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# taz.de -- New York Giants gewinnen Superbowl: Großer kleiner Bruder
> Den zuvor favorisierten New England Patriots bleibt der schwache Trost,
> das beste Team gewesen zu sein, das je das Endspiel verloren hat.
Bild: Der oft geschmähte Eli Manning führt die NY Giants zum Triumph.
Peyton Manning steht in der Umkleidekabine der New York Giants, wohlgemerkt
Peyton, der Quarterback der Indianapolis Colts, und als solcher schon vor
drei Wochen ausgeschieden aus dem Rennen um den Superbowl. Doch es ist gut,
dass er da ist. Denn sein Bruder Eli hat gerade vor lauter Freude kein Wort
mehr rausbekommen, außerdem muss er jetzt erst mal zum Duschen. Aber
irgendein Manning muss jetzt interviewt werden. Und so übernimmt Peyton die
Aufgabe, den Abend mit gebührenden Worten ausklingen zu lassen: "Elis Pass
am Schluss zu Tyree, tja, ich denke, es ist einer der größten Spielzüge
aller Zeiten." Er habe jedoch nie an seinem Bruder gezweifelt, auch nicht
in jenen letzten 75 Sekunden: "Ich sah sein Gesicht auf dem Bildschirm, und
da wusste ich: Er ist ganz ruhig. Er wird das schaffen."
Wenig später war der kleine Bruder der Gewinner des Superbowl 2008. Im
Stadion der University of Phoenix führte er die New York Giants zu einem
17:14-Erfolg über die New England Patriots. Selten hat ein Superbowl
überraschender geendet. Mit 18 Siegen und ohne Niederlage waren die New
England Patriots nach Arizona gereist. Ein Umstand, der das Finale schon
vor dem Kickoff besonders machte: Entweder gibt es eine perfect season oder
eine Sensation.
Die New York Giants fühlten sich all die Wochen wohl in der
Außenseiterrolle. Zu Beginn der Saison hatten sie noch richtig schlecht
gespielt, doch je mehr Eli Manning kritisiert wurde, umso besser spielte
er, und das brachte ihm vor allem in der eigenen Mannschaft viel Respekt
ein. In den Playoffs gewannen die Giants dreimal auswärts, zunächst im
heißen Tampa, dann bei den hoch favorisierten Dallas Cowboys, und zuletzt
bei Minus 18 Grad gegen die Green Bay Packers. Sie hatten damit selbst für
eine beeindruckende Statistik von zehn siegreichen Auswärtsspielen in Folge
gesorgt.
"Trotzdem hat uns niemand auf der Rechnung gehabt", sagte Plaxico Burress
nach dem Spiel mit breitem Grinsen. Unter der Woche hatte er mit seinem
Tipp, 23:17 für die Giants, für viel Schmunzeln bei den Patriots gesorgt.
Es schien einfach unmöglich, die Patriots unter 20 Punkte zu halten. Dass
es tatsächlich gelang, war natürlich das Verdienst der New Yorker
Abwehrspieler. Sie brachten Patriots-Quarterback Tom Brady fünfmal zu
Boden. Vor allem dessen gefürchtete Screens, also kurze Pässe auf
umliegende freie Spieler, brachten nur selten Erfolg.
Entscheidend war, dass New York auch im Rückstand niemals in Panik verfiel.
Giants-Trainer Tom Coughlin führt das auf die Selbstlosigkeit seiner
Spieler zurück: "Sie haben im Geiste ihre Nachnamen vom Trikot genommen,
sie haben das Team als Konzept komplett angenommen." Tatsächlich trugen
selbst Spieler in ihrem ersten Profijahr zum Erfolg bei, zum Beispiel Kevin
Boss, der mit einem 45-Yard-Fang zu Beginn des letzten Viertels den ersten
Touchdown vorbereitete.
Erinnern werden sich die meisten später aber an die Akteure der letzten 75
Sekunden. Es stand 14:10 für die Patriots, und Eli Manning war eigentlich
schon begraben unter mehreren Gegenspielern. Einer riss noch an seinem
Trikot, doch plötzlich stand Manning wieder frei. "Ich weiß nicht, ich
glaube, einige Patriots haben innegehalten, weil sie dachten, der Spielzug
sei schon beendet", so die Analyse von Peyton Manning. Eli sagte dazu: "Ich
habe David Tyree in der Mitte des Feldes gesehen, und dann hing der Ball
lange in der Luft." Er sei dabei von den Stadionlichtern geblendet gewesen.
David Tyree allerdings nicht. Zunächst fing er den eigentlich überworfenen
Ball mit den Fingerspitzen. Ehe er ihn an sich ziehen konnte, bekam er
einen Schubser und fiel mit dem Ball hinter seinem Kopf zu Boden - und
hielt ihn trotzdem mit beiden Händen fest, ohne dass dieser den Boden
berührte. Es wird wohl Monate dauern, ehe sich die Amerikaner sattgesehen
haben an dieser Szene. Danach hatte Manning 59 Sekunden Zeit, um 32 Yards
zu überbrücken. Den entscheidenden Touchdown-Pass zum 17:14 fing Plaxico
Burress, der wegen einer Verletzung beinahe nicht gespielt hätte. 35
Sekunden hatte Tom Brady noch für vier verzweifelte letzte Würfe, die
allesamt auf dem Boden landeten.
Die New England Patriots sind somit das wohl beste Team aller Zeiten, das
den Superbowl verlor.
5 Feb 2008
## AUTOREN
Christoph Leischwitz
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