# taz.de -- Kolumne American Pie: Southeastern Monopoly | |
> Auch 2012 kommt der Uni-Meister im College-Football aus dem Südosten der | |
> USA. Diese Dominanz könnte die regionalen Strukturen des Sports zum | |
> Einsturz bringen. | |
Bild: College Football generiert 9 Milliarden Dollar Umsatz im Jahr. Nur ein Br… | |
BERLIN taz | Sie nennen es College Football. Am liebsten spielen sie es im | |
Herbst. Dann, im Winter, auf schlammigen Sportplätzen, werden die in den | |
USA so beliebten Helden geboren: In den Endspielen, den "Bowl Games", | |
spielen seit Weihnachten die besten Hochschul-Mannschaften gegeneinander. | |
Hunderttausende Fans reisen durchs ganze Land, Millionen sitzen vor den | |
Fernsehern. Für viele Spieler ist es der Höhepunkt ihres Sportlerlebens, | |
nur wenige werden anschließend den Sprung zu den Profis schaffen. | |
Am kommenden Montag schließlich wird beim Aufeinandertreffen der beiden | |
überragenden Teams dieser Saison der Meister gekürt: die ungeschlagenen | |
Tigers der Louisiana State University treten gegen die mit nur einer | |
einzigen Niederlage belasteten Crimson Tide von der University of Alabama | |
an. | |
Damit steht bereits fest, dass eines der zwölf Mitglieder der Southeastern | |
Conference (SEC) Meister wird, denn beide Finalteilnehmer spielen in dieser | |
stärksten Uni-Football-Liga des Landes. Bereits in den vergangenen fünf | |
Jahren stellte die SEC den Meister und degradierten die Teams aus den | |
restlichen zehn Conferences zu Statisten. | |
Eine sportliche Dominanz, die allerdings für ein finanzielles Übergewicht | |
der SEC sorgt, die den Uni-Sport nun in seinen Grundfesten erschüttert. | |
Immer mehr Universitäten wollen auch an größere Fleischtöpfe. Zur kommenden | |
Saison nimmt die SEC deshalb zwei neue Mitglieder auf, Texas A&M und die | |
University of Missouri. Mehr Mitglieder, das bedeutet: mehr Spiele und mehr | |
Einnahmen. Dass die Missouri Tigers dann zu Auswärtsspielen | |
durchschnittlich 600 Meilen reisen müssen, wird durch ein prognostiziertes | |
Umsatzplus von über 15 Millionen Dollar versüßt. | |
## Unabsehbare Folgen | |
Dieser Wechsel hat allerdings "eine Reise nach Jerusalem ausgelöst", so | |
sieht es nicht nur David Frohnmayer, der frühere Präsident der University | |
of Oregon und lautstarker Kritiker seiner nervösen Nachfolger. Die haben | |
dafür gesorgt, dass bis 2013 mehr als 30 Universitäten ihre traditionellen | |
Conferences verlassen haben werden, viele andere verhandeln noch über einen | |
Wechsel. | |
Die Folgen sind noch unabsehbar, nicht nur, weil in einigen Fällen noch | |
Gerichte angerufen werden. Doch die regionalen Strukturen des | |
College-Sports drohen sich aufzulösen, einzelne Ligen könnten gänzlich | |
verschwinden und traditionelle Rivalitäten sind in Gefahr: Das seit 1894 | |
regelmäßig ausgespielte Derby zwischen den Texas Longhorns und den Texas | |
A&M Aggies ist bereits Geschichte. | |
Angesichts der wilden Liga-Wechselei ist "eine Panik ist ausgebrochen", hat | |
unlängst Jack Swarbrick festgestellt. Der ist Direktor des Sport-Programms | |
der University of Notre Dame, deren Fighting Irish eine der ruhmreichsten | |
College-Football-Geschichte haben und als eins von wenigen Teams zu keiner | |
Conference gehören. Aber auch Notre Dame denkt nun laut darüber nach, den | |
unabhängigen Status aufzugeben, um beim Rangeln um höhere Umsätze nicht ins | |
Hintertreffen zu geraten. | |
Hinter dem Chaos steht eine unglaubliche Bigotterie. College Football ist | |
eine florierende Industrie, die geschätzte neun Milliarden Dollar Umsatz | |
jährlich generiert. Auf dem Feld aber stehen Amateure, von denen die besten | |
dank eines Sport-Stipendiums eine gute Ausbildung bekommen. Diese Studenten | |
spielen in ausverkauften Stadien und verkaufen Trikots wie ihre | |
Profi-Kollegen, ohne an den Einnahmen beteiligt zu werden. | |
## Luxuriöse Trainingskomplexe | |
Ein unverhältnismäßig großer Teil dieses Umsatzes geht in den Südosten, | |
nach Alabama, Florida, Mississippi und Louisiana. Mit diesem Geld bezahlen | |
die Universitäten ihre Cheftrainer, die mitunter über fünf Millionen Dollar | |
im Jahr verdienen, und bauen luxuriöse Trainingskomplexe. Das wiederum | |
verschafft den in der SEC organisierten Colleges einen Vorteil bei der | |
Rekrutierung von Talenten, die ihre Dominanz auch weiterhin sichern dürfte. | |
"Wir spielen ja nicht Monopoly", versichert zwar Jim Delany, als Chef der | |
Big Ten Conference einer der amoklaufenden Funktionäre, "wir spielen kein | |
Brettspiel, in dem Universitäten, Territorien und Märkte gesammelt werden." | |
Aber genau so, nach einem großen Monopoly-Spiel, sieht der College Football | |
momentan aus. Das Spielfeld in New Orleans, auf dem am Montag der Meister | |
ermittelt wird, liegt geschützt unter dem Dach des Superdomes. | |
Kein Regen, kein Matsch, kein winterlicher College Football. Der Kunstrasen | |
wird grün leuchten und hinter den Kulissen sind Parkstraße und Schlossallee | |
bis auf weiteres in Besitz der Southeastern Conference. | |
3 Jan 2012 | |
## AUTOREN | |
Thomas Winkler | |
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