# taz.de -- Kolumne Lustobjekte: Gandhi und die hohlen Fritten | |
> Leugnen Sie nichts! Sie kennen sie doch auch, aus dem Wartezimmer: die | |
> fluffige Modestrecke. | |
Bild: Die Modestrecke ist die Königsdisziplin der Fashionjournalisten. Geht au… | |
Stylemeeting auf Sansibar. Stellen wir es uns so vor: Die Business-Mode ist | |
auf Dienstreise nach Afrika gegangen. Ergebnis des Treffens: Die | |
klassischen Bürolieblinge tragen jetzt erdige Rottöne, plakative Prints und | |
voluminöse Schnitte. Und die Kollegen? Freuen sich, dass Globalisierung so | |
gut aussehen kann. | |
Liebe Leserinnen und Leser (vorausgesetzt, Sie sind nicht schon | |
ausgestiegen), kommt Ihnen dieses fluffige Hohle-Fritten-Geschreibsel aus | |
dem ersten Absatz bekannt vor? Nein? | |
Jetzt tun Sie mal nicht so. Auch taz-Leser müssen mal zum Friseur. Oder zum | |
Arzt. Und dort, im Wartezimmer, wenn man da schon sitzt und nichts zu tun | |
hat, da kann man doch auch, schon aus bloßer Langeweile … Ach, nur noch die | |
Gala übrig, na gut. Und dann beim nächsten Trivial-Pursuit-Abend | |
zurückhalten, um bei Klatsch & Promis nicht als totaler | |
Lifestyletopcheckerbunny geoutet zu werden. Jaja. Sie werden also auch | |
erkannt haben, dass die ersten Zeilen dieser Kolumne aus einer Modestrecke | |
stammen. | |
Die Modestrecke ist die Königsdisziplin der Fashionjournalisten. Nichts ist | |
schwieriger, als immer wieder die gleichen Themen (Klamotten, Schmuck, | |
Beauty) zu den gleichen Jahreszeiten (Frühling, Sommer, Herbst, Winter) und | |
den gleichen Revivals (60er, 70er, 80er) aufzubereiten. Da kombiniert man | |
in der Not eben die klassischen Bürolieblinge mit der Globalisierung. | |
Leider weiß ich, wovon ich spreche. Ich habe Modejournalismus studiert, an | |
einer Privatuni. Manche 19-Jährige träumen davon, die Welt zu retten, ich | |
wollte Chefredakteurin der Vogue werden. | |
Und obwohl ich relativ schnell gemerkt habe, dass das Texten von | |
Modestrecken ungefähr so spannend ist, wie sich Rahmenhandlungen für | |
Pornofilme auszudenken, habe ich die sieben Semester irgendwie hinter mich | |
gebracht. Das Einzige, was von meinem Studium übrig geblieben ist, sind die | |
InTouch-Hefte in meinem Bad. | |
In dem Promimagazin gibt es eine wunderbare Rubrik mit dem Namen "Manchmal | |
gehts daneben", viel besser als jede Modestrecke. Die modischen Fehltritte | |
der Stars werden prägnant beschrieben: Tüll-Terror, Kombi-Klatsche, | |
Schädel-Schauer, Träger-Tragödie, Tesafilm-Trauerspiel. Ein wahres | |
Alliterations-Armageddon. | |
Möglicherweise ist das auch der Grund, warum mein Besuch immer verdächtig | |
lange auf dem Klo bleibt und danach über die aktuelle Krise zwischen Justin | |
(Timberlake) und Jessica (Biel) und die Nagellacktrends der nächsten Saison | |
Bescheid weiß. Als mein Freund Hugo - der angeblich findet, dass 1,80 Euro | |
für ein Klatschblättchen rausgeworfenes Geld ist - wieder einmal aus dem | |
Badezimmer zurückkam, fragte ich ihn, ob er mit diesem Lifestylekram | |
wirklich gar nichts anfangen könnte. Hugo zitierte Gandhi: Der Mensch solle | |
seine Kleidung selbst fertigen, weil er so demütig und erdverbundener | |
werde. "Gandhi hat immer noch genäht, als er bereits weltbekannt war", | |
sagte Hugo. "Manchmal stundenlang. Vielleicht sollten das deutsche | |
Politiker auch mal machen." | |
So einfach kombiniere ich in dieser Fashionkolumne InTouch mit Politik. | |
Clever, oder? | |
8 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
Franziska Seyboldt | |
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