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# taz.de -- Kurt Beck über seinen Rücktritt: Vertrauensbruch und Intrigen
> Falschinformationen und Vertrauensmissbrauch hätten ihn zum Rücktritt
> bewegt, sagt Ex-SPD-Parteichef Beck. Weiterhin spricht er von einer
> Intrige - ohne Namen zu nennen.
Bild: "Nicht der Typ für Glanz und Glamour": Ex-SPD-Chef Kurt Beck.
MAINZ taz Eine Verschwörung war es, betont Kurt Beck. Seine erste Rede in
der Mainzer Staatskanzlei nach seinem Rücktritt war mit Spannung erwartet
worden. Der Eindruck einer Intrige gegen ihn, so der rheinland-pfälzische
Ministerpräsident, entspreche "nicht einem Gefühl oder Vermutungen, sondern
Fakten." In Mainz bleibt er Chef, das sagt er noch einmal deutlich.
"Nicht verbiegen lassen wollen" habe er sich hingegen in Berlin. Und dass
er nie der Typ für "Glanz und Glamour" gewesen sei - und das auch nie habe
werden wollen. Und dass nach seiner Wahl zum Bundesparteichef vor mehr als
zwei Jahren niemand in der SPD habe erwarten können, in Berlin plötzlich
einen anderen als Kurt Beck vorzufinden, als den Kurt Beck, der schon in
Mainz politisch immer das "offene Spiel" gepflegt habe. Genau das aber, so
Beck in seiner gut halbstündigen persönlichen Erklärung, sei ihm am Ende
zum Verhängnis geworden.
Das offene Spiel, das offene Gespräch, sein kollegialer Führungsstil, seine
Maxime Vertrauen gegen Vertrauen - das alles sei in der Bundespartei nicht
mit entsprechenden Gegenleistungen honoriert, sondern "mit Vertrauensbruch
konterkariert" worden. Die Heckenschützen: "Nicht in der ersten politischen
Reihe", wie Beck wichtig ist anzumerken, aber wohl dahinter. Konkreter
möchte er nicht werden. Und als er mit dem Namen "Schröder" konfrontiert
wird, verliert er fast die Contenance und verwahrt sich gegen "erneute
Unterstellungen". Den ehemalige Bundeskanzler Gerhard Schröder habe er
nicht gemein. Schröder sei am Sonntag nur - wie viele andere Spitzenleute
in der Partei auch - telefonisch von den Vorgängen in Kenntnis gesetzt
worden.
Blass ist der Beck. So einfach weggesteckt hat er seine Demontage noch
nicht, auch wenn ihm seine Parteifreunde daheim in Mainz geschlossen und
demonstrativ den Rücken stärkten. "Tausend anrührende Solidaritätsadressen
auch von einfachen Menschen", so Beck, hätten ihm zudem wieder Kraft
gegeben, seine Aufgaben in Rheinland-Pfalz weiter wahrzunehmen und sich am
Sonnabend auf dem Landesparteitag erneut um die Position des
Landesvorsitzenden der SPD zu bewerben.
Von seinen Vorwürfen nimmt Beck also keinen zurück. Seiner Erklärung vom
Sonntag, wonach "gezielte Falschinformationen" über die an der Spitze der
Partei längst verabredete Kanzlerkandidatur von Frank Walter Steinmeier an
die Presse lanciert worden seien, habe außer dem Gesagten nichts
hinzuzufügen, sagt Beck. Dass die Medien berichtet hatten, dass er von der
Kandidatur Steinmeiers überrascht, quasi überrumpelt worden sei, habe dann
zu seiner Rücktrittsentscheidung geführt. Beck sah sich demontiert, sah
seine Autorität als Parteichef, dem das Ernennungsrecht für den
Kanzlerkandidaten zustehe, untergraben. Aus "Selbstrespekt, den sich jeder
Mensch schuldet", habe er dann den Parteivorsitz niedergelegt.
Jetzt kann Beck also wieder ganz Beck sein - und muss nicht mehr mit der
"absurden Situation" zurechtkommen, "auf einmal ein Linker zu sein". Nach
dem Parteitag in Hamburg sei ihm dieser Stempel aufgedrückt worden. Dabei
habe er doch die Agenda 2010 in ihren entscheidenden Teilen immer für
richtig gehalten und nur an einer Stelle - Beck nennt die Rente mit 67 -
eine Kurskorrektur durchgesetzt. Er habe damit die Akzeptanz der Agenda bei
der Bevölkerung erhöhen und betroffenen Menschen wie etwa Dachdeckern
tatsächlich helfen wollen. Es klang wie eine Entschuldigung.
Mit Franz Müntefering hat Beck schon am Montag telefoniert. Ganz
Parteisoldat. Sein Wunschkandidat für die Nachfolge ist er nicht - vornehm
ausgedrück. Man werde sich demnächst aussprechen. Klappe zu. Abgang Beck.
"Jedem Narr sei Kapp", sagen sie in Mainz. In Berlin jedenfalls trug Beck
ganz sicher den falschen Hut.
10 Sep 2008
## AUTOREN
Klaus Peter Klingelschmitt
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