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# taz.de -- Kickers Emden in Turbulenzen: Ein Opfer der Wirtschaftskrise
> Der Verein Kickers Emden hofft, dass seinem Insolvenzantrag stattgegeben
> wird. Wenn das passiert und sich Sponsoren finden, könnte der
> ostfriesische Traditionsclub überleben.
Bild: Machten den Kickers ebenfalls Probleme: die DFB-Auflagen zur Stadionsitua…
EMDEN taz | Wenn ein Verein "Kickers" heißt, dann ist er alt.
Normalerweise. Gegründet im 19. Jahrhundert, als Fußballclub englischer
Tradition. Nicht in Emden. Kickers Emden wurde nach dem Zweiten Weltkrieg
gegründet. Kickte mal Verbandsliga, Oberliga, Regionalliga, Dritte Liga,
wollte in die Zweite Liga aufsteigen, ist nun in der Oberliga, der Fünften.
Bleibt dort nicht, denn der Verein ist mit etwa drei Millionen Euro
Schulden zahlungsunfähig. Für seine Zukunft gibt es zwei Szenarien:
Entweder, dem bereits gestellten Insolvenzantrag wird stattgegeben, dann
besteht die Chance, in der Landesliga weiterzumachen.
Oder es gibt kein Insolvenzverfahren, dann wird der Verein gelöscht und
muss, wenn der Kreis mitmacht, in der Kreisliga, ganz unten, wieder
anfangen. Wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, haben Insolvenzverwalter
und Verein sechs Monate Zeit, um die Kickers wirtschaftlich zu sanieren.
Um eine Insolvenz zu erreichen, müssen die Gläubiger - einige sind den
Kickers verbunden - auf Teile ihrer Forderungen verzichten. Die Spieler
müssen Abstriche machen. Wer das nicht kann, hat die Möglichkeit, in der
seit 1. Januar laufenden Transferperiode zu wechseln. Ziel ist es, die
Ausgaben unter 90.000 Euro pro Monat zu drücken.
Außerdem bemühen sich die Kickers um Sponsoren, einer für den Nachwuchs
wurde gefunden, dort ist der Betrieb bis Saisonende gesichert. Was die
erste Mannschaft anbelangt, haben die Kickers bis 12. Februar Zeit, dann
spielt die Oberliga wieder.
Günter Schmaler war zwei Jahre, bis November 2011, Kickers-Präsident.
Nachdem er beim Amtsgericht Insolvenz angemeldet hatte, blieb er
kommissarisch im Amt. Sein Nachfolger wurde Günther Kunz, Fachmann für
Insolvenzrecht. Kunz kann gut mit dem vorläufigen Insolvenzverwalter Axel
Gerbers.
Vor zwei Jahren, beim Rückzug aus der Dritten Liga, standen Vorstand und
Aufsichtsrat der Kickers schon einmal vor der Frage der Insolvenz -
Schmaler: "Damals schien mir das wirtschaftlich noch nicht notwendig zu
sein." Nun ist der Verein überschuldet, "aber nicht so, dass eine Insolvenz
ausgeschlossen ist", sagt Schmaler. In die Bredouille gerieten die Kickers,
weil zwei wichtige Sponsorenverträge nicht zustande kamen.
Die Kickers sind ein Opfer der Wirtschaftskrise, die in Ostfriesland eine
Werftenkrise ist. Emden verlor seine letzte Werft, die Nordseewerke, 1903
gegründet, zuletzt eine Tochter von Thyssen-Krupp. Am Ende hatte die Werft
noch 1.400 Beschäftigte in den Bereichen Marine- und Handelsschiffbau sowie
Schiffsreparatur.
Zum Oktober 2009 übernahm die Schaaf Industrie AG das Gelände, die dort
Bauteile für Offshore-Windenergieanlagen herstellt. Auch Reeder, die zu den
Sponsoren der Kickers gehörten, bekamen Probleme. Schmaler erinnert sich an
einen Reeder, der eine Zusage von 150.000 Euro nicht einhalten konnte.
Der Deutsche Fußballbund hat auch Anteil am Desaster, als er dem damaligen
Drittligisten in der Saison 2008/09 die Auflage erteilte, für die nächste
Saison einen Bauantrag vorzulegen. "Die Landesbürgschaft war da, die
Eigenbeteiligung von einer Million Euro das Problem", so Schmaler.
Das Bauvorhaben scheiterte, auch weil die Banken in der Bankenkrise
vorsichtiger bei der Vergabe von Krediten wurden. Zwei Jahre früher, so
Schmalers Vermutung, "wäre alles durchgelaufen". Der DFB, so Schmalers
Eindruck, möchte, dass für Kommunen von der Größe Emdens in der Landesliga
Schluss ist, "denn die Hürden, die er, was die Stadien anbelangt, aufbaut,
sind so hoch, dass man sie ohne Großsponsoren nicht schafft".
Volkswagen half, trotz vieler Gespräche, auch mangels finanzieller
Möglichkeiten am Standort Emden, nicht entscheidend. Die Stadt, mit der
Schmaler "in Dauerkontakt" stand, auch nicht. "Es war nicht ein Faktor",
sagt der Ex-Präsident, "es waren viele zusammen." In den nächsten Wochen
wird sich zeigen, ob viele zusammen, Sponsoren, Insolvenzverwalter, Verein,
einen Ausweg finden.
1 Jan 2012
## AUTOREN
Roger Repplinger
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