# taz.de -- Rassisten sind doch Arschlöcher | |
> ■ Eine verfassungsgemäße Aussage, findet das Amtsgericht und spricht | |
> Taxifahrer vom Vorwurf politischer Werbung frei Von Ulrike Winkelmann | |
„Alle Rassisten sind Arschlöcher. Überall“: Keine politische, aber eine | |
verfassungsgemäße Aussage, meint das Amtsgericht Hamburg. In einer gestern | |
bekanntgewordenen Entscheidung befand das Gericht, daß Taxenunternehmer, | |
die bei dem Alternativ-Betrieb das taxi zusammengeschlossen sind, besagten | |
Spruch weiterhin auf den Türen ihrer Droschken spazierenfahren dürfen. | |
Acht von ihnen tragen seit einigen Monaten den „Rassisten“-Aufkleber, der | |
für das „Café Exil“ wirbt, eine ehrenamtlich geführte Beratungseinrichtu… | |
für Flüchtlinge. Nachdem ein Kollege dies bei der zuständigen | |
Verkehrsbehörde angezeigt hatte, verhängte diese im November zunächst ein | |
Warn- und dann ein Bußgeld über 275 Mark gegen einen der Taxifahrer (taz | |
berichtete). Der Grund: „Politische und religiöse Werbung“ an Taxen ist | |
„laut § 26 BOKraft“, der für den Taxenbetrieb zuständigen Rechtsnorm, | |
unzulässig. Damit soll verhindert werden, daß die Kundschaft sich ihre | |
Taxen nach persönlichen Überzeugungen aussucht. Die betroffenen Fahrer | |
ignorierten den Bußgeldbescheid vorläufig, schrieben einen Protestbrief an | |
Verkehrssenator Eugen Wagner und warteten, bis der Fall im Dezember vor | |
Gericht kam. | |
Politische Werbung, so befindet nun das Amtsgericht in seiner | |
Urteilsbegründung, „setzt voraus, daß sich der Inhalt der Äußerung von | |
anderen politischen Überzeugungen und Organisationen unterscheiden läßt. | |
Daran fehlt es.“ Schließlich seien alle politischen Gruppen, die der | |
Verfassung entsprächen, „inhaltlich der auf dem Werbeträger zum Ausdruck | |
gebrachten Ansicht.“ Und: „Die stilistische Geschmacklosigkeit ist nicht | |
bußgeldbewehrt.“ Die Folge: Das Verfahren wird eingestellt. | |
„Ein brillantes Urteil“, findet Mattias Neuling, der Anwalt der | |
„taxi“-Fahrer. Schon vor einigen Jahren sei ein „taxi“-Kutscher von der | |
Anklage freigesprochen worden, „politisch“ geworden zu sein. Bei einer | |
Demonstration gegen den Weltwirtschaftsgipfel 1991 in Hamburg hatte er | |
innerhalb eines „das taxi“-Konvois eine Stoffpuppe aus dem Kofferraum | |
hängen lassen und sie mit dem Schild garniert "Kapitalisten, die letzte | |
Tour seid ihr“. | |
„Glücklich“ ist in diesem Fall auch Martin Beckmann, der nun weiterhin für | |
das Café Exil werben darf. Er wertet das Urteil „als Erfolg dessen, daß wir | |
an die Öffentlichkeit gegangen sind“. Peter Cornelisen, Leiter der | |
Taxenabteilung in der Verkehrsbehörde, ist von der Gerichtsentscheidung | |
überrascht: „Ich hätte den Satz von Anfang an für eindeutig politisch | |
angesehen“. Er nicht, daß jetzt noch „jemand dagegen angehen wird“. Jo | |
Ferschen, Vorstand von „das taxi“, ist's zufrieden: „Wir haben das sowieso | |
nicht anders erwartet.“ | |
28 Feb 1996 | |
## AUTOREN | |
Ulrike Winkelmann | |
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