# taz.de -- Panter Preis Nominierte: Verkehrswende abseits der Großstadt | |
> Der Schüler Richard Stoelzel engagiert sich in Rheda-Wiedenbrück in | |
> Nordrhein-Westfalen für ein besseres ÖPNV-Angebot und eine zweite | |
> Mobilstation. | |
Bild: 17 Jahre jung - und doch schon Experte in nachhaltiger Mobilität: Richar… | |
11.09.21 | Von STEFAN HUNGLINGER | |
Mit dem Fahrrad allein wird das nichts. Davon ist Richard Stoelzel | |
überzeugt. „Soll die Verkehrswende jenseits der Großstädte gelingen“, sa… | |
der 17-Jährige der taz, „muss der öffentliche Personennahverkehr ausgebaut | |
werden.“ Und dafür kämpft Stoelzel, ganz konkret, in seiner Heimatstadt | |
Rheda-Wiedenbrück. | |
In der Doppelstadt – gelegen im ländlichen Osten Nordrhein-Westfalens – | |
gibt es bereits seit 2017 einen Plan, wie das Fahrradfahren erleichtert | |
werden kann. Allein: An der Umsetzung hapert es noch. Und: Das Rad ist | |
nicht für jede Person und nicht für jede Strecke eine Option. | |
Senior*innen oder Jugendliche seien in der Region oft darauf angewiesen, | |
mit dem Auto gefahren zu werden, erzählt der Gymnasiast. Dazu kommt der | |
Berufsverkehr – zu den Stoßzeiten macht das Radfahren auf den Hauptstraßen | |
nicht nur keinen Spaß; es ist auch nicht ungefährlich. „Mehr Busse könnten | |
da helfen.“ | |
Dass Bereitschaft besteht, ein besseres ÖPNV-Angebot auch zu nutzen, dafür | |
hat Richard Stoelzel Belege. 2020 führte er eine groß angelegte Umfrage an | |
seiner Schule und in der Stadt durch. Für dieses Projekt, bei dem ihn seine | |
Lehrerin Ulla Schalück unterstützte, erhielt er im Rahmen des | |
Bundesumweltwettbewerbs sogar einen Förderpreis. | |
## Alternativen zum Verbrenner | |
Insbesondere die jungen Menschen wünschen sich mehr ÖPNV, zeigt Stoelzels | |
Studie. Die Mobilstation, die in Rheda noch in diesem Jahr entstehen soll, | |
ist da ein erster Schritt. Dieser Knotenpunkt soll Alternativen zum | |
Verbrenner attraktiv machen: eine Elektro-Ladestation wird es geben, den | |
Anschluss an die Regionalbahn und eben eine Bushaltestelle. | |
Solch ein Angebot braucht es aber auch im zweiten Teil der Stadt, fordert | |
Richard Stoelzel: „In Wiedenbrück soll es ein neues Wohnquartier geben. | |
Mein Wunsch wäre, das von vornherein ohne Autos zu planen, dafür mit mehr | |
Bussen.“ Stoelzel hat schon mit Bürgermeister Theo Mettenborg (CDU) | |
gesprochen und im Umweltausschuss des Stadtrats einen entsprechenden | |
Bürgerantrag gestellt. Der Erstkontakt mit den lokalen | |
Entscheidungsträger*innen war „eine gute Erfahrung“, sagt Stoelzel. | |
Und einen Erfolg hat er auch schon vorzuweisen: Der Schnellbus nach | |
Paderborn hält mittlerweile in Wiedenbrück. | |
Sollte er den taz Panter Preis gewinnen, erzählt der Teenager, könne er das | |
Preisgeld zur Ausgestaltung der zweiten Mobilstation nutzen. Denn da ist er | |
sich sicher: Öffentlicher Nahverkehr muss in Zukunft auch ästhetisch | |
ansprechender werden und mehr Spaß machen. Stoelzels Mitschüler*innen | |
sehen das ähnlich. „Die meisten stehen voll hinter mir“, sagt er. | |
Stoelzels Leidenschaft begann früh. „Im Kindergarten habe ich schon | |
angefangen, das Straßennetz von Rheda-Wiedenbrück zu malen. Meine | |
Erzieherin hat mitgemacht. In der ersten Klasse wurde daraus eine | |
Serienproduktion von Netzplänen.“ Mit wachsender Selbstständigkeit entstand | |
aber auch das Bewusstsein für das, was in den Plänen fehlt. | |
## Umdenken in der Bevölkerung | |
Etwa, wenn Stoelzel ins 50 Kilometer entfernte Bielefeld wollte. „Anfangs | |
war das eher egoistisch gedacht: ‚Wie komme ich schneller von A nach B.‘ | |
Dann kamen andere in den Blick, die dasselbe Problem hatten.“ Und | |
schließlich stellte sich ihm auch die ökologische Frage: „Meine | |
Physiklehrerin lud mich zu einer Klimaschutz-Exkursion ein. Das hat mich | |
angeregt, in diese Richtung selbst etwas zu machen.“ | |
Für den taz Panter Preis hat sich Richard gar nicht selber beworben, | |
stattdessen wurde der Jugendliche von Dieter Epkenhans vorgeschlagen, der | |
bei den Grünen in Rheda-Wiedenbrück mitarbeitet. „Hier engagiert sich ein | |
junger Mann für nachhaltige Mobilität und sorgt für Umdenkprozesse in der | |
Bevölkerung in einer lebenswerten Stadt“, meint Epkenhans. | |
Nicht mehr lange und Richard Stoelzel, der Chemie und Mathematik als | |
Leistungskurse hat, wird am Ratsgymnasium in Rheda-Wiedenbrück sein Abitur | |
machen. Doch was kommt danach? „Ich möchte nach Hamburg ziehen und | |
Politikwissenschaft studieren, vielleicht auch mit einem Schwerpunkt auf | |
Mobilität“, sagt der lockige junge Mann. An Hamburg reizt ihn der HSV, denn | |
sein Herz lässt nicht nur der Verkehr, sondern auch der Fußball höher | |
schlagen. Nach dem Studium kann er sich gut vorstellen, „in die Politik zu | |
gehen“. Und wer weiß, vielleicht macht in der Hansestadt einmal ein | |
Verkehrssenator namens Stoelzel von sich reden. | |
9 Sep 2021 | |
## AUTOREN | |
Stefan Hunglinger | |
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