# taz.de -- Red Bulls Fußballclub RB Leipzig: Bullen nehmen Anlauf | |
> RasenBallsport Leipzig e.V., das ambitionierte Fußballprojekt von Red | |
> Bull, hat sein erstes Pflichtspiel gewonnen. Dennoch wird es der Klub in | |
> der Oberliga schwer haben. | |
Bild: "Ihr macht unseren Sport kaputt": neu verpflichtete Fußballprofis von RB… | |
Michael Kölmel ist zufrieden. "Die ham schon ganz gut gespielt für | |
Oberliga", sagt er. Der Besitzer des Leipziger Zentralstadions sitzt auf | |
der Tribüne eines ungleich kleineren Fußballplatzes, im Stadion Am Bad in | |
Markranstädt, einem Dorf unweit von Leipzig. Hier findet seit ein paar | |
Wochen ein gewagtes Experiment statt. Der Red-Bull-Konzern will nach | |
Übernahme der Lizenz von der SSV Markranstädt eine Mannschaft formen, die | |
spätestens 2017 in der Ersten Bundesliga spielen soll - in Kölmels Arena, | |
versteht sich. | |
Noch sind sie in Liga fünf. Das Team nennt sich RB Leipzig, was offiziell | |
für RasenBallsport steht, aber natürlich auch auf den Geldgeber aus | |
Salzburg verweist. Kölmel mag vom FC Schalke 04 oder dem Hamburger SV als | |
künftigem Gegner träumen, jetzt muss er sich mit Blau-Weiß Leipzig | |
begnügen. Es ist das erste Pflichtspiel für RB Leipzig überhaupt, | |
Sachsenpokal gegen den Sechstligisten. RB gewinnt 5:0. | |
"Ich finde das lustig", sagt Kölmel, "dass es sogar schon einen Fanklub | |
gibt." Tatsächlich haben sich in einer entlegenen Ecke des Stadions ein | |
paar Leute hinter dem Plakat "L.E. Bulls" verschanzt. Sie sind kaum zu | |
hören. Anders die Fans von Lok Leipzig, von Sachsen Leipzig und Chemie. | |
Etwa 60 Gegner des auf dem Reißbrett entworfenen Fußballprojekts schreien | |
sich ihren Widerwillen aus dem Leib. "Ihr macht unseren Sport kaputt, ihr | |
habt keine Fankultur!", skandieren sie. "Tod und Hass dem RB!" Sie | |
verunglimpfen den Red-Bull-Boss Dietrich Mateschitz und kündigen für die | |
Stadtderbys "Bambule" an. RB wird in der Oberliga gegen Lok und Sachsen | |
spielen müssen, es dürfte ein Spießrutenlauf werden. "Da wird es richtig | |
abgehen", sagt ein Fan am Rande des Spiels. | |
Bislang musste RB Leipzig hinnehmen, dass der Platz mit Unkraut-Ex | |
bearbeitet wurde, zudem mussten drei Vorbereitungsspiele abgesagt werden, | |
weil es Sicherheitsbedenken gab. Im Internet wird auf | |
[1][www.rb-leipzig.org] so etwas wie Guerilla-Marketing betrieben; "Dead | |
Bull" haben die Macher in ein gefaktes Logo geschrieben. Am Freitag, im | |
Stadion Am Bad, verhindern zwei Dutzend Polizisten und die berüchtigten | |
Sicherheitsleute der Firma "Black Rainbow" Übergriffe. | |
Über 2.000 Leute haben Tickets gelöst, um sich anzuschauen, wie planbar | |
Erfolg eigentlich ist. Viele reagieren belustigt auf die hasserfüllten | |
Fangesänge. Joachim Krug findet sie nicht so toll. Krug, 53, ist der neue | |
Sportdirektor von RB Leipzig. Er ist ein nüchterner Mann mit Erfahrung. Die | |
hat er vor allem in Ahlen gesammelt. Er hat dort in den Neunzigern das | |
"Investment in Beine", wie es heißt, mit Fachwissen begleitet. Ahlen hatte | |
