| # taz.de -- Österreichs größte Zeitung: Kampf um die Krone | |
| > Nach dem Tod des Verlegers Hans Dichand balgen sich dessen Familie und | |
| > der WAZ-Konzern um die Macht bei Österreichs größter Zeitung. Die Politik | |
| > mischt kräftig mit. | |
| Bild: Die Krone gebührte bisher ihm: Hans Dichand. | |
| WIEN taz | Hans Dichand, letzte Woche an Nierenversagen gestorben, ist noch | |
| nicht unter der Erde. Aber was seinen wichtigsten Nachlass, das | |
| Boulevardblatt Kronen Zeitung, betrifft, wollen die Erben nichts anbrennen | |
| lassen. Bodo Hombach, der Chef der deutschen WAZ-Gruppe, die die Hälfte der | |
| Anteile an Österreichs auflagenstärkster Zeitung hält, hatte angeboten, | |
| Dichands Anteile für 150 Millionen Euro zu übernehmen. Davon wollen die | |
| Dichands - Witwe Helga, die Söhne Michael und Christoph sowie Tochter | |
| Johanna - nichts wissen. "Wir denken nicht daran, etwas zu verkaufen", | |
| wurde in der Samstagausgabe klargestellt. Die Nachfolge bei der Zeitung sei | |
| familienintern längst geregelt. Und außerdem seien Hans Dichands Plan, die | |
| WAZ-Anteile zurückzukaufen, nicht gestorben. | |
| Die WAZ war im vergangenen Jahr bereits drauf und dran, den ewigen | |
| Kleinkrieg über Blattlinie und betriebswirtschaftliche Entscheidungen durch | |
| den Ausstieg bei Österreichs Zeitung Nummer eins zu beenden. Die Auflage | |
| der Krone sank und der von Hans Dichand monatlich beanspruchte | |
| "Vorabgewinn" von stolzen 700.000 Euro ließ wenig Rendite übrig. Die von | |
| Seiten des WAZ-Konzerns für einen Kauf seiner Anteile verlangten 200 | |
| Millionen Euro waren Dichand aber zu viel. Mehr als 130 bis 160 Millionen | |
| wollte er für das alleinige Verfügungsrecht über sein Lebenswerk nicht | |
| zahlen. | |
| Das Schicksal der Krone, die dank Kampagnenjournalismus und erheblichem | |
| Einfluss auf die Politik ein wichtiger Machtfaktor ist, beschäftigte auch | |
| schon die österreichische Bundesregierung. Dichand lag noch schwerkrank im | |
| Spital, als Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) bereits ausrückte, um zu | |
| verhindern, dass sich der Raiffeisen-Konzern allfällig freiwerdende Anteile | |
| greife. Der war von Dichand bereits als Financier für den möglichen | |
| Rückkauf der WAZ-Anteile mobilisiert worden. Raiffeisen ist über | |
| Beteiligungen an einflussreichen Publikationen wie der Tageszeitung Kurier | |
| und dem Wochenmagazin Profil auf dem Medienmarkt bereits stark präsent. | |
| Die Übernahme der Krone würde dem Konsortium, welches der konservativen ÖVP | |
| nahesteht, fast eine Monopolstellung verschaffen. Eine Horrorvision für die | |
| Sozialdemokraten und ihren Bundeskanzler, der ja zu Dichands Liebkindern | |
| zählte. Faymann klopfte also bei der Erste Bank an, ob sie gemeinsam mit | |
| der SPÖ-nahen Wiener Städtischen Versicherung ein Angebot machen würde, um | |
| Raiffeisen zuvorzukommen. | |
| Egal, wie der Erbfolgestreit jetzt ausgeht: Im Krone-Haus in der Wiener | |
| Muthgasse wird sich einiges ändern. Schon letzte Woche schlug die Redaktion | |
| deutlich mildere Töne als bisher in der Frage der bevorstehenden | |
| Abschiebung der kosovarischen Asylwerberfamilie Zogaj an. | |
| Es steht zu erwarten, dass auch die geradezu hysterische Anti-EU-Linie | |
| aufgeweicht wird. Die WAZ, die nach Dichands Tod über größere | |
| Eigentümerrechte verfügt, will einen geschäftsführenden Chefredakteur | |
| einsetzen, der dem in Essen ungeliebten Dichand-Sohn Christoph auf die | |
| Finger schauen soll. | |
| Ohne Zweifel ist für die Essener Verlagsgruppe die Krone mit Dichands | |
| Dahinscheiden wieder interessanter geworden. Doch während die meisten das | |
| Erbe lieber zu Geld machen wollen, scheint der vorher journalistisch | |
| unbeleckte Christoph Dichand in seinen neun Jahren als Redaktionschef auf | |
| den Geschmack gekommen zu sein. Branchenkollegen halten es für | |
| ausgeschlossen, dass er jemals die die große Machtfülle seines Vaters im | |
| Blatt haben wird. | |
| Christoph Dichand sagen mehrere österreichische Medien Interesse an der | |
| Herausgeberschaft der Krone nach. Als möglichen neuen Chefredakteur bringt | |
| die konservative Presse Hans Mahr ins Gespräch. Der 61-Jährige war einst | |
| Politikchef der Krone, später Chefredakteur bei RTL und sitzt derzeit im | |
| Vorstand von Premiere. Zum Trauern um Hans Dichand fuhr er schon mal nach | |
| Wien. | |
| 23 Jun 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Ralf Leonhard | |
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