| # taz.de -- Satelliten-Hersteller Manfred Fuchs: "Die Technologie im All ist ke… | |
| > Der Bremer Weltraumkonzern OHB Technology ist als Familienunternehmen | |
| > Europas führender Entwickler von Kleinsatelliten. Die werden zivil | |
| > genutzt - aber auch militärisch. Manfred Fuchs vertraut auf die lauteren | |
| > Absichten seiner Kunden. | |
| Bild: Flieg, flieg kleiner Satellit... | |
| taz: Herr Fuchs, Haben Sie manchmal Sorge, dass Ihre Satellitentechnologie | |
| missbraucht wird? | |
| Manfred Fuchs: Nein, unsere Technologie kann nur helfen. Die Daten werden | |
| zu Zwecken genutzt, die ich persönlich gut finde: Zur Wetterbeobachtung, | |
| zur Erdbeobachtung, zur Verkehrsüberwachung oder zum Umweltschutz. Die | |
| optischen Satelliten, die wir momentan bauen, arbeiten mit 200 Messkanälen. | |
| Damit kann man feststellen, wo der Wald krank ist oder wie sich Mineralien | |
| ablagern. | |
| Kann man die Satelliten auch zum Ausspähen eines potenziellen Angriffsziels | |
| nutzen? | |
| Nein, die optischen Satelliten sehen nur das Äußere: Panzer, Autos, | |
| Krankenwagen. Dort hineingucken oder einzelne Menschen beobachten kann man | |
| damit aber nicht. | |
| Auch nicht, zu welchem Zeitpunkt man die Panzer- oder die Autokolonne gut | |
| angreifen kann? | |
| Das schon. In diktatorischen Staaten wäre das sicher gefährlich. Aber die | |
| haben solche Satelliten nicht. So lange Demokratien unsere Technologien | |
| haben, mache ich mir keine Sorgen. Wenn unsere Satelliten in die Hände von | |
| so genannten Schurkenstaaten gerieten, wäre das anders. | |
| Das beruhigt nicht alle. | |
| Man kann gerne anderer Meinung sein - wir sind in der Demokratie nur so | |
| stark, weil man genau das darf. Aber man sollte immer abwägen, was einem | |
| mehr bringt. Stellen Sie sich vor, man würde alle Satelliten aus dem | |
| Verkehr ziehen und den technologischen Stand von heute 50 Jahre | |
| zurückschrauben: Die ganze Welt würde erstarren. | |
| Vorbehalte gegenüber der kasachischen Republik haben Sie offenbar nicht, da | |
| sind Sie Honorarkonsul. Auch aus unternehmerischem Kalkül? | |
| Das Amt wurde an mich herangetragen. Henning Scherf, ehemals Bürgermeister | |
| von Bremen, hatte mich dem Botschafter Kasachstans empfohlen und der kam | |
| dann zu mir. Das Spannende an solchen Ländern ist: Die wollen dort etwas im | |
| Raumfahrtbereich aufbauen. Man merkt auch, dass sie deutsche Firmen wegen | |
| ihrer Zuverlässigkeit und Pünktlichkeit mögen. | |
| Sehr eng sind auch die Beziehungen zu Italien, dem südlichen | |
| EU-Außenposten. Da ist Ihr Sohn Honorarkonsul. Vor seinem Konsulat wurde | |
| erst Ende März gegen OHB demonstriert … | |
| Das habe ich gar nicht mitbekommen, da war ich im Urlaub. Was wurde denn da | |
| gemacht? | |
| Die Demonstranten haben ein Denkmal für ertrunkene Flüchtlinge errichtet. | |
| Die Familie Fuchs ist sehr helfend eingestellt. Was der italienische | |
| Ministerpräsident Berlusconi macht, kann man von hier aus nicht steuern. | |
| Auch als Honorarkonsul nicht. | |
| Die Kritik zielte nicht nur auf Italien ab, sondern auch auf die | |
| militärische Nutzbarkeit Ihrer Entwicklungen. | |
| Das ist natürlich eine zweischneidige Sache - wie bei allem. Ein Auto kann | |
| auch eine Bombe sein. Die Technologie im All ist aber keine Bombe, kein | |
| Zerstörungsmittel. Da geht es nur ums Gucken und Beobachten. Auch mit dem | |
| Fotoapparat kann ich Bilder machen und sie einerseits für meine Kinder ins | |
