# taz.de -- Medienthriller "State of Play": Langes, fettiges Haar | |
> Russell Crowe spielt in "State of Play" den Journalisten alter Schule. | |
> Der unbestechliche Idealist gegen digitale Pressezombies. | |
Bild: Die Chefredakteurin, die schöne junge Bloggerin und der altgediente Star… | |
Die Menschen sollten Druckerschwärze an ihren Händen haben, wenn sie das | |
lesen." Auf diesen Satz läuft es hinaus. Zwar baut "State of Play" seine | |
Handlung aus thrillerüblichen Elementen von Korruption und zähen | |
Ermittlungen zusammen, wo nach dem Prinzip der russischen Holzpuppen in | |
jeder Untat das Motiv zu einer weiteren, noch unmoralischeren Untat steckt. | |
Ab dem Ende erweist sich der elaborierte Plot nur als Beiwerk für das | |
eigentliche Anliegen: noch einmal das Hohelied der Zeitung zu singen. Sie | |
wissen schon, das Ding, das schwarz auf weiß gedruckt wird und rote Zahlen | |
schreibt. Jene unhandlichen, gefalteten Blätter - in denen ausschließlich | |
Nachrichten von gestern stehen. | |
Den Satz mit der Druckerschwärze an den Händen äußert bezeichnenderweise | |
die "Bloggerin" in diesem Film. Rachel McAdams spielt sie, das schöne | |
Gesicht des "neuen" Journalismus, dessen Neuigkeiten so viel neuer sind als | |
die gedruckten. | |
Die Zeitung, in deren Redaktionsräumen die zentralen Wendepunkte des | |
Thrillers in Schlagzeilen formuliert werden, nennt sich Washington Globe | |
als Anspielung auf jenes Blatt, das einst den Watergate-Skandal an die | |
Öffentlichkeit brachte. | |
Die Zeitungskrise ist im Kino angekommen: Der Globe wurde kürzlich | |
verkauft, und die von Helen Mirren verkörperte Chefredakteurin kämpft um | |
den richtigen Weg der Anpassung. Weshalb sie die schöne, junge Bloggerin | |
dem altgedienten Starreporter an die Seite stellt. Der operiert statt mit | |
Laptop und iPhone mit Stift und Blöckchen und wird verkörpert von Russell | |
Crowe. Wenn man ihn durch die Redaktionsräume schlurfen sieht, drängen sich | |
die berühmten Zeilen aus Tom Pettys "The Last DJ" auf: "You can't turn him | |
into a company man, you can't turn him into a whore." | |
Unter all den Helden, die zurzeit die Leinwand bevölkern, den hübschen | |
Jungs mit ihren trainierten Körpern, wirkt Russell Crowe wie von einem | |
anderen Stern: langes, fettiges Haar, Speck um die Hüften und über 40. Aber | |
natürlich liefert das unattraktive Äußere nur den Kontrast, vor dem sich | |
umso deutlicher sein wahres Wesen abzeichnen soll: Dieser Reporter ist ein | |
Idealist, dessen höchstes Schönheitsideal der gedruckte Zeitungsartikel | |
ist. | |
Der eigentliche Showdown dieses Films ereignet sich folglich erst, als die | |
Handlung vorbei ist: wenn Russell Crowe seinen Artikel tippt. Alle Blicke | |
sind auf ihn gerichtet: die der Bloggerin, der Chefredakteurin, des Chefs | |
vom Dienst … Dann endlich wird der "Send"-Button gedruckt, und der Abspann | |
zeigt in nostalgischer Ausführlichkeit den Druckprozess: das Einspannen der | |
Folie auf der Rotationspresse, das endlose bedruckte Papierband, das | |
Falten, Bündeln und Verpacken der Zeitung, die schließlich ausgefahren wird | |
… Yesterday's news … Es kommt einem vor wie Aufnahmen aus einem anderen | |
Jahrhundert. | |
"State of Play - Stand der Dinge". Regie: Kevin Macdonald. USA 2009, 127 | |
Min. | |
19 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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