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# taz.de -- Panter Workshop Nr. 24: Die TeilnehmerInnen
> Neid hat keinen guten Ruf. Zu Recht? Der Frage gehen diese 20
> NachwuchsjournalistInnen beim nächsten Workshop nach.
Bild: Gruppenfoto der TeilnehmerInnen des letzten taz Panter Workshops Nr. 23
Dieses Mal dabei sind:
Felix Tschon, 26, aus Köln. Ich mag Fußball und Filme. Ich schreibe
hauptsächlich über Fußball und Filme. Freier Redakteur, vor allem für
[1][bundesliga.de] und das [2][TITEL kulturmagazin]. Neuerdings Blogger
[3][le cineaste]. Studierter Journalist. War mal Chefredakteur dreier
Kultur- und Meinungsmagazine, wollte dann lieber selbst schreiben.
Ich bin ungern neidisch, aber durchaus ab und zu. Auf Erfolge, auf
Charaktermerkmale, die Erfolge ermöglichen. Lieber aber gönne ich, nicht
jeder und jedem, aber denen, die es verdienen. Ist Neid konstruktiv oder
destruktiv? Ich weiß es nicht, möchte es jedoch erfahren.
Nastassja von der Weiden, 27, in Worms geboren. Ich studiere
Medienforschung (M.A.) und schreibe über Sex, Chancengleichheit,
Stigmatisierung und das Nachtleben. Auf meiner journalistisch-literarischen
Reise interviewte ich u.a. die feministischen Pornodarsteller*innen
spir@lena und Candy Flip von MEOW MEOW, den Dokumentarfilmer Jan Soldat und
Bestseller-Autor Michael Nast.
“Neid”, da zitiere ich (fast) immer: “Neid ist die reinste Form der
Anerkennung” - dieser Satz macht so manches gleich viel erträglicher (und
vice versa). Das Zitat wird in verschiedenen Versionen entweder Wilhelm
Busch zugeordnet oder als deutsches Sprichwort deklariert.
Deniz Demirtas, 27, in Ankara geboren. Ich bin vor fünf Jahren nach
Deutschland gekommen und bin seitdem Osnabrücker. Ich studiere Germanistik
und Geschichte und bin gerade dabei meine Bachelorarbeit zu schreiben.
Kann Neid der Grund für die Teilnahme der Individuen an einem Verbrechen
sein? Diese Frage stelle ich mir auf der menschlichen Ebene, seitdem ich
meine Bachelorarbeit zum Thema Armenischer Genozid schreibe. Kann Neid eine
Erklärung für die Bereitschaft zur Hinrichtung der Türnachbarn sein?
Definitiv nicht nur, aber auch Unmengen an Narrativen gefärbt durch eine
Art von „alternativen Fakten“, die die Gräueltaten zu legitimieren
versuchen, aber auch den Neid offenbaren. Übrigens eine heiße Diskussion zu
diesem Thema aus Osnabrück. Fazit: ein spannendes Thema auch in Bezug auf
die Semantik des Wortes in unterschiedlichen Sprachen.
Esra Ayari, 27, Köln. Habe Sprach- und Kommunikationswissenschaften und
Literatur, Kultur, Medien (puh!) studiert und studiere derzeit Linguistik
in Köln. Bin die leitende Redakteurin des Online Magazins „IslamiQ“. Hasse
Rassismus und zeige es. Liebe es zu schreiben und lebe es. Bin mal deutsch,
mal nicht. Aber immer kölsch.
Vor Neid wird sich in der türkischen Community extrem gefürchtet. Neid kann
die Ursache für die „bösen Blicke“ sein, die vom Nazar-Auge (die
blau-weißen Steine von deinem letzten Türkei-Urlaub) abgewendet werden
sollen. Ich glaube ja nicht daran, aber macht mal trotzdem kein Auge.
Danke.
