| # taz.de -- Steht der Nahe Osten vor einem Wendepunkt? | |
| > Mit dem Tod des PLO-Chefs wird auch das Argument hinfällig, Arafat sei | |
| > das entscheidende Hindernis für den Frieden | |
| BERLIN taz ■ Seit dem vergangenen Jahr wurde die israelische Regierung | |
| nicht müde zu betonen, Jassir Arafat sei ein Hindernis für den Frieden, und | |
| daher könne man mit ihm nicht verhandeln. Auch zur Begründung des | |
| einseitigen Gaza-Abzugsplans von Ministerpräsident Ariel Scharon hieß es, | |
| auf palästinensischer Seite gebe es keinen Partner für ein Abkommen. Nun | |
| muss sich erweisen, ob der Tod des Palästinenserpräsidenten den Weg für | |
| neue Verhandlungen öffnet oder es sich bei dieser Argumentation vielmehr um | |
| einen Vorwand gehandelt hat. | |
| In einer Stellungnahme zum Tod seines langjährigen Widersachers erklärte | |
| Scharon gestern: „Die jüngsten Ereignisse stellen wahrscheinlich einen | |
| historischen Wendepunkt im Nahen Osten dar.“ Gleichzeitig verwies er jedoch | |
| darauf, dass die neue palästinensische Führung zunächst für ein Ende der | |
| Anschläge sorgen müsse. US-Präsident George W. Bush, der im Juni 2002 | |
| Arafat zur „Persona non grata“ erklärt hatte, sprach von einer „Öffnung… | |
| Frieden“ und kündigte ein verstärktes Engagement der USA in der Region an. | |
| Doch Bush muss zunächst einmal seine neue Regierungsmannschaft | |
| zusammenstellen, und auf palästinensischer Seite ist vor dem Ablauf der | |
| 40-tägigen Trauerzeit für den „Rais“ nicht mit politischen Initiativen zu | |
| rechnen. | |
| Gesprächspartner von Bush und Scharon bei künftigen Verhandlungen wäre in | |
| erster Linie Mahmud Abbas, der kommissarisch die Führung der | |
| Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO übernommen hat. Die PLO ist | |
| die einzige völkerrechtlich anerkannte Vertretung der palästinensischen | |
| Bevölkerung. Dennoch ist die Durchführung von Wahlen, laut Grundgesetz | |
| binnen 60 Tagen, wichtig, da sie die Legitimität der politischen Führung | |
| bei der Umsetzung von getroffenen Vereinbarungen stärken würde. | |
| Die letzten palästinensischen Wahlen fanden 1996 statt. Seither wurden sie | |
| stets mit dem Verweis auf die Sicherheitslage verschoben. Dieses Argument, | |
| wiewohl auch politisch genutzt, ist nicht von der Hand zu weisen. So können | |
| beispielsweise Abgeordnete aus dem Gaza-Streifen derzeit nicht an den | |
| Parlamentssitzungen in Ramallah im Westjordanland teilnehmen. Viele | |
| Kandidaten stehen auf israelischen Fahndungslisten. Angesichts von | |
| Kontrollposten, Absperrungen und der damit verbundenen erheblichen | |
| Einschränkung der Bewegungsfreiheit erscheint ein Wahlkampf kaum | |
| realistisch. | |
| Vermutlich wird sich relativ bald zeigen, welchen Kurs die israelische | |
| Regierung nun einschlagen wird. Eine Lockerung der Absperrungen, die | |
| Freilassung von Gefangenen und Bewegungsfreiheit auf dem Arbeitsmarkt wären | |
| Anzeichen dafür, dass die israelische Führung gewillt ist, der neuen | |
| palästinensischen Führung eine Chance zu geben. BEATE SEEL | |
| 12 Nov 2004 | |
| ## AUTOREN | |
| BEATE SEEL | |
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