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# taz.de -- Korruption in Tschechien: Gleich zwei Geliebte im Spiel
> Miroslav Pelta diktierte über Staatssekretärin Simona Kratochvílová dem
> Ministerium, wer Fördermittel erhalten soll.
Prag aktualne.cz | Der Chef des tschechischen Fußballs, Miroslav Pelta hat
laut Polizei Staatsbeamten diktiert, welche Antragsteller staatliche
Fördermittel erhalten. Als dem Fußballverband, dem Pelta vorsteht, „nur“
553 Millionen (20,5 Millionen Euro) zugesprochen wurden, also neun
Millionen (350.000) Euro weniger als beantragt, setzte er eine Nachzahlung
durch.
Wie der Server aktuálně.cz herausfand, schaffte es Pelta auch solche
Förderanträge ins Spiel zu bringen, die nicht einmal die grundlegendsten
Kriterien für eine Förderung erfüllten und daher augenblicklich hätten
ausgemustert werden sollen. Hinter ihnen stand aber ein enger Mitarbeiter
Peltas, der Generalsekretär des Fußballverbandes. Laut Polizei sorgte Pelta
dafür, dass der Fußballverein Junior Teplice aller Mängel zum Trotz, die
beantragten 10 Millionen Kronen (rund 400.000 Euro) vom Ministerium
erhielt.
Auf der Liste von 21 Empfängern von Fördermittel, die Pelta durchgedrückt
hat, obwohl sie nicht dem gesetzlichen Rahmen für staatliche Förderung
entsprachen, finden wir zum Beispiel auch den eingetragenen Verein
„Vereinigung des Fußballklubs AC Sparta Prag“, der sich um den Nachwuchs
des reichsten Fußballklubs des Landes kümmert. Wie die Polizei ermittelte
war es nicht eine parteilose Kommission die gesetzlichen Kriterien nach
über die Vergabe von Fördermitteln bestimmte. Sondern eben Pelta, der es
schaffte in diesem Sinne die Staatssekretärin am Ministerium für Bildung
und Sport, Simona Kratochvílová in beträchtlichem Masse zu lenken. Und
Kratochvílová beeinflusste wiederum ihre Untergebenen.
Wie die Polizei weiter fand, besorgte Pelta Kratochvílová, mit der er laut
Polizei ein Verhältnis unterhielt, die Möglichkeit, eine Wohnung in
direkter Nähe ihres Arbeitsplatzes in der Prager Innenstadt zu nutzen. Wie
schon Radiožurnal (Nachrichtensender des Tschechischen Rundfunks, Anm.d.
Red.) berichtete, hörte die Polizei diese Wohnung und die Telefongespräche
zwischen Pelta und Kratochvílová ab. Der Server aktuálně.cz fand indes
heraus, dass neben Staatssekretärin Kratochvílová eine weiter Frau
innerhalb der Fördermittelmaschinerie fungierte, die Pelta laut Polizei
überraschend nah stand. Wenn die Förderanträge, über die Pelta zusammen mit
Kratochvílová eine gesetzwidrige Vorauswahl traf, dann bei der
Auswahlkommission landeten, hatte Pelta dort eine weitere
Seelenverwandtschaft sitzen.
Mitglied der Auswahlkommission war Soňa Faberová, Direktorin der Abteilung
Sport und Freizeit auf dem Prager Magistrat. Und auch bei ihrem Namen
machte die Polizei in ihren Akten zum Fall eine ähnliche Bemerkung wie bei
Kratochvílová. Konkret geht es um ein Verhältnis mit Miroslav Pelta, der
mit ihr in Kontakt stand, während sie in der Auswahlkommission wirkte.
