| # taz.de -- Somalias erster Kriegsherr ist tot | |
| > ■ Milizenchef Aidid, der einst UNO und USA verjagte, ist nach | |
| > Straßenkämpfen in Mogadischu gestorben | |
| Berlin (taz) – „Wir halten die Ausschaltung von Aidid für die beste Lösung | |
| im Interesse von Somalia und des somalischen Volkes.“ Der Mann, der gestern | |
| den Tod von General Farah Aidid mit diesen Worten kommentierte, war über | |
| Jahre hinweg der engste Verbündete des Milizenchefs: Osman Hassan Ali, | |
| besser bekannt unter dem Spitznamen Osman Ato. „Der Prozeß der nationalen | |
| Versöhnung in Somalia wird nun ungeheuren Auftrieb bekommen“, meinte er. | |
| „Diese Person war das größte Hindernis auf dem Weg zum Frieden.“ Der Bruch | |
| zwischen den beiden Männern illustriert, welche Zersplitterung der | |
| Bürgerkrieg in Somalia inzwischen bis hinein in die engsten Bindungen | |
| getragen hat. Osman Ato und Farah Aidid gehörten nicht nur demselben Clan | |
| an, sie gehörten sogar zur selben Großfamilie. | |
| Aidid, der in den letzten Jahren so viele Clans und Milizen bekämpft hatte, | |
| ist nun ausgerechnet an den Folgen von Verletzungen gestorben, die er sich | |
| bei Kämpfen gegen die Anhänger Osman Atos im Süden der somalischen | |
| Hauptstadt Mogadischu zugezogen hatte. Bei schweren Auseinandersetzungen um | |
| den Stadtteil Medina vor einer Woche erlitt er Bauchschüsse. Am Donnerstag | |
| nachmittag starb er schließlich in seinem Haus an einem Herzinfarkt, als er | |
| operiert werden sollte. Die genauen Umstände seiner Verwundung sind jedoch | |
| unklar. Einigen Quellen zufolge wurde Aidid angeschossen, als er seine | |
| Milizionäre bei den Straßenkämpfen anführte. Es gibt aber auch Gerüchte, | |
| wonach der Schuß aus nächster Nähe gekommen sein soll – also von den | |
| eigenen Leibwächtern. Ein Sprecher von Aidids Somalischer Nationalallianz | |
| (SNA) sprach von einer Verschwörung internationaler Geheimdienste. Nachdem | |
| seine Gegner Ende vergangener Woche die Verwundung in die Öffentlichkeit | |
| getragen hatten, strahlte Aidids Rundfunksender am Sonntag ein Interview | |
| mit ihm aus, in dem er sagte, die Macht seiner Gegner reiche nicht, um ihn | |
| umzubringen: „Ich werde sterben, wenn meine Stunde gekommen ist und wenn | |
| Allah es will.“ Dieses Interview war jedoch offenbar schon vorher | |
| aufgezeichnet. Gestern abend, nach dem Nachmittagsgebet im islamischen | |
| Somalia, erhielt Aidid ein feierliches religiöses Begräbnis. Er hatte | |
| zuletzt in seinem Herrschaftsgebiet islamischen Würdenträgern großen | |
| Einfluß zugestanden. „Wir entsenden einen Vertreter unserer Organisation | |
| zur Beerdigung“, hatte Osman Ato angekündigt und gemeint: „Es ist ebenso | |
| angemessen, mir zu gratulieren wie mir Beileid auszusprechen. Wir sind alle | |
| Menschen.“ | |
| Die Haltung erinnert an die Situation nach dem Tod des einstigen | |
| somalischen Präsidenten Siad Barré Anfang 1995: 1991 nach jahrelangem | |
| Bürgerkrieg gestürzt und außer Landes gejagt, starb der frühere Diktator | |
| machtlos und fast vergessen im nigerianischen Exil. Sein Ende schien den | |
| Haß auszulöschen, der vorher so vielen Somalis im Gesicht geschrieben | |
| stand, wenn sein Name fiel. Ungestört konnte seine Leiche in seine | |
| Heimatregion gebracht werden. Am offenen Grab standen viele seiner Gegner. | |
| Der Tod Aidids, der zum Höhepunkt seiner Macht während des Kampfes gegen | |
| die UN-Interventionstruppen weltweite Publizität genoß und nach dem | |
| UN-Abzug 1995 international nur noch wenig beachtet wurde, reißt nun | |
| zunächst offenbar eine große Lücke. Die SNA kündigte gestern die Bildung | |
| eines 30köpfigen Komitees an seiner Stelle an. Der selbsternannte | |
| „Präsident“ von Somalia, den außer Libyen kein Land der Welt anerkannt ha… | |
| hinterläßt auch sechs Vizepräsidenten und 93 Minister – darunter sogar | |
| einen für Tourismus. Bettina Gaus | |
| 3 Aug 1996 | |
| ## AUTOREN | |
| Bettina Gaus | |
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