| Fotoalbum kleben, sie jedoch auch andererseits dem Militär geben. Ich | |
| glaube, dass unsere Technologie besonders für Deutschland und Europa | |
| hilfreich ist. Beispielsweise, wenn man mithilfe von Satellitenbildern | |
| erkennen kann, wo in Afghanistan Minen oder Bomben liegen. | |
| Aber die Militärs wollen die Daten auch nutzen, um Flüchtlingsboote auf dem | |
| Meer ausfindig zu machen … | |
| Das tut niemand, glaube ich. | |
| Die europäische Grenzschutzagentur Frontex würde die Daten des | |
| Satellitennetzwerkes GMES liebend gerne einsetzen, um die EU-Außengrenzen - | |
| auch auf See - zu überwachen. Auch OHB ist an GMES beteiligt. Pro Asyl | |
| wirft den Grenzschützern von Frontex vor, Flüchtlingsboote zu verfolgen und | |
| abzudrängen … | |
| Das fände ich unmoralisch. Da bin ich dagegen. Ich verstehe auch nicht, | |
| dass Leute, die nach Europa wollen, abgewehrt werden - wir brauchen doch | |
| Leute. Wir sollten eher einladen, statt uns abzuschotten. Ich persönlich | |
| würde die Satelliten zum Retten einsetzen und die Boote alle einsammeln. | |
| Ganz so friedlich ist das alles aber nicht: Wenigstens der große Auftrag | |
| für die SAR-Lupen kam in direkter Folge des Kosovokriegs zustande … | |
| So ist es. Während des Kosovo-Krieges hatten nur die Amerikaner | |
| Radarsatelliten, die tags wie nachts und unabhängig vom Wetter Bilder | |
| machen konnten. Der damalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping war | |
| unzufrieden, dass er nicht gleichberechtigt behandelt wurde und diese | |
| Bilder erst spät und in schlechter Qualität von den Amerikanern bekam. | |
| Deshalb hat er die SAR-Lupen initiiert - um eigene Bilder zu haben. Wo | |
| genau mit den Lupen beobachtet wird, wissen wir bei OHB nicht, wir haben ja | |
| nur das Gerät zur Verfügung gestellt. | |
| OHB ist ein Familienunternehmen. | |
| Wir arbeiten in einer unschlagbaren Dreier-Kombination: Die juristische | |
| Seite decken unsere Kinder ab, meine Frau hat die kaufmännische Seite | |
| übernommen und ich die Entwicklung. | |
| Das reicht, um zu einem weltweit führenden Raumfahrtunternehmen zu werden? | |
| Wir haben einfach immer genau das gemacht, was die anderen nicht machen und | |
| so einen Vorsprung ausgebaut. Zum Beispiel bei den Kleinsatelliten: Mir ist | |
| schon früh aufgefallen, dass alles immer kleiner wurde, ähnlich wie bei den | |
| Handys. In der Raumfahrt hat das aber keiner kapiert. Bei der Ausschreibung | |
| der SAR-Lupe wurde das zum entscheidenden Faktor für uns: Wir hatten | |
| innovative Ideen, keine konservativen. | |
| Sie wollten schon immer hoch hinaus? | |
| Eigentlich war mein Traum, Pilot zu werden. Das habe ich auch gemacht und | |
| war mit 17 Jahren - ich bin ja in Südtirol aufgewachsen - der jüngste Pilot | |
| Italiens. Aber meine Mutter hatte Angst, dass ich abstürze und fand, ich | |
| solle lieber studieren gehen. 1956 konnte man in Deutschland erstmals | |
| Flugzeugbau studieren. Danach habe ich bei "Hamburger Flugzeugbau", heute | |
| "Airbus", als Flugzeug- und Erprobungsingenieur angefangen. Da hatte ich | |
| immer noch im Hinterkopf, Testpilot zu werden. Aber meine Frau war massiv | |
| dagegen - dafür kann ich ihr nur danken: Ich wollte den Starfighter testen. | |
| Die sind ja später oft abgestürzt. | |
| 7 Jun 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Teresa Havlicek | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |