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# taz.de -- Wehrmachtsausstellung II: Sicher wieder antößig
> ■ Jan Philipp Reemtsma stellte sein neues Ausstellungskonzept in Vegesack
> vor
„Die Ausstellung musste, was Thema und Perspektive anging, wieder gezeigt
werden“, ist sich Jan Philipp Reemtsma sicher: „Die Aufregung lag in der
Sache.“ Der Leiter des Hamburger Instituts für Sozialforschung hatte dessen
Wanderausstellung „Verbrechen der Wehrmacht“ im Jahr 1999 „ein Moratorium…
verordnet, weil „ihre Leiter den berechtigten Teil der Kritik nicht
rechtzeitig zur Kenntnis genommen haben.“ Reemtsma nimmt sich da nicht aus.
Die Zwangspause, so fügte er aber am Donnerstag abend im Bürgerhaus
Vegesack hinzu, habe man nicht nur zur Überprüfung aller Materialien
genutzt, sondern auch „als Chance gesehen, die Ausstellung neu zu
konzipieren und einen anderen Zugang zu schaffen.“
Der Sozialwissenschaftler will vor allem die Hintergründe erhellen, vor
denen Kriegsverbrechen wie die der Wehrmacht entstehen. „Was treibt die
Regime an, wo machen sie Halt, was haben sie außer Kraft gesetzt, um diese
Verbrechen zu begehen?“, lautet daher die Frage, die ihn am meisten
umtreibt. Von Cäsar bis Hitler meint er eine Gemeinsamkeit bei allen
Kriegsverbrechen gefunden zu haben: „Diejenigen, die eine Norm brechen,
reden über Zweck und Mittel.“
Ein Ablenkungsmanöver, ist Reemtsma überzeugt. Denn die Diskussion über
Zweck und Mittel verstelle den Blick auf die Voraussetzung des Krieges, die
Aufteilung in Gut und Böse: „Kriege sind die radikale Unterscheidung von
,wir' und ,sie'.“ Das Völkerrecht, das sich aus den Gedanken der Aufklärung
heraus entwickelt habe, gehe aber gerade von einem gemeinsamen „wir“ aus,
das über allen Unterscheidungen stehe. Der Nationalsozialismus und seine
Verbrechen hebe sich vor allem dadurch von anderen grausamen kriegerischen
Auseinandersetzungen ab, dass er dieses gemeinsame „wir“ zerstört habe.
Diesen Prozess will die neue Ausstellung des Hamburger Instituts nach
Aussage Reemtsmas deutlich machen. Sie stelle daher die Rechtslage von 1941
in den Mittelpunkt und konfrontiere den Betrachter gleich im ersten Raum
mit den Erlassen und Befehlen, mit denen die Regeln des Völkerrechts außer
Kraft gesetzt wurden. In verschiedenen thematischen Schwerpunkten sollen
dann die Auswirkungen dieser Anordnungen näher beleuchtet werden:
Völkermord, Deportation von Zivilisten, Repression/Geiselnahme,
Partisanenkrieg, Kriegsgefangene und Hungerpolitik.
Reemtsma geht davon aus, dass auch die neue Ausstellung auf Kritik stoßen
wird. „Man wird ihr vorwerfen, sie sei ,dasselbe nochmal' und ,das Dementi
der alten Thesen'“, prognostiziert er. Sein Ziel sei dabei, „zwischen
diesen Positionen kontroverse Diskussionen zu führen“. „Es hat auch bei den
einzelnen Soldaten ein Bewusstsein der Normen und des Normenbruchs
gegeben“, betont Reemtsma. Leider müsse man eine gewisse Erosion dieser
Normen im Verlauf eines Konfliktes konstatieren. „Man kann im Nachhinein
nicht mehr feststellen, ob die Werte nie da waren oder verloren gegangen
sind.“
Eine Botschaft will die Ausstellung den BesucherInnen jedoch deutlich mit
auf den Weg geben: „Auch ein solcher Krieg ist keine Maschine ohne
individuelle Entscheidungsspielräume“. Der letzte Raum der Ausstellung wird
das an verschiedenen Beispielen illustrieren. Reemtsma: „Da kommen sie
nicht dran vorbei.“ hoi
17 Nov 2001
## AUTOREN
hoi
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