| # taz.de -- Staudamm in Amazonien: Countdown für Belo Monte | |
| > Deutsche Konzerne wie die Daimler AG und Siemens wollen an dem | |
| > umstrittenen Projekt in Amazonien verdienen. Doch die Gegner geben sich | |
| > nicht geschlagen. | |
| Bild: Protest gegen das Staudammprojekt Belo Monte mit Rufen der Indigenen. | |
| PORTO ALEGRE taz | Flüge und Hotels sind ausgebucht, neue Wohnkomplexe | |
| entstehen, die Mieten explodieren: Auf den ersten Blick scheinen die | |
| Befürworter des umstrittenen Wasserkraftwerkprojekts Belo Monte recht zu | |
| behalten. Schon vor Baubeginn wird die 100.000-Einwohner-Stadt Altamira am | |
| Amazonas-Nebenfluss Xingu zur Boomtown. Große Konzerne sichern sich | |
| lukrative Aufträge. Doch die Gegner geben sich nicht geschlagen. | |
| Der deutsche Konzern Daimler AG will zu den Gewinnern gehören. Seine | |
| Tochterfirma Mercedes Benz do Brasil wird 540 Lastwagen an das Konsortium | |
| Norte Energia liefern. Auftragsvolumen: mindestens 86 Millionen Euro. Über | |
| 100 Millionen Tonnen Erde und Gestein müssen transportiert werden. Für den | |
| Bau des drittgrößten Wasserkraftwerks der Welt wird so viel Erdreich bewegt | |
| wie beim Bau des Panamakanals. | |
| Auch Siemens ist dabei. Bereits im März sicherte sich die Tochterfirma | |
| Voith Hydro einen Großauftrag im Wert von 443 Millionen Euro. Sie liefert | |
| Turbinen, Generatoren und Transformatoren an Norte Energia und hat mit | |
| Andritz aus Österreich und dem französischen Konzern Astom ein Konsortium | |
| gebildet. | |
| Am Auftraggeber, der von der Entwicklungsbank BNDES Kredite in | |
| Milliardenhöhe bekommt, sind staatliche Stromkonzerne, diverse Rentenfonds | |
| von Staatsbediensteten, der Bergbaumulti Vale und Baufirmen beteiligt. | |
| Auffällig ist das geringe Gewicht der Privaten - als Investitionsobjekt ist | |
| Belo Monte umstritten. | |
| Ein Großteil des produzierten Stroms dürfte Stahl- und Aluminiumwerken | |
| zugutekommen, womit die Rolle Amazoniens als Rohstofflieferant für Europa, | |
| Nordamerika und Asien fortgeschrieben wird. Zugleich beschleunigt der Bau | |
| die Abholzung des Regenwaldes. | |
| ## Verwüstung und soziale Verwerfungen | |
| Aus Satellitenbildern geht hervor, dass derzeit die Verwüstung im Umfeld im | |
| Amazonas-Bundesstaat Rondônia besonders schnell voranschreitet - dort | |
| werden die Großstaudämme Jiraú und Santo Antônio am Nebenfluss Madeira | |
| gebaut. Hinzu kommen soziale Verwerfungen: die existenzielle Bedrohung | |
| indigener Völker, Zwangsumsiedlungen, miserable Arbeitsbedingungen. | |
| Trotzdem erklärte Präsidentin Dilma Rousseff erneut, dass Belo Monte für | |
| die Entwicklung Brasiliens und der Xingu-Region unverzichtbar sei. Durch | |
| Sozialprojekte und den Ausbau "grundlegender Infrastruktur" wolle man den | |
| Lebensstandard der Bevölkerung verbessern. 1,4 Milliarden Euro sollen dafür | |
| investiert werden. Die Gesamtkosten sind zehnmal so hoch. | |
| In Altamira organisieren Aktivisten der Antistaudammbewegung MAB regelmäßig | |
| Proteste. Vor dem Rathaus haben 300 Menschen, die wegen der | |
| Mietsteigerungen obdachlos geworden sind, ein Lager aufgeschlagen. Da das | |
| Stadtgebiet zu einem Drittel geflutet wird, müssten bis zu 40.000 Einwohner | |
| umgesiedelt werden, rechnet Bischof Erwin Kräutler vor, der für sein | |
| Engagement gegen die Zerstörung des Amazonasgebiets den Alternativen | |
| Nobelpreis bekam. | |
| Der Kampf sei jedoch noch nicht verloren. Derzeit liefen noch zwölf | |
| Prozesse gegen Belo Monte. Am Samstag soll in 22 brasilianischen Städten | |
| protestiert werden und zwei Tage später vor brasilianischen Konsulaten und | |
| Botschaften in aller Welt. | |
| 14 Aug 2011 | |
| ## AUTOREN | |
| Gerhard Dilger | |
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