| # taz.de -- Jungfernstieg-Prozess: Elias A. zu Jugendstrafe verurteilt | |
| > Im Prozess um die tödliche Messerattacke auf dem Bahnhof Jungfernstieg | |
| > lautet das Urteil sechs Jahre. Dem Gericht zufolge hat der Täter Einsicht | |
| > gezeigt. | |
| Bild: Nach dem Messerstich: Sanitäter versuchen am 14. Mai den 19-jährigen Me… | |
| Der Fall des tödlichen Messerangriffs am Jungfernstieg hatte über Hamburg | |
| hinaus Wellen geschlagen, am Donnerstag kam das Urteil: Nach dreizehn | |
| Prozesstagen verurteilte das Landgericht Hamburg Elias A. wegen Totschlags | |
| zu sechs Jahren Jugendstrafe. Die zwei Mitangeklagten wurden wegen | |
| gefährlicher Körperverletzung beziehungsweise Beihilfe dazu mit | |
| Erziehungsmaßregeln belegt. | |
| Am 14. Mai hatte der damals 16-jährige Elias A. sein Opfer Mel D., einen | |
| drei Jahre älteren Jugendlichen, den er bis dahin noch nie gesehen hatte, | |
| mit einem Messer ins Herz gestochen. Das Opfer verblutete noch auf dem | |
| Bahnsteig. Das Motiv von Elias A. war bisher unklar. Einer aus der Gruppe | |
| der Jugendlichen, mit der er losgezogen war, soll Mel D. kurz vor dem | |
| tödlichen Stich mit dem Satz "Was guckst du, was ist hier los?" angepöbelt | |
| haben. Minuten später war das Opfer tot. Drei Tage später wurde Elias A. | |
| festgenommen - die Überwachungskameras auf dem Bahnhof hatten die Tat | |
| aufgezeichnet. | |
| In der Hauptverhandlung, die unter Ausschluss der Öffentlichkeit stattfand, | |
| soll der Angeklagte Reue gezeigt und sich entschuldigt haben. Das teilte | |
| ein Gerichtssprecher mit. Die Jugendkammer folgte in ihrer Verurteilung dem | |
| Antrag der Staatsanwaltschaft. Die Verteidigung hatte auf Körperverletzung | |
| mit Todesfolge plädiert. Sie kündigte an, in Revision zu gehen. | |
| Das Gericht bewertete die Tat als "vollkommen grundlos". Das Opfer habe | |
| sogar beschwichtigend auf den Angeklagten und seine Komplizen eingeredet. | |
| Dennoch habe Elias A. zum Messer gegriffen. | |
| Die Tat von Elias A. ist kein Einzelfall. Die Entwicklung der | |
| Gesamtkriminalität in Hamburg bleibt zwar seit Jahren mehr oder weniger | |
| konstant. Jedoch gab es laut Kriminalitätsstatistik 2009 15 Prozent mehr | |
| Fälle von schwerer und gefährlicher Körperverletzung als im Jahr davor. 40 | |
| Prozent der Tatverdächtigen sind jünger als 21 Jahre. | |
| Dass dieser Fall für so großen medialen Wirbel sorgte, hat noch einen | |
| anderen Grund. Wenige Tage nach der Tat wurde Kritik laut, der Angriff | |
| hätte verhindert werden können. Denn der Täter war der Polizei hinlänglich | |
| bekannt, sein Vorstrafenregister umfasste gefährliche Körperverletzung, | |
| Sachbeschädigung und Erpressung. Seit August 2009 galt er als | |
| Intensivtäter. Im Januar 2010 wurde er in die sogenannte Protäkt-Datei | |
| aufgenommen, die Verfahren von Intensivtätern beschleunigen soll. | |
| Ein Rap-Video auf Youtube, in dem Elias A. und 20 andere Jugendlichen als | |
| Gangster auftreten, macht deutlich, wer im Viertel rund um den | |
| Jungfernstieg das Sagen hat. "Neustädter Jungs" nennt sich die Gang. Ein | |
| harmlos klingender Name, die Texte sind es nicht. "Ich schwöre, dass du | |
| Klatsche kriegst. Das ist kein Spaß, meine Jungs, meine Gang, wenn du mein' | |
| Blick siehst: Renn, Nutte, renn!" | |
| Der Senat hatte einen Monat nach der Tat Fehler im Umgang mit Jugendgewalt | |
| eingeräumt, die Behörden für Inneres, Justiz, Schule und Soziales hatten | |
| daraufhin ihr 2007 beschlossenes Konzept "Handeln gegen Jugendgewalt" | |
| überarbeitet. Die Ergebnisse sollen nächste Woche vorgestellt werden. | |
| 9 Dec 2010 | |
| ## AUTOREN | |
| Emilia Smechowski | |
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