# taz.de -- Kommentar doppelte Staatsbürgerschaft: Fetisch der Union | |
> Ein Verzicht auf das überflüssige "Optionsmodell" im | |
> Staatsbürgerschaftrecht wäre sogar ein Beitrag zum Abbau der Bürokratie | |
> in Deutschland. | |
Es war nur eine Frage der Zeit, wann das Thema wieder auf die Tagesordnung | |
kommen würde. Denn schon als das neue Staatsbürgerschaftrecht im Jahr 2000 | |
eingeführt wurde, war vielen klar, dass das "Optionsmodell" lebensfremd | |
ist. Es sieht vor, dass Einwandererkinder, die in Deutschland geboren | |
wurden und automatisch den deutschen Pass erhalten haben, sich frühestens | |
mit 18, spätestens aber mit 23 zwischen diesem oder einem anderen | |
entscheiden müssen - etwa dem des Landes, aus dem ihre Eltern stammen. | |
Rund 50.000 Einwandererkinder werden sich bis zum Jahr 2018 deshalb für | |
oder gegen den deutschen Pass entscheiden müssen, schätzt die | |
Integrationsbeauftragte Maria Böhmer; die Ersten von ihnen schreibt ihre | |
Behörde schon jetzt an. Dieser bürokratische Unsinn folgt dem faulen | |
Kompromiss, den die damalige rot-grüne Regierung bei ihrer Reform des | |
Staatsbürgerschaftsrechts einging. Sie knickte damals vor einer Kampagne | |
gegen die "doppelte Staatsbürgerschaft" ein, mit der Roland Koch und die | |
Union fremdenfeindliche Ressentiments mobilisiert hatten. | |
Eine "Zumutung für die Kinder" nennt ein SPD-Politiker jetzt die | |
"Optionspflicht"; ein anderer fürchtet, in den nächsten Jahren könnten | |
Hunderttausende "zwangsausgebürgert" werden. Sie vergessen, dass ihre | |
Partei selbst diese Regel eingeführt hat und dass ihr Parteikollege Otto | |
Schily vor drei Jahren rund 50.000 Deutschtürken die deutsche | |
Staatsbürgerschaft wieder entziehen ließ, weil diese nach ihrer | |
Einbürgerung in Deutschland wieder einen türkischen Pass beantragt hatten. | |
Trotzdem ist es richtig, dass Sozialdemokraten jetzt fordern, in | |
Deutschland geborenen Einwandererkindern den Doppelpass zu lassen. Die | |
Union sperrt sich vor allem aus ideologischen Gründen dagegen. Wie schon | |
mit dem Einbürgerungstest, will sie den deutschen Pass zu einem Fetisch | |
erheben. Ihr Beharren auf nationale Eindeutigkeit lässt sich angesichts von | |
Globalisierung, europäischer Integration und Bindestrich-Identitäten nur | |
als unmodern und rückständig bezeichnen. Dabei wäre der Verzicht auf das | |
überflüssige "Optionsmodell" sogar ein Beitrag zum Abbau der Bürokratie in | |
Deutschland. | |
10 Jul 2008 | |
## AUTOREN | |
Daniel Bax | |
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