# taz.de -- ■ Kaschmir-Krieg: Pakistan setzt auf US-Vermittlung: Arbeit fü… | |
Der US-Präsident mußte im Interesse des Friedens sogar seinen arbeitsfreien | |
Nationalfeiertag opfern. Pakistans Regierungschef Sharif hatte so heftig an | |
der Tür gepocht, daß Bill Clinton nicht anders konnte, als ihn zu | |
empfangen. Sharifs Drängen hatte seinen Grund. Auf den eisigen Höhen im | |
Grenzgebiet von Kaschmir werden die eingedrungenen Rebellen inzwischen von | |
der indischen Artillerie so heftig bedrängt, daß sie, laut Time Magazine, | |
nicht einmal mehr ihre Notdurft gefahrlos verrichten können. Und Sharif | |
kann ihnen nicht zu Hilfe eilen, weil er, wie der indische Außenminister | |
sarkastisch kommentierte, „ein Gefangener seiner Sprachregelung“ ist. Er | |
möchte die Welt glauben lassen, daß es sich bei den eingeschleusten | |
Kämpfern um kaschmirische Rebellen handelt, „über die er keine Macht hat“. | |
Sharifs Problem ist, daß ihm dies niemand glaubt. Die Weltöffentlichkeit | |
teilt vielmehr Indiens Darstellung, daß es sich um pakistanische Truppen | |
handelt. | |
Sharif hat sich nun militärisch die Hände gebunden – und der diplomatische | |
Bonus bleibt dennoch aus. Noch schlimmer: In Pakistan schreiben viele den | |
machtbewußten Politiker bereits ab. Sollte er nämlich die Rebellen bzw. | |
Soldaten aus den Bergnestern einseitig abziehen, dann, so rechnete ihm ein | |
pakistanischer Ex-General vor, werden die Mudschaheddin auf Islamabad | |
marschieren – und die Armee wird am Straßenrand stehen und klatschen. | |
Deshalb opferte Clinton seinen Fourth of July. Es sollte dem Verbündeten | |
einen Rückzug erlauben, der ihm Gesicht und Job wahrt. „Konkrete Schritte“ | |
würden nun unternommen, um die Grenzlinie in Kaschmir wiederherzustellen, | |
heißt es in der gemeinsamen Erklärung. Sharif wird nicht genannt – aber er | |
ist gemeint. Denn er trägt die Verantwortung dafür, daß diese Grenze von | |
Pakistan aus verletzt wurde, sei es nun durch Rebellen oder Soldaten. | |
Die gemeinsame Erklärung hat nur einen Haken: Sie bindet nur Pakistan und | |
die USA, nicht aber Indien. „Sicheres Geleit“ für die Eindringlinge etwa | |
hieße, daß die Waffen schweigen, doch dieser Waffenstillstand friert den | |
Ist-Zustand ein – und damit pakistanische Kontrolle von indischem Gebiet. | |
Die USA haben sich, nach Kosovo, erneut außenpolitisch exponiert. Sie | |
müssen nun versuchen, Sharif nach Hause zu geleiten, ohne daß seine | |
Landsleute ihm die blutende Nase übelnehmen. Gleichzeitig darf Indien den | |
Konflikt nun nicht eskalieren lassen. Clinton wird noch einige arbeitsfreie | |
Sonntage opfern müssen. Bernard Imhasly | |
6 Jul 1999 | |
## AUTOREN | |
Bernard Imhasly | |
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