| # taz.de -- James-Krüss-Museum: Kinderbücher in der Hummerbude | |
| > Das James-Krüss-Museum in einer Hummerbude auf Helgoland ist gerade bei | |
| > Schietwetter einen Besuch wert. Dass Krüss die Insel liebte, bemerkt man | |
| > dort überall | |
| Bild: Vorsicht: Im James-Krüss-Museum könnten Ihnen Damen begegnen, die über… | |
| Sie können natürlich auch auf den Friedhof gehen. An das Grab von James | |
| Krüss. Das machen viele Besucher Helgolands. Sicher war der James Krüss, | |
| der hier ruht, ein rechtschaffener Mann, der es verdient, dass seiner | |
| gedacht wird. Aber es ist nicht der Kinderbuchautor James Krüss, der hier | |
| seine letzte Ruhestätte gefunden hat, sondern der Feinkosthändler gleichen | |
| Namens. | |
| Der James Krüss, der Timm Thaler geschrieben hat, wurde am 31. Mai 1926 als | |
| ältester Sohn des Elektrikers Ludwig Krüss und dessen Frau Margaretha | |
| Friedrichs, einer Schneiderin, geboren. Er lebte von 1926 bis 1950 auf | |
| Helgoland, und starb am 2. August 1997 auf Gran Canaria. Dieser Krüss liegt | |
| nicht auf dem Friedhof auf Helgoland, sondern wurde am 27. September 1997 | |
| auf See bestattet. | |
| Sie gehen besser, falls Interesse am Schriftsteller besteht, ins | |
| James-Krüss-Museum im Hof des Nordsee-Museums Helgoland. In leuchtenden | |
| Farben stehen dort Hummerbuden, wer sie betritt, sollte ein bisschen | |
| vorsichtig sein, denn es kann sein, dass da einige Damen zusammensitzen, | |
| Lakritz essen und über Dinge sprechen, die einen Fremden, zumal männlichen | |
| Geschlechts, nichts angehen. Man zögert, bis die Damen rufen: "Sie stören | |
| nicht". Eine der Damen ist, wie es der Zufall will, Kirsten | |
| Rickmers-Liebau, die Nichte von James Krüss. Sie war mit Krüss in Schulen, | |
| wenn er dort gelesen hat. "Da wurde viel gelacht", sagt sie. Von ihr, von | |
| Krüss und vor allem von den Kindern. Kirsten Rickmers-Liebau ist die | |
| Erbenvertreterin, verwaltet den Nachlass und ist Initiatorin des Museums. | |
| Von den Erben und einer Stiftung der Sparkasse kam das Geld fürs Museum. | |
| Krüss hatte, im Zweiten Weltkrieg bei der Luftwaffe, 1948 sein Examen als | |
| Volksschullehrer abgelegt, war aber nie als Lehrer tätig. "Er merkte | |
| schnell, dass das nichts für ihn war", sagt seine Nichte, "Autorität, | |
| Hierarchie, Noten und Strafen." Heute sind neun Schulen nach Krüss benannt. | |
| Die zehnte wird in Herne sein. Natürlich heißt die einzige Schule auf | |
| Helgoland James-Krüss-Schule. Nicht nur an die Lehrer dieser Schulen, | |
| sondern an alle, die mit Krüss-Texten arbeiten wollen, schickt Frau | |
| Rickmers-Liebau Bücher für Unterricht und Bibliothek. 1949 zog Krüss nach | |
| Lochham bei München und lernte Erich Kästner kennen, der ihm half. "James | |
| wollte Schriftsteller werden, und München, eine Stadt mit vielen Verlagen, | |
| schien ihm der geeignete Platz", sagt Rickmers-Liebau. | |
| Anlässlich seines 75. Geburtstages im Jahre 2001 schenkten die Krüss-Erben | |
| der Stadt München seinen schriftstellerischen Nachlass. Der wird im | |
| James-Krüss-Turm in Schloss Blutenburg ausgestellt, dem Sitz der | |
| Internationalen Jugendbibliothek. | |
| Krüss war ein großer Briefschreiber und legte Geburtstagswünschen gern mal | |
| ein Gedicht bei. Etwa bei Astrid Lindgren oder Erich Kästner, wie im Museum | |
