# taz.de -- Jagd auf Ugandas Topverbrecher | |
> Der Internationale Strafgerichtshof sucht Ugandas Rebellenchef Joseph | |
> Kony – aber in welchem Land kämpft er? | |
BERLIN taz ■ Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag, der | |
ab Mitte 2002 begangene Kriegsverbrechen weltweit verfolgt, hat seinen | |
ersten internationalen Haftbefehl erstellt. Joseph Kony, Führer der | |
Rebellenbewegung „Lord’s Resistance Army“ (LRA) im Norden Ugandas, wird | |
zusammen mit mehreren LRA-Kommandanten unter anderem wegen Mord, Folter und | |
Verstümmelung, Kindesentführung, sexueller Gewalt und Zwangsrekrutierung | |
gesucht. Der Haftbefehl, sagte UN-Untergeneralsekretär Ibrahim Gambari am | |
Wochenende laut Presseberichten, sei am Dienstag vergangener Woche erstellt | |
worden, aber noch nicht veröffentlicht. | |
Uganda ist eines von drei Ländern neben Sudan und der Demokratischen | |
Republik Kongo, in denen der Gerichtshof bisher Ermittlungsverfahren | |
eingeleitet hat. Die LRA kämpft seit Anfang der 90er-Jahre im Norden | |
Ugandas und gilt als eine der brutalsten bewaffneten Gruppen der Welt. Ihr | |
Führer Joseph Kony, der jahrelang aus Sudan heraus operierte, sieht sich | |
als Träger des Heiligen Geistes und predigt, dass alle Erscheinungsformen | |
des modernen Uganda Teufelszeug seien und gnadenlos zerstört werden | |
müssten. | |
Zu Anfang wurde die LRA von manchen Nordugandern noch unterstützt. Heute | |
ist sie wegen ihrer Brutalität in Verruf geraten. Ihre Angriffe auf die | |
Zivilbevölkerung haben weite Landstriche entvölkert. Bis zu 20.000 Kinder | |
wurden entführt, als Soldaten zu unbeschreiblichen Grausamkeiten gezwungen | |
oder als Sexsklavinnen missbraucht. | |
Ugandische Großoffensiven gegen Konys Rückzugsgebiete im Sudan sowie die | |
Mobilisierung von Volksmilizen in Norduganda haben die LRA in den letzten | |
Jahren stark geschwächt. Im Juli erklärte Ugandas Armee, von 8.000 | |
LRA-Kämpfern auf ugandischem Gebiet im Jahr 2002 seien nur noch 300 übrig. | |
Seit Sudans Regierung Anfang 2005 mit den südsudanesischen Rebellen der | |
SPLA (Sudanesische Volksbefreiungsarmee) Frieden schloss, gilt die | |
LRA-Präsenz auch im Sudan zunehmend als Störfaktor. | |
So hat sich die LRA inzwischen auf mehrere Länder verteilt. Aus Uganda | |
selbst werden immer noch regelmäßig LRA-Angriffe gemeldet. Im Sudan soll | |
sich Joseph Kony mit seinen Getreuen aus der Grenzregion zu Uganda Richtung | |
Norden entfernt haben. Einige Kämpfer sollen in Richtung Äthiopien | |
ausgewichen sein. Und die Nummer zwei der LRA, Vincent Otti, hat sich nach | |
UN-Angaben mit 320 Kämpfern in den Kongo abgesetzt. Ein Sprecher der | |
dortigen UN-Mission „Monuc“ sagte sogar, LRA-Chef Kony selbst werde im | |
Kongo vermutet. | |
Uganda, das 1998 bis 2003 militärisch im Kongo aktiv war, droht nun mit | |
einem Wiedereinmarsch. 2.000 kampferprobte Soldaten aus dem nordugandischen | |
Kriegsgebiet sind mit Panzern an die kongolesische Grenze verlegt worden, | |
melden ugandische Zeitungen. Die LRA-Kämpfer im Kongo haben sich im | |
Garamba-Nationalpark im äußersten Nordosten des Landes sowie der Grenzstadt | |
Aba niedergelassen, traditionelle Hauptposten des Waffenschmuggels zwischen | |
Kongo und Sudan. | |
Kongos Regierung sowie die Monuc haben versprochen, die LRA notfalls mit | |
Gewalt zu verjagen. Bislang ist jedoch nichts in der Richtung geschehen | |
außer der Entsendung einiger hundert kongolesischer Regierungssoldaten, die | |
die Zivilbevölkerung ausrauben. Zuständig für die kongolesischen | |
Militäroperationen gegen die LRA ist General Padiri Bulenda, während des | |
Kongokrieges wichtigster Führer der ostkongolesischen Mayi-Mayi-Milizen, | |
die zum Teil ähnliche Kriegsmethoden anwandten wie die LRA. Padiri hat | |
jetzt LRA-Führer Otti mehrfach getroffen. | |
Kein Wunder, dass Uganda dem Kongo nicht traut. Am Wochenende nannte | |
Ugandas Präsident Yoweri Museveni Kongos Regierung sowie die UN-Mission | |
„Förderer des Terrorismus“, weil sie nichts gegen die LRA unternähmen. Am | |
Montag beantragte Kongos Regierung in Reaktion beim UN-Sicherheitsrat | |
Sanktionen gegen Uganda. In diesem Kontext kann sich der Internationale | |
Strafgerichtshof kaum leisten, seine Haftbefehle gegen die LRA-Führung | |
weiter unter Verschluss zu halten. | |
DOMINIC JOHNSON | |
5 Oct 2005 | |
## AUTOREN | |
DOMINIC JOHNSON | |
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