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# taz.de -- Segeln: Die Elite hat Angst
> Traditionalisten sorgen sich um die Zukunft des Americas Cup. Die
> erfolgreichen Schweizer von Alinghi stehen für die Popularisierung der
> Millionärsregatta.
Bild: Die Schweizer von "Alinghi" setzen neue Standards.
Segeln ist eine Sportart, die sich kaum jemand leisten kann und die kaum
jemand im Detail versteht. Das gilt überall auf der Welt. Und deshalb ist
das Segeln eigentlich nirgendwo über die Bezeichnung Randsportart
hinausgekommen. Hört man den Seglern genau zu, sind sie mit dieser
Zuschreibung zufrieden. Sie wollen unter sich bleiben.
Ihr festes soziales Milieu verteidigen sie wacker gegen
Popularisierungstendenzen. Was für den normalen Segelsport gilt, potenziert
sich um ein Vielfaches im Hochseesegeln. Zum Beispiel beim Americas Cup.
Dieser Segelwettkampf ist nun vor Valencia entschieden worden. Zum Schluss
wurden die Regatten sogar spannend. Die Schweizer Yacht Alinghi fuhr in
knappen Wettfahrten einen 5:2-Sieg gegen das Team New Zealand ein.
Fast vergessen war damit die standhafte Flaute zu Beginn der
Ausscheidungsrennen im Mai, die die zwölf teuren Hightech-Yachten im Hafen
vor Valencia stilllegten. Nun also darf das Schweizer Syndikat die älteste
Sporttrophäe der Welt zum zweiten Mal hintereinander in seine Arme
schließen - eine gewaltige Silberkanne mit dem Namen "The Auld Mug". Um sie
stritten sich auf teuren Booten bisher ausnahmslos Aristokraten,
Industriemagnaten, mithin Leute aus den besseren Kreisen. Ihnen gemein war
nicht nur ihr Geld, sondern auch ein konservativer Schick. Passend dazu
wurden bisher die ersten Ausscheidungsrennen des Americas Cup von der
Modemarke Louis Vuitton mit rund vierzig Millionen Euro gesponsert. Der
komplexe Ausscheidungsmodus wurde dann der Einfachheit halber
Louis-Vuitton-Cup genannt.
Doch seit Valencia ist nun das tradierte Weltbild des Americas Cup aus den
Fugen geraten. Dem seit 1851 ausgetragenen Americas Cup wurde ein kräftiger
Modernisierungsschub zugemutet. Und das, findet vor allem der altehrwürdige
Sponsor Louis Vuitton, steht ihm nicht mehr. Der Americas Cup ist, im
besten bürgerlichen Sinne, rentabel geworden. Nicht wenige Sponsoren
fürchten, dass sich dadurch der elitäre Sport schleichend popularisiert.
"Wir werden nicht mehr dabei sein, wenn sich der Americas Cup zu einer rein
kommerziellen Sportveranstaltung entwickelt", sagt ein Vuitton-Sprecher.
Ernesto Bertarelli, der Schweizer Pharma-Milliardär, und Larry Ellison,
Chef des Software-Unternehmens Oracle, zum Beispiel haben das mit dem Geld
als Erste erkannt.
Vor vier Jahren schickte Bertarelli seine Yacht Alinghi vor der Küste
Neuseelands ins Rennen und gewann auf Anhieb den Cup. Das übrigens mit
einer Menge "Humankapital an Bord", wie der Unternehmer im besten
frühkapitalistischen Jargon noch heute gern betont. Einmal die Trophäe in
den Händen, baute der gewitzte Bertarelli mit seinem Partner Ellison den
gesamten Wettbewerb um. Damit brach ein neues Zeitalter in der Vermarktung
des Americas Cup an. Durch zahlreiche Pflichtregatten, die den
Herausforderer des Titelverteidigers Alinghi ermitteln, ist das einstmals
zeitlich auf einen Sommer begrenzte Sportereignis zu einem dauerhaften,
vierjährigen Event worden.
Die Vermarktung und Ausrichtung des Americas Cup als Sportspektakel wurde
in die Hand einer Organisation gelegt, die sich ACM (Americas Cup
Management) nennt. ACM verkauft auch Yachtplätze in schicken Marinas oder
TV-Senderechte. Dort werden dann die großen Firmenlogos auf den großen
Segeln ins rechte Bild gesetzt. Immerhin dreißig Millionen Euro soll bei
dem diesjährigen Americas Cup ACM als Gewinn verbuchen können. Künftig
bestimmen allein die Schweizer, wie sich die Spielregeln, Austragungsorte
und die Vermarktung des Cups gestalten werden. Dass dabei einige,
vornehmlich mit einem alten Weltbild behaftete Sponsoren von Bord gehen,
nehmen die Schweizer in Kauf.
5 Jul 2007
## AUTOREN
Torsten Haselbauer
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