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# taz.de -- Kolumne Ökosex: Der längste Windpark der Welt
> Von Füssen bis nach Dänemark: Warum die solare Effizienzrevolution den
> Längsten und Grössten haben muss.
Ökosex hat bereits öfter darauf hingewiesen: Wir müssen klotzen statt
kleckern im Kampf um die Herzen. Darum heute eine große Idee: Was würde
besser klotzen als Giganto-Großprojekte im Dienste der solaren Effizienz?
Großprojekte sind dufte, denn man muss keine Details erklären. Sie sind
überzeugend wegen ihrer schieren Größe.
Nehmen wir einen Flughafen. Schöne Schneisse. In Franfurt am Main ist
größer einfach besser. Vorteil für die Betreiber: Wer sich in gewissen
Parteien an Startbahnen versündigt, wird - wie gerade erlebt - mit
Massen-Harakiri bestraft. Da lacht der Fraport-Aktionär!
Ähnlich gut sind fette Autobahnen. Gerne auch an der Ostsee entlang. Je
ländlicher, desto besser, Hautpsache: Beton durch Flora, Fauna und durchs
wilde Habitat. Da greift keine EU-Richtlinie. Alternativ sind auch
Kohlekraftwerke riesig: Zweimal 820 Megawatt elektrisch wie in Moorburg bei
Hamburg. Einmal geplant, Lokalpolitiker angefixt, die Bagger angeworfen,
dann gibt es kein Zurück. Big is beautiful. Das sind Investitionen, und die
sind grundsätzlich gut für die Region und das Land und überhaupt.
Jetzt im Vergleich unsere bisherige Gegenstrategie: Kleinprojekte.
Kleinprojekte sind ein Problem. Sie stören häufig. Der kleine Windpark in
Baden-Württemberg. Verschandelt die schwäbische Alb. Die kleine
Solarverordnung in Marburg: Ökostalinismus! Der Kleinwagen unter 120g/km
CO2: zu kostengünstig. Da subventioniert die Bundesregierung lieber den
dicken Touareg mit Dienstwagenprivileg und hilft bald den Großkonzernen aus
der Patsche mit einem fetten Autokaufbonus. Merke: sie hilft nicht der
Fahrradindustrie mit einer kleinen Kaufprämie. Zu popelig. So bin ich aus
strategischen Gründen ab heute auch für Großprojekte und geräumiges Denken.
Aktuell wird das wegen Hessen, wo die Erneuerbare-Großoffensive erstmal
verschoben wurde. Ich werde zufällig Hermann Scheer, den "beinah"- und
"dann doch nicht"-Minister, am Sonntag bei einer Art politischem
Aschermittwoch treffen. Da werde ich Ihm vorschlagen, in einem ersten
Schritt den längsten Windpark der Welt zu organisieren. Der Längste ist
immer gut, da kommen wir auch ins Guiness-Buch der Rekorde. Ein Windpark
entlang der A7 vom Bodensee bis zur dänischen Grenze. Die A7 ist mit
derzeit 945,6 Kilometern die prächtigste Autobahn Europas. Sie führt als
Nord-Süd-Achse durch Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen und Hessen,
wechselt mehrfach zwischen Bayern und Baden-Württemberg und endet an der
österreichischen Grenze bei Füssen. Entlang dieser A7- Trasse entsteht der
"Deutschland Windpark", auch "Windpark des Volkes" genannt, "Windpark of
Change" oder "Windpark der Herzen". Der Lange wird nämlich den BürgerInnen
gehören, die an der A7 leben. Und allen anderen, die Eon, ENBW, Vattenfall
und RWE kapitalistisch auf Augenhöhe begegnen wollen.
Wir BürgerInnen und unsere Kommunen finanzieren in einem ersten Schritt
rund 300 Windräder. Jedes mit 5 Megawatt. Das sind 1500 MW installierte
Leistung. Eine Milliardeninvestition, die prima zur Bankenkrise passt. Wer
möchte sein Geld nicht in die Realwirtschaft investieren? Welche Stadtwerke
möchten nicht ihren eigenen Ökostrom produzieren? Welcher Bürger nicht
endlich vom Stromkunden zum Produzenten aufsteigen? Das ist das
Investitionsprogramm für regionale Wertschöpfung in Zeiten der Rezession.
Wer kann hier dagegen sein? Eigentlich nur kleinkarierte Verhinderer,
Arbeitsplatzvernichter und Feinde des Exportweltmeisters.
Höre ich da jemand "Regionalplanung!" rufen? Ja, genau. Das geht
ruckizucki. Der Bundestag soll ein
"Windpark-Deutschland-Beschleunigungsgesetz" verabschieden, damit knacken
wir die Regionalpläne und ihre Blockadepolitiker. So geht das nämlich bei
Großprojekten. Natürlich ist das erst der Anfang, denn nächstes Jahr planen
wir an einer West-Ost-Autobahn den "Deutschland Windpark II" mit 2000 MW,
und wer dagegen ist, der ist ein kleinkarierter...
7 Nov 2008
## AUTOREN
Martin Unfried
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