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# taz.de -- Urdrüs wahre Kolumne: Luft & nix dahinter
Die bundesweite Medien-Burscharschie hält sich einen professoralen
Laufburschen namens Arnulf Baring, der immer wieder dann seinen Rotz
verschleudern darf, wenn irgendeine reaktionäre Hirnrissigkeit durch
akademisches Gebrabbel als intellektueller Höhenflug verkauft werden soll –
und das macht der greise Kerl so nett, dass man ihn fast zur Katharina
Rutschky ehrenhalber ernennen möchte. Eben dieser Baring aber lobt als
Rezensent in der FAZ über jeden grünen Klee den bremischen
Ex-Senatssprecher Stefan Luft für seine Publikationen zu dem, was solch
Gesindel als Ausländerproblematik ausmacht und doch nur die
Teakholzbrettchen vor ihren Denkerstirnen bezeichnet.
Stefan Luft leidet ansonsten an so weitgehender Nichtbeachtung, dass er
sich neuerdings gern im Anzeigenblatt Weser-Report als wissenschaftlicher
Experten vorführen lässt, wenn es dessen Chefdemagogen Gunnar Meister
wieder mal gefällt, gegen Migranten zu hetzen, die „in Bremen ihre Töchter
an fremde Männer verschachern“ oder der Kerl nach „härteren Strafen für
Zwangsehen“ jibbert. Dann darf der Wissenschaftler Luft die Situation ein
Unding nennen, Kopftücher zur gesellschaftlichen Zeitbombe umschwätzen und
davon träumen, dass wer lange genug bei Schulenbergs Hausblatt als
zitierfähiges Nullum diente, irgendwann auch mal Politikberater werden
darf, auf dem Weg von heißer Luft zum reinen Pfeiffer. Bitte immer an das
Ende denken!
Tabakläden mit Lotto-Annahmestelle besuche ich im Allgemeinen nur, weil
dort in der Regel das größte Angebot an Kaugummis und
Pfefferminzvariationen zur Bekämpfung von Mundgeruch zu finden ist. Heute
aber liegt dort kostenlos ein mit Hexe auf Besen geschmücktes
Toto-Lotto-Briefchen aus, das unter dem Motto „Nicht träumen – machen!“
einen „Gewinn für alle“ verheißt. Dieser entpuppt sich immerhin als
Plastikröhrchen, das sich nach kräftigem Knicken als Leuchtstab in
Gruselblau erweist, und verschiedene Halloween-Tattoos. Irgendwie kann man
sich mit dieser Kombination als Gespenst nach New York zum Times Square
beamen – „aber das glauben wohl nur Leute, die auch noch an Lotto
glauben!“, erklärt nunmehr ausgerechnet der Inhaber des Ladens. Der
universelle Zweifel hat bereits das Herz des Systems erreicht…
Weil ich den Namen des gegenwärtigen Bremer Innensenators unter
seinesgleichen vorläufig nicht durch weitere Erwähnungen aufwerten wollte,
müsste ich eigentlich über den Zynismus hinweggehen, dass er dem Bremer
Kurden Murat Kurnaz die Einreise verweigert, weil dieser aus dem
US-Foltercamp von Guantánamo keinen Antrag auf Aufenthaltsverlängerung
gestellt hat. Ich nenne ihn daher einfach Tommy Herzlos und mahne ihn sehr
ernsthaft, den Geduldsfaden aller Gerechtdenkenden nicht so
kindisch-boshaft zu überdehnen. Noch nie vom jüngsten Gerücht gehört?
Für mein neues Kabarettprogramm „Abzocken für Anfänger“ am kommenden
Freitag in der GaDeWe plane ich einen kleinen Sketch zur Verwanzung der
Bremer CDU-Zentrale und suche dafür noch Doppelgänger von Bernd E. Neumann
und Jens A. Eckhoff, eine frustrierte Geliebte und eine kulturbeflissene
Praktikantin sowie Besitzer von Kindertelefonen, Funkgeräten und dem
Bausatz „Der kleine Detektiv“. Bitte rechtzeitig am Einlass melden, unter
Kennwort. „Wahre Wahrheit, nichts als diese.“ Auf aufgeschlossene
Mitspieler freut sich Ulrich „Vorhang auf“ Reineking
P.S.: Seit Wochen suche ich nach einem passenden Satz zum Tod des alten
Kito-Klaus und ich finde ihn einfach nicht. Immerhin sind die
Verantwortlichen dafür im großen Buch des Lebens festgehalten und schämen
werden sie sich doch nicht können…
30 Oct 2004
## AUTOREN
Ulrich Reineking
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