Hendrik Pannemann, 28, ich habe in Bremen Politikwissenschaften studiert
und mich ausführlich mit dem Ansatz der Gewaltfreien Kommunikation
auseinandergesetzt. Auf diese Weise habe ich einen globalen und einen ganz
individuellen Blick auf unser Miteinander geworfen. Wechselnde Perspektiven
und mit meiner Umwelt in Kontakt kommen – das gefällt mir auch am
Radreisen.
Neid verbunden mit dem Wunsch nach einem Weniger für mein Gegenüber oder
verstanden als Resultat eigener Fehler, finde ich in erster Linie ganz
schön anstrengend. Lieber interpretiere ich Neid als einen Hinweis, mich
mit bislang unerfüllten Wünschen zu beschäftigen. Da liegt für mich die
konstruktive Energie des Neids.
Sophie Japp, 23. Als Krankenschwester von Berlin nach Greifswald. Seit
meiner Ausbildung, mit dem eigentlichen Ziel, Medizin zu studieren,
interessiere ich mich nicht nur für die gesundheitlichen Bedürfnissen der
Menschen, sondern habe es mir ebenso zur Aufgabe gemacht, über meine
Erfahrungen in unserem Gesundheitssystem zu schreiben.
Das Gefühl Neid kann uns warnen und zur Reflexion zwingen. Im besten Fall
schauen wir dann hinter die Kulissen dieses Gefühls und fragen uns, was
fehlt mir wirklich im Leben, bin ich glücklich auf meinem Weg?
Johanna Kiermaier, 23, komme aus München und studiere Soziologie und
Politikwissenschaft. Schwerpunkt im Studium sind für mich zunehmend
geschlechtersoziologische Inhalte. Nebenher arbeite ich journalistisch — in
einem lokalen Radiosender und letztes Jahr bei der Süddeutschen Zeitung.
Außerdem verbringe ich gerne viel Zeit mit Menschen, Musik und Film. Neid
kennt wohl jeder Mensch.
Neid ist politisch — sehr aktuell — und privat. Ich verbinde damit etwas
Negatives und mag es nicht, wenn ich neidisch oder sogar durch Neid
geleitet bin. Bei genauerer Betrachtung kann Neid aber auch zu
konstruktiven Handlungen führen.
Katharina Spreier, 20 jährige Kölnerin, die aber auch schon in den USA und
Griechenland gelebt hat. Momentan studiere ich Englisch und
Literaturwissenschaften in Köln und vergrabe mich in meiner Freizeit gerne
zwischen Büchern - was aber nicht heißt, dass ich nicht gerne weggehe. Am
liebsten auf Hip-Hop Konzerte, worüber ich für eine Lokalzeitung auch
öfters mal schreibe.
Wenn man Neid verspürt, sollte man versuchen, daraus Motivation zu
schöpfen. Weniger quengelndes „Ich will, was er/sie hat“ und mehr „Wie k…
ich es schaffen, zu haben, was er/sie hat?“. Neid kann also durchaus gesund
sein, wenn man weiß, wie man mit ihm umgehen sollte, um ihm seine boshafte
Natur zu nehmen.
Azada Hassany, 25, ich habe in Bielefeld und Essex Soziologie studiert mit
Zwischenstopp in Berlin für ein Praktikum. Mich interessieren Kultur und
gesellschaftliche Themen, die nie frei von ihrer politischen Wirkmacht
sind. Das Schreiben erlaubt mir, diese oft in Vergessenheit geratene
Dimension sichtbar zu machen.
Neid. Ein Tabu in jeder Beziehung. Unwillkommen, haftet er dann lange an.
Verschieben wir doch seine negative Bedeutung und zeichnen folgendes Bild:
Ein Impuls, durch den wir unseren Zustand verändern. Eine treibende Kraft,
die unser Tun in andere Richtungen lenkt und Sehnsüchte und Träume
auffängt.
