# taz.de -- Rechtes Schulungszentrum in Niedersachsen: Der Heisenhof ist am Ende | |
> Die Kreisverwaltung Verden darf das rechte Schulungszentrum Heisenhof | |
> abreißen. Die Klage einer rechtsextremen Stiftung hat das | |
> Oberverwaltungsgericht abgewiesen. | |
Bild: Abriss genehmigt: Dieser Gebäudetrakt des Heisenhofs steht bald nicht me… | |
HAMBURG taz | Auf dem Heisenhof entsteht kein Neonazizentrum. Der Traum der | |
rechten Szene, in Dörverden ein "Schulungs- und | |
Fruchtbarkeitsforschungszentrum" zu eröffnen, ist aus. Das | |
Oberverwaltungsgericht Lüneburg wies am Donnerstag die Klage der | |
rechtsextremen Wilhelm-Tietjen-Stiftung für Fertilisation Ltd. gegen die | |
Abbruchverfügung der Kreisverwaltung Verden ab. | |
Damit dürfen die Gebäude wie geplant abgerissen werden. "Diese | |
Entscheidungen sind unanfechtbar", sagt Ulf Neumann, Pressesprecher des | |
Landkreises Verden. | |
Damit endet eine fast siebenjährige Auseinandersetzung zwischen | |
Protestinitiativen und Verwaltung auf der einen und der rechtsextremen | |
Stiftung auf der anderen Seite. Im Februar 2004 hatte der Neonazianwalt | |
Jürgen Rieger den Hof für die Wilhelm-Tietjen-Stifung für rund 255.000 Euro | |
ersteigert. | |
Ein Anruf von Rieger, der später NPD-Bundesvize wurde, genügte, um das | |
ehemalige Bundeswehrgelände mit Offizierskasino, drei Hauptgebäuden, | |
mehreren Bunkeranlagen und einem unterirdischen Schießstand zu kaufen. "Wir | |
haben im Internet geguckt, aber absolut nichts über den Käufer gefunden", | |
sagte damals Dörverdens Bürgermeister Rainer Herbst (CDU). | |
In der Szene wurde der Immobilienclou gefeiert. Das Gelände nutzten | |
NPD-Kader und -Sympathisanten, Schulungen fanden statt, Partys mit bis zu | |
100 Gästen wurde gefeiert. Nicht nur aus der Region kam die | |
Heisenhof-Klientel. Und Rieger selbst brachte auf dem Grundstück | |
Wehrmachtsfahrzeuge unter. | |
Der 2009 überraschend verstorbene Neonazianwalt wurde nicht müde zu | |
versichern, in den Gebäuden Fruchtbarkeitsforschung betreiben zu wollen. | |
"Nehmen wir mal an, wir würden dort Super-Arier im Reagenzglas erzeugen, | |
dann belastet das doch niemanden", sagte Rieger der taz. | |
Rieger tat so, als seien die Befürchtungen über seine Vorhaben nicht ernst | |
zu nehmen. Baupläne, die der taz später vorlagen, offenbarten, dass für die | |
"Forschung" Räume vorgesehen waren. | |
Wilhelm Tietjen, der Namens- und Geldgeber der Stiftung, soll sein Erbe | |
explizit der Befruchtungsförderung verschrieben haben. Nach seinen Tod 2002 | |
vermachte der Lehrer aus Bremen Rieger ein Millionenvermögen. Mit dem Geld | |
erwarb Rieger den Hof. | |
Den Heisenhof konnte Rieger trotz der zeitweiligen Nutzungen nie | |
vollständig in Betrieb nehmen. Nachdem Riegers Pläne bekannt geworden | |
waren, formierte sich zivilgesellschaftlicher Protest. An Sonntagen fanden | |
Spaziergänge zum Hof statt. Autonome und CDUler, die sich sonst in der | |
Region mehr als skeptisch betrachten, versuchten das Neonazizentrum | |
gemeinsam zu verhindern. | |
In Kreis- und Landkreisverwaltungen wurde derweil überlegt, wie der Ausbau | |
zu einem Zentrum verhindert werden könnte. "Wir werden Herrn Rieger das | |
Leben schwer machen", versprach Landrat Peter Bohlmann (SPD) vor Jahren. | |
Mit Bau-, Wohn- und Nutzungsauflagen musste sich Rieger verstärkt | |
auseinandersetzen. Eigene Bauanträge von ihm wurden abgelehnt. Rechtsstreit | |
folgte auf Rechtstreit. Vor Ort weigerten sich Handwerker und | |
Baustoffhändler, Rieger zu unterstützen. | |
2009 gelang es dem Landkreis, vor dem Verwaltungsgericht Stade die | |
Abrissverfügungen für den Heisenhof zu erwirken. Der Fachdienstleiter vom | |
Kreis, Volker Lück, hatte die Verfügungen damit begründet, dass es für die | |
ehemalig militärisch genutzten Immobilien keinen Bestandsschutz mehr gebe. | |
Der Widerspruch Riegers folgte prompt. | |
Nach seinem Tod im November 2009 trat Thomas Wulff als neuer | |
Geschäftsführer der Stiftung auf. Der politische Ziehsohn Riegers wollte | |
die Immobilien nutzen. Die Gebäude kann Wulff, der bei der NPD im | |
Bundesvorstand sitzt, nun nicht mehr retten. | |
22 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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