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# taz.de -- Niemand ist stolz auf Hannover
> Dröge, öde, nur zum Umsteigen da: Die Historikerin Ines Katenhusen
> erklärt, wie das miese Image der Niedersachsen-Metropole seit
> Jahrhunderten gewachsen ist. Schon der König residierte lieber woanders
> als an der Leine
taz: Ob die aktuellen Übernachtungszahlen steigen oder fallen, das miese
Image Hannovers bleibt. Was ist da bloß passiert?
Ines Katenhusen: Dieses Vorurteil besteht seit langem. Schon seit Mitte des
19. Jahrhunderts gab es immer wieder Versuche, etwas gegen das
angeschlagene Ansehen Hannovers zu tun – offensichtlich ohne großen Erfolg.
Fast niemand sagt: Ich bin stolz, Hannoveraner zu sein. Solange es
Tourismus und Städtereisen gibt, gilt Hannover als grau, seine Bewohner als
langweilig. Offenbar war bislang niemand in der Lage, Hannover ein neues
Profil zu geben.
Woher kommt das dröge Image?Im 18. und 19. Jahrhundert gab es hier kaum
Hofleben mit Pomp und Prunk, weil der König von Hannover auch König von
England und meistens dort war. Dann kam die industrielle Revolution, von
1866 bis 1920 war Hannover preußische Provinzhauptstadt – klingt alles
nicht gerade spannend. Auch später gab es Klagen: Gottfried Benn sprach von
der „fahlsten Stadt Deutschlands“.
Im Krieg hat die Stadt zudem unter den Bombenangriffen gelitten.Andere
auch. Aber Münster zum Beispiel wurde nach 1945 liebevoll rekonstruiert,
während hier Städteplaner wie Rudolf Hillebrecht das Konzept der
autogerechten Stadt verfolgten. In den 50er Jahren gab es einen
Spiegel-Titel: „Das Wunder von Hannover“. Heute leidet die Stadt immer noch
an gesichtslosen Fly-Overs und den Hochhäusern der damaligen Zeit, die
Leute sagen: „Prima, ihr habt so breite Straßen.“ Wer fährt nach Hannover,
um sich die Altstadt anzuschauen? Ganz anders Heidelberg oder Mannheim: Das
sind Namen, die klingen, die Geschichte haben.
Aber die Stadt steckt doch voller Geschichte.Ja, aber im ehemaligen Schloss
ist heute der Landtag, das Rathaus sieht aus wie das Schloss – wie will man
das japanischen Touristen vermitteln?
Hat Hannover die Chance vertan, sich bei der Expo neu aufzustellen?Die
Weltausstellung fand auf dem Messegelände weit außerhalb der City statt.
Dort sind die Besucher auch vielfach geblieben. Die Anbindung zur Stadt hat
nicht immer funktioniert.
Aber es wurde doch viel investiert, so in den Bahnhof.Nicht zuletzt dadurch
hat Hannover ja auch den Ruf von der Umsteigestadt. Selbst dieses Vorurteil
ist historisch gewachsen: Die Stadt hat wegen ihrer Lage relativ früh
Gleisanschluss bekommen.
Warum gilt der Hannoveraner als so besonders bodenständig?Kurt Schwitters
kann man da als Paradebeispiel nehmen. Er hat seine eigene, lokal geprägte
Art von Dada gemacht, Hannover-Busfahrkarten in seiner Kunst verwandt und
sich immer stark von den Berlinern abgesetzt.
Immerhin hat sich die Sprache der Region als das Hochdeutsche durchgesetzt.
Das ist doch was, oder?Aber mit dem Hannöverschen lässt sich niemand
hinterm Ofen hervorlocken. Es kann höchstens als Hinweis darauf gelten,
dass hier alles langweilig ist. Außerdem: Auch mit dem Hochdeutschen
alleine ließe sich kein Profil bilden.
Jetzt will die Stadt für sich als Austragungsort der Fußball-WM werben.
Taugt das zur Image-Bildung?Vielen Leuten ist doch egal, wo die WM
stattfindet. Sie nehmen Hannover höchstens billigend in Kauf. Auf dem
Papier sieht das WM-Logo vielleicht gut aus, das Imageproblem löst es kaum.
Der Wirbel um den Kanzlerurlaub hat viel Aufmerksamkeit verursacht. Bringt
das was?Wenn es dazu führt, dass sich die Menschen auswärts endlich mit der
Stadt auseinander setzen und so vielleicht herausfinden, dass Hannover eine
Menge zu bieten hat, finde ich das völlig positiv.
Interview: Kai Schöneberg
13 Aug 2003
## AUTOREN
Kai Schöneberg
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