Nhi Bui, 23, in einem niederrheinischen Ghetto aufgewachsen. Fürs Cognitive
Science-Studium extra ins Grüne gezogen. War Tutorin für Philosophie des
Geistes. Durchlöchere Leute immer noch mit Fragen. War interkulturelle
Mentorin an der Uni und helfe nun beim HIB, wenn Studierende beim Jobben in
der Klemme stecken.
Ist man neidisch, will man etwas, was den eigenen sozialen Status aufwerten
soll. Wo es immer mehr um den perfekten Auftritt geht (nicht nur auf Social
Media), hungern Imageversessene non-stop nach narzisstischem Futter. Ihr
(Selbst-)Wert wird weiter nach außen verlagert, vermessen und verwaltet...
Franziska Schindler, 25, im Sommer in Berlin angekommen, um den 2. Teil
meines Masters in Politikwissenschaft zu beginnen. Habe davor in Dresden,
Sankt Petersburg und Paris Menschenrechte und Internationale Beziehungen
studiert, war für die FES in Ostjerusalem und arbeite bei der Amadeu
Antonio Stiftung. Mache viel Musik, reise gern, schreibe gern.
Es fällt mir erstmal schwer, Neid etwas Positives abzugewinnen - ist der
nicht immer zerstörerisch? Warum definiere ich mich darüber, was mein
Gegenüber besitzt, was meinem Gegenüber gelingt? Oder doch: Neid aus
Gerechtigkeitssinn? Neid als politische Energie, als revolutionäre Kraft?
Lisa Zeller, 27, in der schwäbischen Kleinstadt Herrenberg aufgewachsen,
Studium der Internationalen Entwicklung in Wien. Derzeit schließe ich den
Master Translation ab und arbeite als Sprachdienstleisterin und Texterin.
Ich war lange in verschiedenen Jugendmedienvereinen und journalistisch
aktiv. Mehrere Jahre habe ich im schönen Kapstadt gelebt.
Neidisch sind wir oft, weil wir das Gesamtbild nicht kennen. Selektiv oder
aus Unwissenheit heraus sehen wir bei anderen nur das, was wir auch wollen.
Dabei sollten wir Neid hinterfragen und ihn individuell oder im Kollektiv
als Antrieb nutzen – Neid als Gerechtigkeitsmotor sozusagen!
Tobias Ritterskamp, 27, studiert Sozialwissenschaften in Berlin im Master.
Seine Mission: Gegen die Schlechtigkeiten der Welt, ja die Urteile der
sozialen Wirklichkeit anrennen, um seinem „statistischen Schicksal“
(Eribon) zu entkommen. Seine Waffe: die Sprache. Er will ein neugieriger
Unruhestifter sein, der (soziale) Ungerechtigkeiten anprangert.
Ich bin neidisch – und das ist auch gut so! Gelegentlich zumindest, denn
„[d]ie Neidfähigkeit ist eine notwendige soziale Warngeste.“ (Schoeck 1966:
16). Dennoch wohnt dem Neid ein zerstörerisches und schöpferisches Moment
inne. Auf dass sich letzteres stets durchsetzen möge, vor allem im
Workshop.
Laura Ficht, 20. Nach meinem Abitur in Essen und einiger Freiwilligenarbeit
in Portugal und Kopenhagen hat es mich nach Münster verschlagen um Politik
und Wirtschaft zu studieren. Um mich nicht mehr nur im Privaten über die
Missstände der Welt ärgern zu müssen, hoffe ich bei der taz einen ersten
Einblick in die Welt des Journalismus zu bekommen.
Niemand würde freiwillig das eigene Zuhause zurücklassen, eine
lebensgefährliche Reise antreten und in ein fremdes Land ziehen. Auch wenn
man in diesem Land eine Unterkunft und monatliche Unterstützung bekäme.
Trotzdem ist Neid so irrational, dass Menschen ihn auch Geflüchteten
gegenüber verspüren.