damals mit dem Geld eines Kosmetikherstellers den Durchmarsch von unten | |
nach oben geschafft, stieg viermal hintereinander auf. | |
An diese Erfolgsgeschichte hat man sich nun erinnert. "Das hier ist fast | |
dasselbe", sagt Krug. Er spricht nicht über Geld, aber der Etat von RB | |
Leipzig liegt wohl deutlich über 3 Millionen Euro. Elf Spieler der SSV | |
Markranstädt durften bleiben, den Kern der neuen Mannschaft bilden freilich | |
erfahrene Profis: der Sachse Ingo Hertzsch etwa, 32, zweimaliger | |
Nationalspieler, oder Thomas Kläsener, früher beim FC Schalke 04. | |
Torwarttrainer ist der mehrmalige DDR-Nationalspieler Perry Bräutigam, | |
Pressesprecher der bei Hertha BSC Berlin ausgemusterte Hans-Georg Felder. | |
Bleiben durfte indes der Trainer des SSV, Tino Vogel. "Es hat doch keinen | |
Sinn, einen von außen hierhinzusetzen", sagt Krug. | |
Es soll nicht so wirken, als ob die neuen Herren in Markranstädt kein | |
Gespür hätten für die Situation vor Ort. Auch wenn das schwer ist: Sie | |
wollen nicht okkupieren, sondern kooperieren. Sie haben zwar das letzte | |
Wort, technokratisch kühl wirken wollen sie aber nicht. Die Spieler sind | |
meist in Ostdeutschland geboren und echte Kämpfernaturen. Krug und Vogel | |
wollten kein Team aus Schönspielern zusammenstellen, sondern eine Truppe, | |
die sich auch mal durch die Liga grätscht. "Wir wollen Spieler, die | |
arbeiten und beißen", sagt der Coach. Dass diese Kicker in der Fünften Liga | |
für ihr Engagement allerdings zum Teil wie Zweitligaspieler entlohnt | |
werden, sagt Vogel nicht. Es ist eh ein offenes Geheimnis. | |
Sie sind zum Aufstieg verdammt. Der Vertrag von Sportdirektor Krug läuft | |
nur ein Jahr. "Wir müssen aufsteigen, alles andere ist Blödsinn", sagt er. | |
"Wenn wir nicht aufsteigen sollten, gehe ich nach Hause." Dann hätte er | |
versagt, soll das heißen. | |
Noch ist viel zu tun. RB Leipzig ist ohne Logo. Der sächsische | |
Fußballverband hat den ersten Vorschlag abgelehnt, weil er zu sehr dem | |
Firmenlogo von Red Bull ähnelte. RB Leipzig hat auch noch keine | |
eingeschriebenen Mitglieder. Eine Jugendabteilung ist jetzt vorhanden; man | |
hat sie vom insolventen FC Sachsen übernommen. Das Training wollen sie | |
demnächst nach Leipzig an die Sportschule verlegen und im Falle des | |
Aufstiegs bereits ab der kommenden Saison im Zentralstadion, das dann wohl | |
Red-Bull-Arena heißen wird, spielen. | |
Wie stark sich die Mannschaft im ersten Oberliga-Spiel am Samstag bei Carl | |
Zeiss Jena II präsentiert, ist ungewiss. "Hier muss erst mal ein Team draus | |
werden", sagt Krug, "außerdem werden die Gegner immer 110 Prozent gegen uns | |
geben." Die Jenaer Fans werden bestimmt Stimmung gegen RB Leipzig machen. | |
Aber damit beschäftigt sich Joachim Krug nicht. "Man darf die Foren im | |
Internet einfach nicht lesen", sagt er, "sonst denkt man sofort, die Horden | |
kommen und überrollen uns." | |
3 Aug 2009 | |
## LINKS | |
[1] http://www.rb-leipzig.org | |
## AUTOREN | |
Markus Völker | |
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