Erinnern wir uns daran, wie am Mittwoch, den 3. Mai die Polizei Razzien an
mehreren Orten gleichzeitig machte: im Sitz des Fußballverbandes, auf dem
Bildungsministerium, im Büro der Tschechischen Sportunion – und auf dem
Prager Magistrat. Dort durchsuchten die Polizisten nicht nur das Büro
Faberovás, sondern auch das des Vorsitzenden der sozialdemokratischen
Fraktion im Prager Stadtrat, Karel Březina. Als Berater der
sozialdemokratischen Bildungsministerin Kateřina Valachová (inzwischen
wegen dieser Causa zurückgetreten, Anm. d. Red.), soll er Faberová in die
Auswahlkommission durchgesetzt haben.
Faberová wie Březina wurden von der Polizei verhört, aber nicht
beschuldigt.
## Angst vor Mithörern
Inzwischen gelangen immer mehr und neue Fakten an die Oberfläche, wegen
denen Miroslav Pelta und Simona Kratochvílová in Untersuchungshaft genommen
wurden. Wie bekannt wurde Pelta wegen gesundheitlicher Probleme, die
offensichtlich mit seinen Nerven und hohem Bluthochdruck zusammenhängen,
aus dem Prager Haftanstalt Pankrác ins Gefängniskrankenhaus in Brünn
gebracht.
Auch gegen Zdeněk Bříza, ehemals Leiter der Abteilung Sport beim
Bildungsministerium, wird von der Polizei wegen des Fördermittelbetrugs
ermittelt, er wurde allerdings nicht festgenommen. Auch der Tschechische
Fußballverband ist wegen der problematischen Aktivitäten seines
Vorsitzenden Pelta, als juristische Person im Visier der Polizei.
Den Ermittlern zufolge waren sich die Hauptakteure dieses Spiels durchaus
bewusst, dass ihre Aktivitäten illegal sind. Wenn sie über sensible
Angelegenheiten sprachen, die mit den Fördergeldern zusammenhingen, so die
Polizei, senkten sie immer ihre Stimme. Kratochvílová war davon überzeugt,
dass Peltas Mobiltelefon abgehört wurde. Sie appellierte daher an ihn, es
nicht mit in Räume zu bringen, in denen sie die Fördermittel diskutierten,
oder bat ihn, es offline zu stellen. Im Rahmen ihrer Konspiration verlangte
sie auch von ihm, sich die App Threema zu installieren, die ihr zufolge
sicherer ist, als WhatsApp oder Viber.
Entscheidend ist, meinen die Ermittler, dass Pelta von seinen Aktivitäten
rund um die Fördermittel profitierte. Dank ihnen, so die Polizei, gewann er
Sponsoren für seinen Fußballverein FK Jablonec, sicherte sich seine erneute
Wahl zum Präsidenten des Fußballverbandes und stärkte seinen
gesellschaftlichen Einfluss im Allgemeinen. Dadurch, dass er eines für
einflussreiche Manager, Politiker, Beamte oder Justizangestellte deichseln
konnte.
Zum Beispiel sollte sich Pelta, so belegen die Abhörprotokolle der Polizei,
sich um Fördermittel gekümmert haben, auf die man in Hodonín (Städtchen in
Südmähren, Anm.d.Red.) scharf war. Und zwar deswegen, weil der dortige
Fußball von einem der reichsten Männer Tschechiens, Karel Komárek gefördert
wird. Dennoch taucht der Förderantrag nicht auf der Liste genehmigter
Fördermittel auf.
Insgesamt 1.206 Förderanträge für 2017 kamen beim Bildungsministerium an.
Erfolgreich waren 50 Projekte, von denen laut Polizei 21 von Pelta und
Kratochvílová beeinflusst wurden.
Über Peltas Unterstützung durfte sich zum Beispiel der „Vereinigung des
Fußballklubs AC Sparta Prag“ freuen. Er erhielt 17,5 Millionen Kronen –
rund 650 000 Euro für die Renovierung eines Fußballplatzes in Prag. „Der
Verein sorgt sich um den Nachwuchs. Der Förderantrag, den er eingereicht
hat, hat alle erforderlichen Kriterien erfüllt und wir sind überzeugt, dass
der Zweck über jeden Zweifel erhaben ist. Und die Fördermittel wurden
bewilligt“, sagt der Sprecher von Sparta Prag, Ondřej Kasík.