Till Uebelacker, 23, Student der Politik-u. Kommunikationswissenschaften.
Nach Auslandsaufenthalten in Indien und der Türkei lebe ich seit kurzem in
Berlin. Während des Studiums in Dresden habe ich Stationen bei der
Studierendenzeitung, dem sächsischen Landtag, dem Landesfunkhaus Sachsen
und der Böll-Stiftung durchlaufen.
„Ein Land in dem wir gut und gerne leben“ und „Zeit für mehr Gerechtigke…
– Diese beiden Kampagnen gingen 2017 kräftig schief. Welche Rolle sollte
die Neid-Debatte in der politischen Auseinandersetzung also künftig
einnehmen? Brauchen wir mehr oder weniger davon?
Sebastian Franz, 29, geboren in Westfalen, aufgewachsen in Bayern, studiert
in Tübingen und Los Angeles. Es folgten Praktika in PR und Pressearbeit.
Dort habe ich gelernt, dass ich lieber selbst entscheide, wie viel Prozent
einer Pressemitteilung kopiert wird. Neben dem Rhetorik-Masterstudium
schreibe ich deshalb für eine Lokalzeitung.
Neid ist heutzutage mehr als ein Gefühl. Er ist ein Social
Media-Totschlagargument - der kleine Bruder der „Nazikeule“. „Da ist wohl
jemand neidisch“, ist die Allzweckwaffe gegen kritische Kommentare. Ich bin
zwar nicht neidisch, aber ich werde ja wohl noch sagen dürfen, dass ich das
scheiße finde.
Nikolai Regehr, 22, aufgewachsen in Berlin und nach einem Freiwilligenjahr
in Nicaragua Student der Geschichte und Volkswirtschaftslehre. Interessiert
an allen großen gesellschaftlichen und politischen Konflikten unserer Zeit.
Und an deren Lösungen. Durch wissenschaftliches Arbeiten habe ich meine
Freude am Schreiben entdeckt.
Neid, in unserer Gesellschaft allgegenwärtig und doch ein Gefühl, über das
kaum gesprochen wird. Eine Emotion, mit der manch einer spielt - um
Anerkennung zu bekommen oder andere gegeneinander auszuspielen. Was am
besten dagegen hilft, ist ein gesundes Selbstbewusstsein.
Finn Schädlich, 21. Aufgewachsen bin ich in der schönen, aber nicht allzu
ereignisreichen Holsteinischen Schweiz an der Ostseeküste. Nach dem Abitur
ging es dann endlich raus aus der Provinz und nach Lateinamerika,
mittlerweile wohne ich in Berlin und versuche mich am dogmatischen
Jura-Studium. Mit 16 fing ich an für Zeitungen zu schreiben und kam vom
Journalismus nicht mehr los.
Ich würde ja gerne behaupten, in Gesellschaft guter Freunde und
mittelmäßigen Rotweines über den Neid als Urtriebkraft des Menschen
diskutiert zu haben. Das war zwar nicht der Fall, aber die
Gerechtigkeitsfrage wird ja auch gerne als „Neiddebatte“ abgetan. Soweit
weg waren wir also nicht.
Johannes Oswalt, 26, als Punk in der baden-württembergischen Provinz
aufgewachsen. Jetzt linker Spießer in Berlin Mitte. Habe
Politikwissenschaft und Volkswirtschaftslehre in Potsdam, Lille, Marburg
und Beirut studiert. Als Freiwilliger in Jerusalem habe ich für den
Südkurier geschrieben.
Neid ist natürlich, aber keinesfalls positiv. Weg von Hobbes’ Naturzustand!
Der Mensch ist dem Menschen kein Wolf.
14 Mar 2018
## LINKS
[1] http://www.bundesliga.com/de/bundesliga/
[2] http://titel-kulturmagazin.net/
[3] http://derfilmblogger.de/
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