# taz.de -- Konservatives Australien: Bush-Freund Howard droht die Abwahl | |
> Neuwahlen in Australien: Meinungsumfragen lassen auf ein Ende der elf | |
> Jahre alten konservativen Regierung von Premierminister Howard schließen. | |
Bild: "Liebt mich oder hasst mich": Regierungschef John Howard | |
Der australische Premierminister John Howard hat am Sonntag Neuwahlen für | |
den 24. November ausgerufen. Wie er in Canberra erklärte, will er sich zum | |
fünften Mal seit 1996 als Regierungschef aufstellen lassen. "Ich glaube | |
leidenschaftlich daran, dass die besten Jahre dieses Landes mit den | |
bevorstehenden Jahren vor uns liegen könnten", so der 68-Jährige. Er | |
verwies auf die ausgezeichnete Lage der Wirtschaft. Jeder Australier wisse, | |
was er von ihm erwarten könne. "Liebt mich oder hasst mich, das | |
australische Volk weiß, wo ich bei allen wichtigen Themen seiner Zukunft | |
stehe", sagte er. | |
Eine gute Konjunktur und eine Arbeitslosenrate auf Rekordtief scheinen aber | |
vielen Australiern nicht mehr zu genügen. Laut Meinungsumfragen muss Howard | |
im November mit einer schweren Niederlage rechnen. Seit Monaten deutet das | |
Wahlbarometer auf einen Sieg der oppositionellen Laborpartei hin. Deren | |
Führer Kevin Rudd stellt Howard auf der Beliebtheitsskala bisher problemlos | |
in den Schatten. Während der erzkonservative Howard auf den | |
Fernsehbildschirmen zunehmend einen alten, verbrauchten Eindruck macht, | |
scheint der 50-jährige ehemalige Diplomat mit dem jungenhaften Haarschnitt | |
bisher die richtige Mischung von konservativer wirtschaftlicher und | |
progressiver sozialer Ideologie zu bieten. | |
In einem Bereich der Außenpolitik stehen sich die beiden diametral | |
gegenüber: Rudd würde im Fall seines Sieges die rund 1.500 im Irak | |
stationierten australischen Soldaten zurückrufen. John Howard dagegen | |
unterstützt George W. Bush seit der ersten Stunde des Einmarsches - und | |
davor. Den amerikanischen Präsidenten und den Premierminister verbindet | |
eine tiefe Freundschaft und eine konservative Ideologie. Angesicht der | |
eskalierenden Probleme der Irak-Invasion nennen Kommentatoren Howard "Bushs | |
letzten Freund". | |
Unter dem Premier hat sich das Verhältnis Australiens zu den USA deutlich | |
verstärkt. Die Beziehungen zu einigen Ländern in der asiatischen | |
Nachbarschaft dagegen sind weniger herzlich und manifestieren sich in | |
erster Linie in wirtschaftlichem Austausch. Rudd will zwar die | |
australisch-amerikanische Allianz weiter festigen, sieht aber auch eine | |
Zukunft in Asien. Er spricht fließend Chinesisch. | |
Sollten sich Australierinnen und Australier am 24. November für Rudd | |
entscheiden, dürfte die Außenpolitik allerdings kaum ausschlaggebend sein. | |
Hingegen werden sich die Wähler auf die Unterschiede konzentrieren, die | |
Rudd und Howard im Bereich der öffentlichen Dienste anbieten. Zwar steht | |
der Herausforderer voll hinter dem Prinzip wirtschaftlicher Freiheit, er | |
will im Falle eines Wahlsieges aber die von Howard eingeführten drastischen | |
Arbeitsmarktreformen rückgängig machen. Die von einigen Experten als | |
"extremste auf der Welt" interpretierten neuen Gesetze haben unter anderem | |
den Schutz, den Arbeitnehmer vor willkürlichen, ungerechten Kündigungen | |
hatten, praktisch eliminiert. Schließlich will Rudd mehr Mittel in die | |
Ausbildung und das Gesundheitswesen stecken. Unter Howard wurden diese zwei | |
Bereiche des öffentlichen Lebens zunehmend der freien Marktwirtschaft | |
unterworfen. Wer heute eine gute Ausbildung genießen will und eine | |
hochwertige medizinische Versorgung möchte, muss in der Regel selber dafür | |
bezahlen. | |
15 Oct 2007 | |
## AUTOREN | |
Urs Waelterlin | |
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