| auf Helgoland zu sehen ist. Helgoland ist überall in den Büchern von James | |
| Krüss. Im Humor, im Sprachrhythmus, in den Figuren, im Spintisieren. | |
| Buchstäblich vorkommen lässt Krüss die Insel unter anderem in "Mein | |
| Urgroßvater und ich" (1959). Für dieses Buch gab es vom Hamburger Verleger | |
| Friedrich Oetinger einen Vorschuss von 500 Mark, der Vertrag ist, | |
| einschließlich der Unterschrift "James Krüß", zu besichtigen. In der | |
| Fortsetzung "Mein Urgroßvater, die Helden und ich" (1967) und in der | |
| Fortsetzung "In Tante Julies Haus" (1969) steckt auch viel Helgoland. | |
| Im Krüss-Museum hängt ein schöner Stammbaum der Familie, der so ums Jahr | |
| 1815 herum einsetzt und es findet sich, das darf man auch erwarten, der | |
| Hummerfischer Jacob Wilhelm Krüß, ein Großvater mütterlicherseits, unter | |
| des Schriftstellers Ahnen. Die Fotos im Museum sind ein Gedicht. Sie sind | |
| schwarz-weiß, aber man erkennt, dass Krüss auf Gran Canaria ein blau-weiß | |
| gestreiftes Polohemd trägt, also die Helgoländer Nationaltracht. "In diesem | |
| Haus in den Bergen war es kalt und feucht, deshalb die Mütze", erklärt Frau | |
| Rickmers-Liebau. Ja, die Mütze. Großartig, ohne sie sieht Krüss Kopf | |
| nackend aus. Unter ihr stehen die grauen Haare links und rechts flauschig | |
| über den Ohren heraus. Die Mütze sitzt weit oben auf dem Kopf, der ein paar | |
| Nummern zu groß für sie ist. Gestrickt hat sie der Spanier Dario Francesco | |
| Perez, mit dem Krüss auf Gran Canaria zusammenlebte. Krüss sprach sieben | |
| Sprachen, da ging das Lernen spielend leicht, nur Autofahren fiel schwer. | |
| Er hat in sieben Anläufen den Führerschein nicht geschafft. Theoretisch war | |
| es kein Problem, aber die Praxis. | |
| Etwa 8.000 Besucher waren seit der Eröffnung am 1. September 2007 im | |
| Krüss-Museum. Und weil es seine Bücher in vielen Sprachen gibt, kommen auch | |
| Japaner, Schweden und Dänen, die als Kinder Krüss gelesen haben und deren | |
| Kinder heute Krüss lesen. "Wenn Krüss in einer Familie mal Fuß gefasst hat, | |
| dann geht er durch die Generationen", weiß Rickmers-Liebau. Die Eltern | |
| stehen dann im Museum vor den Erstausgaben und sagen: "Och, guck mal, das | |
| hatten wir auch." | |
| Vor allem "Henriette Bimmelbahn", "Mein Großvater und Ich" und "Timm | |
| Thaler" werden nach wie vor tüchtig gekauft und gelesen. In einer der | |
| Hummerbuden gibt es Veranstaltungen mit Autoren, die einen Draht zu Kindern | |
| haben. Da haben es die Helgoländer Kinder und die der Besucher gut. Der | |
| Kontakt zwischen den Helgoländern und Krüss brach nie ab. Zu seinem 50. und | |
| 60. Geburtstag war er da. Im Winter sind seine Helgoländer Freunde nach | |
| Gran Canaria gefahren. Im Winter, weil im Sommer auf Helgoland Saison ist, | |
| und dann keiner wegkann. | |
| Wir können davon ausgehen, dass der Schriftsteller James Krüss den | |
| Feinkosthändler James Krüss kannte. "Eigentlich lebe ich ja noch eine ganze | |
| Weile über meinen Tod hinaus (…) als Figur. In dir! Und in den Büchern", | |
| heißt es in "Mein Urgroßvater, die Helden und ich". Gehen Sie also ruhig | |
| auf den Friedhof von Helgoland, schaden kann es nichts. | |
| 2 Nov 2008 | |
| ## AUTOREN | |
| Roger Repplinger | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA |