| # taz.de -- „Jerks“: Alles lächerlich. Und trotzdem Sexismus: Sperma. Spec… | |
| Die Couchreporter Heute: Carolina Schwarz | |
| Jerks“ gucken ist für mich schlimmer als jeder Horrorfilm. Die Hälfte der | |
| Zeit verstecke ich mich hinter meinem Kissen. Denn die Serie ist zum | |
| Fremdschämen. Den Rest der Zeit sitze ich mit Lachtränen vor dem | |
| Bildschirm. Das macht das Gucken zur Herausforderung. Zwischen | |
| superpeinlich und superlustig – so ist das mit dem deutschem Humor. | |
| Den Ausdruck „deutschen Humor“ finde ich eigentlich schwierig – was soll | |
| das eigentlich sein? Irgendwas zwischen Mario Barth (sexistische | |
| Kackscheiße), dem Münsteraner „Tatort“ (klamaukig) und „Toni Erdmann“ | |
| (genial). Und in diesem Dreieck bewegen sich auch die Witze von Christian | |
| Ulmen, Schauspieler und Regisseur. Wie alle seine Formate funktioniert auch | |
| die neue Serie „Jerks“ so gut, weil es bloß darum geht, sich selbst ins | |
| Lächerliche zu ziehen. | |
| Die Serie spielt im beschaulichen Potsdam, das eher wie ein pastellfarbener | |
| Ostseekurort wirkt. Mittendrin: Christian, gespielt von Christian Ulmen, | |
| und sein bester Freund Fahri, gespielt von Fahri Yardim. Sie geraten von | |
| einer unangenehmen Situation in die nächste: mal auf dem Marktplatz, im | |
| Schwimmunterricht der Kinder oder im Masturbationskurs ihrer Freundinnen | |
| Emily (Emily Cox) und Pheline (Pheline Roggan). | |
| Sie alle spielen Karikaturen ihrer selbst: Die Dialoge sind improvisiert | |
| und klingen wie aus dem echten Leben. Jede Folge der Serie, die auf einem | |
| erfolgreichen dänischen Vorbild basiert, wird von einem Thema dominiert: | |
| Angst vor Krankheiten, Eifersucht oder der richtige Umgang mit behinderten | |
| Menschen. Und es ist immer politisch unkorrekt – ohne Rücksicht und | |
| Beschönigung. Deswegen fällt das Lachen auch häufig zu schwer. Versöhnt | |
| wird man mit lustigen Szenen, wenn die beiden auf andere Prominente | |
| treffen. | |
| Als Christian seine Möbel bei seiner Exfrau Collin Fernandes (mit der er | |
| im wahren Leben verheiratet ist) unterstellen will, ist da auf einmal in | |
| anderer Mann an ihrer Seite. Ein Mann, der seinen Platz eingenommen hat und | |
| mit seinen Kindern spielt. Es ist Kay_One, ja, genau der mit dem Style und | |
| dem Geld. Ein anderes Mal wollen Emily und Christian ein Kind zeugen, das | |
| klappt leider nicht so richtig. Beim Testen seines Spermas trifft Christian | |
| auf Karsten Speck – der jetzt als Arzt in einer Samenbank arbeitet. Und | |
| dann ist da auch noch Sido. | |
| Fahri und Christian sind Machos – die bildhafte Verkörperung des | |
| Patriarchats. Sie sind gemein zueinander, belügen ihre Partnerinnen und | |
| versuchen mit allen Mitteln ihre Männlichkeit aufrechtzuerhalten. Das ist | |
| okay, weil sie dabei immer wieder scheitern und sich selbst infrage | |
| stellen. | |
| Und trotzdem hat die Serie ein Sexismusproblem. Denn egal wie schlecht die | |
| Männer wegkommen, die Frauen stehen noch schlechter da. Pheline und Emily | |
| sind die Spielverderberinnen der Serie: Ständig sind sie unzufrieden und | |
| meckern an ihren Partnern herum. Witzebleiben den Männern vorbehalten. | |
| Beide verkörpern das Klischee einer gelangweilten Ehefrau. Dabei sind ihre | |
| Reaktionen mehr als verständlich. Wer würde seinen Partner nicht komisch | |
| angucken, wenn der ins Katzenklo einer Bekannten scheißt? Und trotzdem | |
| liegt die Sympathie der Zuschauer*innen immer auf der Seite der Jerks. | |
| 12 Apr 2017 | |
| ## AUTOREN | |
| Carolina Schwarz | |
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