# taz.de -- Orbáns Wahlerfolg in Ungarn: Stärkung für die Visegrád-Staaten | |
> Auf die EU kommen neue Probleme zu: etwa bei der Asyl- und | |
> Flüchtlingspolitik, die wegen des Widerstands aus Osteuropa kaum | |
> vorankommt. | |
Bild: „Bösartiger Wahlkampf“: Für Orbán gibt es viele Glückwünsche und… | |
BRÜSSEL taz | Ganz viele Glückwünsche und eine leise Mahnung: So lassen | |
sich die offiziellen Reaktionen aus Brüssel auf den [1][Wahlsieg von Viktor | |
Orbán in Ungarn] zusammenfassen. Dass die Wahl einen weiteren Rechtsruck in | |
der EU bedeutet – neben Orbáns Fidesz-Partei legte auch die rechtsextreme | |
Jobbik zu – wurde am Montag kaum thematisiert. | |
Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ging darauf mit keinem Wort ein. | |
Stattdessen gratulierte sein Sprecher dem Fidesz-Chef zum „klaren Sieg“. | |
Juncker werde am Dienstag mit ihm telefonieren, „um Fragen gemeinsamen | |
Interesses zu diskutieren“. Die EU-Kommission freue sich angesichts „vieler | |
gemeinsamer Herausforderungen“ auf die Zusammenarbeit mit der neuen | |
ungarischen Regierung. | |
Erst auf Nachfragen von Journalisten schob Junckers Sprecher eine Mahnung | |
nach. Die EU sei eine „Union der Demokratie und der Werte“, das müsse auch | |
Ungarn achten. Der Juncker-Sprecher antwortete damit auf eine Frage nach | |
Orbáns Kampagne gegen den US-Investor George Soros im Wahlkampf. Orbán | |
hatte auch die EU immer wieder attackiert. Darüber ging die Kommission | |
jedoch hinweg. | |
Auch im Europaparlament fielen die Reaktionen freundlich aus – jedenfalls | |
bei der Europäischen Volkspartei (EVP), die die größte Fraktion stellt und | |
Juncker stützt. Der deutsche Fraktionschef Manfred Weber (CSU) gratulierte | |
Orbán und seiner Fidesz-Partei per Twitter zum „klaren Sieg“. Er freue | |
sich, „an gemeinsamen Lösungen für unsere europäischen Herausforderungen“ | |
zu arbeiten. | |
Diese Stellungnahme, die ganz auf der offiziellen EU-Linie liegt, löste | |
wütende Reaktionen bei Grünen und Liberalen im Parlament aus. Weber und | |
seine Parteifreunde sollten sich schämen, dass sie „Parteiinteressen über | |
die Grundwerte“ stellen, kritisierten die Grünen Co-Präsidenten Philippe | |
Lamberts und Ska Keller. Die EVP müsse ihre Fraktionsgemeinschaft mit | |
Fidesz kündigen. Auch Liberalen-Chef Guy Verhofstadt griff Weber an: Mit | |
seinem Glückwunsch legitimiere er Orbáns „bösartigen Wahlkampf“ und dess… | |
Angriffe auf den Rechtsstaat. | |
## Visegrád-Staaten blockieren | |
Ähnlich fiel die Kritik von Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn aus. | |
Die Mitgliedsstaaten müssten sich „schnell und unmissverständlich auf der | |
Basis des europäischen Vertragswerks“ einbringen, „um diesen Wertetumor zu | |
neutralisieren“, sagte Asselborn der Zeitung Die Welt. | |
Doch die Chancen stehen schlecht. Denn was Asselborn als „Wertetumor“ | |
bezeichnet, hat sich längst ausgebreitet – vor allem in den | |
Visegrád-Staaten Polen, Tschechien und der Slowakei. Sie arbeiten in der | |
Asyl- und Flüchtlingspolitik eng mit Ungarn zusammen und blockieren alle | |
Initiativen aus Brüssel für solidarische Lösungen. | |
Orbáns Wahlerfolg könnte die Visegrád-Staaten nun noch enger | |
zusammenschmieden. Er bestätige die Emanzipation Osteuropas in EU, sagte | |
der polnische Vizeaußenminister Konrad Szymanski, der auch EU-Botschafter | |
seines Landes ist. Tschechiens geschäftsführender Regierungschef Andrej | |
Babis gratulierte sogar auf Ungarisch. Er freue sich auf die weitere | |
Zusammenarbeit in der Visegrád-Gruppe. | |
Auf die 28 EU-Staaten kommen damit neue Probleme zu. Denn sie arbeiten an | |
einer Reform der gemeinsamen Asyl- und Flüchtlingspolitik, doch geht es | |
wegen des Widerstands der Visegrád-Länder kaum voran. Dass Orbán seine Wahl | |
ausgerechnet mit einer Kampagne gegen die angebliche „Masseneinwanderung“ | |
gewonnen hat, macht die Sache nicht besser. | |
Vielleicht erklärt dies auch die sanften Reaktionen aus Brüssel. Mancher | |
hofft, Orbán mit einer Umarmungstaktik leichter auf Kurs bringen zu können. | |
9 Apr 2018 | |
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## AUTOREN | |
Eric Bonse | |
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