Eine weitere „Pelta-Förderung“ ging an Stadien, in denen die U 17
Frauenfußball EM stattfindet, insgesamt wurden hier 35 Millionen Kronen
(1,3 Millionen Euro) vergeben. In Peltas Heimatstadt Varnsdorf freut man
sich indes schon auf einen neuen Kunstrasen für knapp fünf Millionen Kronen
(knapp 200.000 Euro) und beim Fußballklub Zlín auf acht Millionen Kronen
für neue Flutlichter.
Als Aktiengesellschaften dürfen Profi-Fußballklubs aber gar keine
staatlichen Fördermittel erhalten. Deshalb hat jeder Club seinen Verein,
der sich um Nachwuchs kümmert. Und der darf Fördergelder bekommen.
## Řepka will von nichts wissen
Die Polizei erklärte, dass keines der staatlich geförderten 50 Projekte
nach gesetzlichen Kriterien bewertet wurde. Insgesamt standen für 2017
Fördermittel in Höhe von 454 Millionen Kronen (knapp 17 Millionen Euro) zur
Verfügung. Und das ist die Höhe, in der die Polizei den Schaden ansetzt,
der dem Staat entstanden sein soll.
Real ist allerdings, dass das Ministerium bislang noch nicht eine Krone
ausgezahlt hat. Nach Bekanntwerden der Korruptionsaffäre hat Ministerin
Kateřína Valáchová die Förderprogramme fürs Erste gestoppt, kurz bevor sie
bekanntgab, Ende Mai von ihrem Amt zurückzutreten.
Die besondere Aufmerksamkeit der Ermittler galt Fördergeldern in Höhe von
10 Millionen Kronen (rund 400.000 Euro), die dem Fußballverein SK Junior
Teplice für den Austausch ihres Kunstrasens bereitgestellt wurde. Wie die
Ermittlungen fanden, war der Förderantrag falsch geschrieben, weil die
Investitionsabsicht sich nicht mit den Förderzwecken der Mittel deckte.
Diesem Mangel zum Trotz soll Staatssekretärin Kratochvílová auf Peltas
Drängen hin ihrem Untergebenen Pavel Kaňka bewegt haben, den Antrag nicht
auszumustern, wie ihm das Gesetz eigentlich vorschrieb. Pelta soll an
diesem Förderantrag ein spezielles Interesse gehabt haben, weil hinter ihm
Rudolf Řepka stand, Generalsekretär des Tschechischen Fußballverbandes und
ein ehemaliger Fußball-Funktionär in Teplice.
Gegenüber aktuálně.cz erklärte Pelta, er habe bis Ende vergangenen Jahres
als Vorsitzender des Stiftungsfonds der regionalen Fußballakademie des
Bezirks Ústí gewirkt. Und diese Akademie nutze die Infrastruktur des SK
Junior Teplice. „In diesem Zusammenhang haben wir über einen Austausch des
Rasens, der den Mitgliedern der Akademie die besten Bedingungen schaffen
sollte, diskutiert“, sagte Řepka.
Aus Zeitgründen sei er aber als Chef des Stiftungsfonds zurückgetreten. Vom
Förderantrag des SK Junior Teplice will er nichts wissen. „Leider kann ich
den Förderantrag, den der SK Junior Teplice auf dem Ministerium eingereicht
hat, nicht beurteilen. Auch nicht, ob er die erforderten Kriterien erfüllt
oder nicht“, mein Řepka.
Der bereits erwähnte Ministerialbeamte Pavel Kaňka kann sich allerdings
daran erinnern, mit Řepka in Sachen Förderantrag telefoniert zu haben. Und
Pelta soll, so die polizeilichen Abhörprotokolle, sehr besorgt gewesen
sein, ob sein Kollegen Řepka nicht Probleme bekommen könnte, weil der
Antrag schlecht ausgefüllt war.
16 May 2017
## AUTOREN
Luděk Mádl
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