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# taz.de -- Rotfüchse fressen gerne Süßes
> Trotz des Autoverkehrs vermehren sich die wilden Füchse prächtig. Rund
> 400 Rotfüchse sind in der Stadt unterwegs. Eine Ausstellung in Zehlendorf
> will das Image des Raubtiers aufwerten. Aber viele Städter haben immer
> noch Angst
von KATJA BIGALKE
Ein Fuchs im Park, eine Plastiktüte im Maul? Das ist kein Witz. Das ist
Berliner Wildlife. Füchse sind überall: im Museumsdorf Düppel, auf der
Heerstraße, auf dem Fußballplatz Columbiadamm, im Polizeiabschnitt Rudow.
Die Zahl der in Berlin lebenden Füchse wird weit über 400 geschätzt, sagt
Christiane Bernhardt vom Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND). Genaueres
könne man aber nicht sagen, „weil Füchse dämmerungsaktiv sind“ – sie a…
selten zu sehen sind. Bernhardt weiß aber, dass Berlin ein attraktives
Revier für Füchse ist. „Hier gibt es reichlich Nahrung.“ Abfälle, Mäuse,
Kaninchen, Ratten. In der Ausstellung, die der BUND im Rathaus Zehlendorf
zu „Meister Reineke in der Großstadt“ organisiert hat, gibt es sogar ein
Bild von einem Fuchs, der Pflaumen vom Baum nascht. Bernhardt lächelt:
„Füchse essen gern Süßes“, sagt sie „sie sind Nahrungsopportunisten.�…
das ist das Problem.
Aus dem wilden Fuchs droht ein Haustier zu werden. Die Geschichte des
Stammfuchses an der Avus-Tankstelle am Kronprinzessinnenweg ist
beispielhaft: Sein wildes Leben hatte der Tankstellenfuchs gegen
Katzenfutter von Autofahrern eingetauscht. Für die Fürsorge belohnte er die
Kunden mit regelmäßigen Nachtauftritten. So etwas will der BUND nicht: Der
heimische Rotfuchs soll nicht abhängig werden wie die gemeine Stadttaube.
Der schlaue Fuchs kann nämlich allein überleben. Kleingärten, Parks,
brachliegendes Bahngelände bieten ihm genügend Lebensraum. Zudem können
sich die Füchse in Berlin ohne „Jagddruck“ entfalten. Im innerstädtischen
Bereich darf nur in Ausnahmefällen geschossen werden, in den Waldgebieten
gilt eine Schonzeit.
Problematisch ist das Image: Füchse haben einen schlechten Ruf. Sie gelten
als „Hühnerdiebe“ oder als tollwütige Krankheitsübertrager. So haben imm…
noch viele Stadtbewohner Angst vor dem scheuen Tier.
Mit der Ausstellung will der BUND nun Reklame für den Fuchs machen. „Die
Tollwut sei seit den Schluckimpfungen für Füchse längst kein Problem mehr“,
sagt Bernhardt. Auch für das Hühnerproblem hat Bernhardt eine Lösung: „Die
Hühnerställe müssen einfach gut abgeriegelt werden.“
Aber trotz Infokampagne bleiben viele Fragen offen. Eine
Ausstellungsbesucherin will wissen, ob der Fuchs Bandwürmer übertrage. Sie
habe in ihrem Garten Wildschweine und Marder, aber die Füchse seien die
einzigen, die im Sandkasten herumspielen – also potenziell Krankheiten auf
ihre Kinder übertragen könnten. Bernhardt versucht zu beruhigen, sagt, dass
Berliner Füchse keine Bandwürmer hätten. Die Frau bleibt unsicher: „Die
Füchsin sieht so krank aus, sie hat kaum Fell und wirkt total
ausgehungert.“ Auch das sei normal. „Das Sommerfell der Füchse ist nie eine
Pracht, sie sehen immer hungrig aus.“
Bernhardt verspricht aber, sich die Situation vor Ort anzuschauen. Nicht
ganz so offen ist ein anderer Besucher. Er ist Jäger und will Füchse lieber
tot als lebendig. Die Wildhasen hätten sich in Brandenburg prächtig
entwickelt, seit die Fuchszahl reduziert wurde. Bernhardt ist anderer
Meinung. „Füchse sorgen für ein ökologisches Gleichgewicht, und reduzieren
lassen sie sich erst recht nicht. Schießt man auf den Fuchs, antwortet der
mit Vermehrungsstrategie.“ Die beiden gehen mit unterschiedlichen Meinungen
auseinander.
In Berlin werden Füchse anders reduziert. Die Lebenserwartung der
Stadtfüchse liegt bei 12 Monaten. Über die Hälfte erliegt dem
Straßenverkehr. Im Wald erreichen Füchse bis zu sieben Jahren. Wildlife in
der Stadt ist kein Zuckerschlecken. Auch nicht für opportunistische Füchse.
25 Jul 2001
## AUTOREN
KATJA BIGALKE
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