# taz.de -- Porträt Mark Leckey: Der Sammler des Popabfalls | |
> Mark Leckey, britischer Videokünstler, gewinnt den diesjährigen | |
> Turner-Preis - ganz ohne die Skandale, welche die kontroverse | |
> Auszeichnung für moderne Kunst sonst umwehen. | |
Bild: "Flaneur des Pop?" | |
in Filmprofessor greift sich den 25.000-Pfund-Scheck", wetterte der | |
Guardian provozierend, und es klang, als habe am Montagabend ein alternder | |
Akademiker einen Jugendpreis entgegengenommen. Der 44-jährige Mark Leckey | |
ist der diesjährige Gewinner des renommierten britischen Kunstpreises, der | |
seit 1984 an einen in Großbritannien lebenden Künstler im Alter unter 50 | |
Jahren verliehen wird. | |
Leise Kritik gab es, dass es wieder ein Mann ist, der ausgezeichnet wurde. | |
Interessanterweise ist Leckey, wie auch die vorangegangenen Preisträger | |
Wolfgang Tillmans und Simon Starling, Professor der Frankfurter | |
Städelschule. Leckey unterrichtet dort seit 2005 die Filmklasse. | |
Der britische Video-Künstler und Publikumsliebling überzeugte die Jury mit | |
der "intelligenten, dynamischen und verlockenden Natur" seiner Arbeit. | |
Nominiert wurde er, neben den drei Künstlerinnen Cathy Wilkes, Goshka | |
Macuga und Runa Islam, für seine Einzelausstellungen "Industrial Light & | |
Magic" im Le Consortium in Dijon und "Resident" im Kölnischen Kunstverein. | |
In der Tate Britain ist die zentrale Arbeit von Leckey ein | |
"Cinema-in-the-Round", in dem man in eine meditative Fernsehfalle tappt, | |
während vor einem ein Querschnitt der Unterhaltungsindustrie abläuft, von | |
Homer Simpson bis James Camerons sinkender "Titanic". | |
Als "Flaneur des Pop" wurde der Londoner cool verklärt, ein Bild, das nicht | |
wirklich passt, da das historische, gemächlich Beobachtende Leckeys | |
nervösem Sammeln in den zugemüllten Straßen der Medienwelt eher | |
widerspricht. In seinen Arbeiten betätigt er sich als Archäologe auf der | |
Suche nach Popabfall, nach Sound, Film, Objekten. Die Preisverleihung wurde | |
wie jedes Jahr live übertragen. Kunst als popkulturelles | |
Abendunterhaltungsprogramm mit Stareinlagen. Nach Madonna oder Yoko Ono | |
überreichte in diesem Jahr der Musiker Nick Cave den mit knapp 30.000 Euro | |
dotierten Preis. | |
Leckey, der an der Newcastle Polytechnic studierte, gewinnt in einem Jahr, | |
in dem Kritiker die Beiträge der Nominierten regelrecht in der Luft | |
zerrissen haben: Der schlimmste Turner-Preis aller Zeiten. Lustlos und | |
derart akademisch verschlafen, dass man ihn bereits am Ausgang wieder | |
vergessen habe. Dabei steckte die Schönheit der Tate-Britain-Ausstellung | |
gerade in der Ruhe, der cleveren Verschwiegenheit der Arbeiten. | |
Leckey konterte und wunderte sich in seiner Ansprache über das nie enden | |
wollende Medieninteresse an Krawallmillionären wie Damien Hirst und Banksy. | |
"Die Presse kommt zum Turner-Preis und will geschockt werden. Aber die | |
Welt, in der ich lebe, ist nun einmal nicht so." | |
2 Dec 2008 | |
## AUTOREN | |
Julia Grosse | |
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