# taz.de -- Nachhaltigkeit in Unternehmen: Aldi ist fein raus | |
> Ein neues Gesetz soll Firmen verpflichten, soziale und ökologische | |
> Aspekte ihres Betriebs offenzulegen. Aber viel Pflicht beinhaltet der | |
> Entwurf nicht. | |
Bild: Proteste von Näherinnen in Kambodscha. Ihre Arbeitsbedingungen müssen T… | |
BERLIN taz | Die Sparda Bank München, der Outdoor-Ausrüster Vaude und der | |
Maschinenbauer Voith tun es. Sie sind drei von Hunderten Unternehmen in | |
Deutschland, die längst regelmäßig über die sozialen und ökologischen | |
Aspekte ihres Geschäfts informieren, freiwillig, aber nach international | |
etablierten Berichtsstandards. Damit sind sie in Deutschland ganz vorneweg | |
– und werden es wohl auch bleiben. | |
In dieser Woche hat die Bundesregierung zwar einen Gesetzentwurf vorgelegt, | |
mit dem sie die „nichtfinanzielle Berichterstattung der Unternehmen in | |
ihren Konzern- und Lageberichten“ stärken will. Aber der fällt selbst | |
hinter den Referentenentwurf von März zurück. „Eine verpasste Chance“, | |
heißt es deshalb in einer gemeinsamen Erklärung von | |
Menschenrechtsorganisationen, Gewerkschaften, Verbraucher- und | |
Umweltschützern und dem Netzwerk Gemeinwohlökonomie. | |
Mit dem Gesetz soll eine Europäische Richtlinie von 2014, die sogenannte | |
CSR-Guideline (Corporate Social Responsibility), in deutsches Recht | |
umgesetzt werden. Der jetzt vom Kabinett verabschiedete Entwurf sieht vor, | |
börsennotierte Unternehmen, Banken und Versicherungen mit mehr als 500 | |
Mitarbeitenden und einem Umsatz von mehr als 40 Millionen oder eine | |
Bilanzsumme von über 20 Millionen Euro zu mehr Transparenz zu verpflichten. | |
Sie sollen nicht nur über die finanzielle Geschäftsentwicklung informieren, | |
sondern „mindestens Angaben zu Umwelt-, Sozial- und Arbeitnehmerbelangen, | |
zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und | |
Bestechung“ sowie zur Diversität in der Zusammensetzung der | |
Unternehmensführung machen. | |
So soll etwa erklärt werden, wie sich das Unternehmen zu den | |
Sozialstandards der Internationalen Arbeitsorganisation verhält. | |
Entsprechende Informationen aus den Lieferketten brauchen aber nur | |
offengelegt zu werden, wenn sie „von Belang“ sind. Wohl aber müssen | |
Unternehmen ihr Geschäftsmodell erklären – oder begründen, warum sie kein | |
Konzept haben. | |
Weigern sie sich, diesen Pflichten nachzukommen, wird ein Bußgeld von bis | |
zu 10 Millionen Euro oder 5 Prozent des jährliches Gesamtumsatzes fällig. | |
Geprüft wird aber nur, ob sie einen Bericht vorlegen, nicht das, was | |
drinsteht. Welche Form sie wählen, steht den Unternehmen frei, auch dürfen | |
sie in „Ausnahmefällen“ „nachteilige Informationen“ weglassen. | |
## Verdächtige Stille | |
Die großen Wirtschaftsverbände hatten den Referentenentwurf noch heftig | |
kritisiert und vor allem vor dem „Bürokratieaufwand“ gewarnt. Jetzt titelte | |
nur noch die Wirtschaftswoche „Noch mehr Aufwand für Unternehmen“, während | |
sich etwa der Berichterstatter der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Heribert | |
Hirte, erfreut zeigte, dass das Gesetz „nicht über die Vorgaben aus Brüssel | |
hinausgeht“. Die Union habe „erfolgreich dafür gekämpft, dass Angaben üb… | |
die Lieferkette nur dann erfolgen müssen, falls diese wirklich relevant | |
sind“. | |
Das Verbändebündnis hält dagegen, dass nach den Kriterien des Entwurfs | |
lediglich „300 der mehr als 11.000 großen Unternehmen in Deutschland | |
berichtspflichtig“ würden. Auch das Bundesjustizministerium geht nur von | |
einer – allerdings höheren – dreistelligen Anzahl von Firmen aus. Die | |
Sparda Bank, Voith und Vaude gehören übrigens nicht dazu – sie sind | |
entweder zu klein oder nicht „kapitalmarktorientiert“. Das Gleiche gilt | |
auch für einige der ganz großen Player wie Aldi oder Würth „mit | |
Milliardenumsätzen und erheblichen Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft | |
entlang ihrer Wertschöpfungsketten“, wie es in der gemeinsamen Erklärung | |
der Verbände heißt. | |
Zudem kritisieren sie, dass bei Weitem „nicht alle relevanten Auswirkungen | |
auf Umwelt und Gesellschaft“ erfasst würden. Es sei aber zu wenig, wenn die | |
Verletzung von Menschenrechten nur genannt werden müsse, wenn sie | |
„unmittelbar geschäftsrelevant“ ist. Der Gesetzentwurf soll nun schnell | |
durch die Instanzen, denn die EU-Richtlinie muss bis zum 6. Dezember in | |
nationales Recht umgesetzt sein. | |
26 Sep 2016 | |
## AUTOREN | |
Beate Willms | |
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