# taz.de -- Meister der Herzen | |
> Zum Tod des großen australischen Songwriters Grant McLennan | |
Als sich die australischen Go-Betweens in den mittleren Achtzigerjahren in | |
Europa einen größeren Hörerkreis erspielten, wussten ihre Fans oft nicht, | |
in welches Bandmitglied sie am meisten vernarrt waren. In Lindy Morrison, | |
die so charmant Schlagzeug spielte, in den großen, smarten Robert Forster, | |
der so hinreißend von seiner Liebe zu einer Buchhändlerin zu singen | |
vermochte, die ihm Hemingway, Joyce und Chandler nahe gebracht hatte, oder | |
in die bildhübsche Violinistin Amanda Brown, die später zu der Band stieß? | |
Wer vermutlich die wenigsten Liebesbriefe bekam, das war Grant McLennan, | |
der 48-jährig am vergangenen Wochenende in seinem Haus in Brisbane im | |
Schlaf verstarb. Als Bassist übernahm McLennan den eher introvertierten | |
Part, was auch sein Äußeres nahe legte: McLennan war der Kumpeltyp, der mit | |
seinem sich damals schon lichtenden Haar eher wie ein gemütlicher Klempner | |
als ein Popstar wirkte. Mit Hingabe versuchte er oft, gerade in seinen | |
Gesangsparts, fehlendes Charisma auszugleichen. | |
Nur war er das unverzichtbarste Mitglied der Band, stammt doch ein Großteil | |
der Songs von ihm. Er bildete mit Forster ein Singer/Songwritergespann, das | |
gern mal mit Lennon/McCartney oder, eine Nummer kleiner, mit Morrissey/Marr | |
verglichen wurde. Und McLennan war es, Bass hin, Bass her, der den | |
Go-Betweens den letzten Popschliff verpasste, den Schmelz, den Schmerz, den | |
Saft, und der sich auch um Tempo bemühte, als sich Forster spätestens auf | |
„Tallulah“ zum kontemplativ komponierenden Akustikgitarissten entwickelte. | |
Nach der Auflösung der Go-Betweens 1990 zeigten sich die unterschiedlichen | |
Charaktere noch deutlicher: Forster ging auf seinen Soloplatten verstärkt | |
zum Folk; McLennan aber versuchte sich unentwegt an dem einen großen, alle | |
Herzen und die Welt bewegenden Song, und dafür war ihm keine Süße zu süß | |
und keine Flocke zu flockig, was sich aber auf die Qualität seines | |
Songwritings auswirkte. Wie so oft in der Popmusik waren da zwei zusammen | |
stärker als allein. Genau das fanden beide auch, als sie sich 1999 wieder | |
zusammentaten. Nicht immer die beste Idee das – die alte Magie kehrt nicht | |
automatisch mit einem Comeback wieder. Doch Forster/McLennan war es ernst: | |
Ihr drittes Album nach der Wiedervereinigung, „Oceans Apart“, ist das | |
beste, ein Album, das man ohne Zögern neben ihre Großwerke wie „Liberty | |
Belle And The Black Diamond Express“ oder „16 Lovers Lane“ stellen kann; | |
mit Songs, die an Zauber und Schönheit und Wirklichkeitsgier und | |
melancholischer Leichtigkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Wie McLennan | |
da im zweiten Teil von „Finding You“ zärtelt und haucht, das geht unter die | |
zäheste Haut! Mit McLennans zu frühem Tod sind die Go-Betweens endgültig | |
Popgeschichte – ihre Songs dürften noch lange vorhalten. GERRIT BARTELS | |
10 May 2006 | |
## AUTOREN | |
GERRIT BARTELS | |
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