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# taz.de -- Ratten in der Stadt: Die Mär von den Nagern
> Berlin erzittert vor einer angeblichen Rattenplage. Dabei geben
> Kammerjäger und Gesundheitsbehörde Entwarnung: Berlin habe nicht mehr
> Ratten als andere deutsche Großstädte, die Zahl gemeldeter Tiere bleibe
> seit Jahren konstant.
Bild: Keine Panik, die will nur helfen: Als Minensucherin ausgebildete Ratte in…
Berlins Rattenplage ist gar keine. Wochenlang erhitzte Berlins erster
Rattenatlas die Gemüter. "Ekel-Alarm" wurde ausgerufen und lauthals nach
Kammerjägern verlangt. Olaf Hunschok, Schädlingsbekämpfer in Berlin, hat an
seiner Auftragslage nichts bemerkt. Die Rattenplage sei mal schlimmer, mal
weniger schlimm. Eine Verschlechterung der Lage hat Hunschok nicht
registriert. Von einem Rattenatlas, der aufzeigt, wo besonders viele Ratten
leben sollen, hält der Schädlingsbekämpfer schon gar nichts. "Berlin hat
Ratten wie jede andere Großstadt."
Zum selben Ergebnis kommt auch Detlef Kadler, beim Landesamt für Gesundheit
und Soziales (Lageso) zuständig für Schädlingsbekämpfung. Unfug nennt
Kadler Medienberichte, wonach Berlin an einer Rattenplage leide. Ursache
der neuartigen Empörung über die angebliche Rattenplage war die Antwort des
Berliner Senats auf eine Anfrage des Abgeordneten Kai Gersch (FDP). Gersch
wollte wissen, wie schlimm es denn sei mit der Rattenplage in Berlin.
Die Antwort, für die federführend die Lageso verantwortlich ist, fiel
äußerst detailliert aus. Unter anderem gab das Amt erstmals die Anzahl der
Bekämpfungen für einzelne Bezirke bekannt. Mitte steht nach dem
Zahlenmaterial mit 3063 Fällen im Zeitraum von 2004 bis 2007 einsam an der
Spitze. Wirklich aussagekräftig seien die Zahlen jedoch nicht, gibt Kadler
rund drei Wochen nach Veröffentlichung der Statistik zu. "Es hängt davon
ab, wie viele Ratten gemeldet werden." Und das ist gesetzlich nicht mehr
verpflichtend, seit vor zwei Jahren die Schädlingsverordnung einer
Entbürokratisierungsmaßnahme zum Opfer gefallen ist. Kadler versteht die
jüngste Empörung nicht: Schon im Lageso-Jahresbericht 2007 sei die
Statistik enthalten gewesen.
Tatsächlich haben sich die Zahlen nach Angaben des Experten nicht
verändert. "Jährlich werden im Durchschnitt rund 5000 Bekämpfungen
gemeldet." In Berlin gebe es also kein größeres Rattenproblem als in
anderen Städten. Die überdurchschnittlich hohe Anzahl der gemeldeten
Bekämpfungen im Bezirk Mitte erklärt sich die Lageso mit der
Abfallsituation: Wo viele Imbissstände betrieben werden, fallen auch viele
Essensreste an - hauptverantwortlich für das Vorkommen von Ratten.
Auch die Berliner Wasserbetriebe, die bei ihrer Arbeit täglich auf Ratten
treffen, können von keiner Plage berichten. "Natürlich gibt es Ratten",
sagt Sprecher Stephan Natz. Ein Problem will Natz dies jedoch nicht nennen:
"Wo es Menschen gibt, da gibt es eben auch Ratten", beschreibt der Sprecher
die Situation. Doch Beweise für die Häufung von Ratten können auch die
Wasserbetriebe nicht liefern. Regnet es in Berlin heftig, wird fast alles
im 9000 Kilometer langen Kanalnetz in die Klärwerke gespült. Dort könnten
im Falle einer Rattenplage viele tote Nager gezählt werden. "Ist aber nicht
der Fall", sagt Natz. Eine Erklärung für die Hysterie hat der Sprecher
dennoch: "Ich singe eigentlich jedem Journalisten diese Informationen vor."
Die Verlockung über eine Rattenplage zu schreiben, sei anscheinend doch zu
groß.
31 Aug 2008
## AUTOREN
Hannes Vollmuth
## TAGS
Ratten
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