
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mehr Gemeinsamkeit als Differenz
erkennen, „auch wenn es natürlich sehr unterschiedliche Sichtweisen auf den
Konflikt sind“, wie Steinmeier feststellte.
Geprägt war das Treffen am Mittwoch eher von dem Bemühen, die in den
letzten Jahren so sehr abgekühlten Beziehungen zwischen den Regierungen
beider Länder wieder auf ein höheres Niveau zu bringen. Steinmeier würdigte
die türkische Aufbauleistung im Erdbebengebiet, das er am Dienstag besucht
hatte, und versicherte, dass Deutschland auch weiterhin solidarische
Unterstützung leisten werde.
Er sprach zwar von notwendiger Rechtssicherheit, Demokratie und der
Sicherung der Menschenrechten im Allgemeinen, sah deshalb aber keinen
Grund, nicht wieder stärker zusammenzukommen.
Zu den türkischen Erwartungen, dass es endlich zu visafreien Besuchen für
türkische BürgerInnen innerhalb der EU kommt, deutete Steinmeier Gespräche
sowohl über eine Visa-Liberalisierung als auch über eine Erweiterung der
Zollunion auf EU-Ebene an. Gerade angesichts der schwierigen
internationalen Situation und der Kriege in der Ukraine und in Gaza sei die
Türkei für Deutschland und Europa ein „unverzichtbarer Partner“ auch in d…
Nato und bei den G20-Zusammenkünften. Statt der Differenzen, so Steinmeier,
sollten wir wieder „die gemeinsamen Interessen nach vorne stellen“.
Schock über Brandanschlag in Solingen
Auch Präsident Recep Tayyip Erdoğan gab sich im Vergleich zu ähnlichen
Anlässen auffallend milde. Auch er will die wirtschaftlichen Beziehungen
weiter ausbauen, mehr deutsche TouristInnen in die Türkei locken und freut
sich über erfolgreiche DeutschtürkInnen, von denen es hoffentlich in
Zukunft noch mehr geben werde.
Zunehmenden Rassismus in Deutschland erwähnte er zwar, aber auch eher der
Vollständigkeit halber. Mit einer Ausnahme: Der neuerliche Brandanschlag in
Solingen, bei dem vier türkischstämmige BulgarInnen starben, hat ihn wie
den größten Teil der TürkInnen geschockt. Dass so etwas 31 Jahre nach dem
ersten schweren Brandanschlag in Solingen noch einmal möglich war, stieß in
der Türkei auf massives Unverständnis.
Steinmeier konnte hier aufrichtig versichern, dass auch er das niemals für
möglich gehalten hätte. Abschließend versicherten beide, dass man gemeinsam
daran arbeiten werde, eine Ausweitung des Gazakriegs zu verhindern, mehr
humanitäre Hilfe mobilisieren will und gleichzeitig die Befreiung der
israelischen Geiseln aus der Gewalt der Hamas im Auge hat. Erdoğan sprach
davon, bei Verhandlungen zur Freilassung der Geiseln mithelfen zu wollen.
## Am Horizont: eine Türkei nach Erdoğan
Insgesamt hat Steinmeier in der Türkei ein Programm zur Aufhellung der
Stimmung zwischen beiden Ländern durchgeführt. Die Betonung der langen
gemeinsamen Geschichte in Istanbul, die Solidaritätsbekundungen in den vom
Erdbeben vor einem Jahr zerstörten Landstrichen im Süden der Türkei und der
Besuch an der Universität in Ankara boten viele Gelegenheiten,
Freundlichkeiten auszutauschen.
Auffallend bei dem Besuch war, dass der Bundespräsident sich in seinen drei
Tagen in der Türkei gleich [1][mit den drei wichtigsten
Oppositionsvertretern, dem Istanbuler Oberbürgermeister İmamoğlu, dessen
Amtskollegen in Ankara, Mansur Yavaş, und dem neuen Vorsitzenden der
sozialdemokratischen CHP, Özgür Özel, getroffen hat]. Die deutsche Politik
macht sich offenbar mit dem Gedanken vertraut, dass am politischen Horizont
eine Türkei nach Erdoğan aufgetaucht ist.
22 Apr 2024
## LINKS
[1] /100-Jahre-deutsch-tuerkische-Beziehungen/!6003311
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
Frank-Walter Steinmeier
Gastarbeiter
GNS
Schwerpunkt Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
Wahlen in der Türkei 2023
Wahlen in der Türkei 2023
Kolumne Starke Gefühle
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