# taz.de -- Interview: Der Subbotnik macht Schule | |
> Für Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner (Die Linke) sind Ehrenarbeit und | |
> 1-Euro-Jobs kein Widerspruch. Wichtig ist es vor allem, Interessenten an | |
> die richtigen Stellen zu vermitteln. | |
taz: Frau Knake-Werner, heute findet die erste Freiwilligenbörse im Roten | |
Rathaus statt. Gibt es in Berlin nicht genug Freiwillige, die sich | |
ehrenamtlich engagieren? | |
Heidi Knake-Werner: Die Bereitschaft, sich ehrenamtlich zu engagieren, ist | |
viel größer als das tatsächliche Engagement. Laut Liga der Spitzenverbände | |
der Wohlfahrtspflege sind viel mehr Menschen bereit, in der | |
Freiwilligenarbeit mitzuwirken, als sie es momentan tun. | |
Woran liegt das? | |
Das könnte daran liegen, dass die Leute noch nicht den richtigen | |
Anlaufpunkt gefunden haben oder dass sie nicht wissen, in welchem Bereich | |
sie arbeiten möchten. Die Organisationen müssen sich überlegen, welche | |
Arten ehrenamtlicher Arbeit sie anbieten. Junge Menschen haben oft | |
Probleme, sich längerfristig an die großen Wohlfahrtsverbände zu binden. | |
Natürlich gibt es auch welche, die sagen: Ich bin jetzt hier dabei, ich | |
engagiere mich in dieser Organisation für den Rest meines Lebens. Aber es | |
werden auf jeden Fall verstärkt Projekte gesucht, an denen man sich nur für | |
kurze Zeit beteiligen kann. | |
Wie ist das Ansehen ehrenamtlicher Arbeit? | |
Seit einigen Jahren diskutieren wir das Leitbild der Bürgergesellschaft. | |
Das heißt, sich einzumischen, teilzuhaben, zu überlegen, welchen Beitrag | |
ich als Einzelner leisten kann, wird wichtiger. Das Ansehen | |
bürgerschaftlichen Engagements ist groß. Das kann man auch daran erkennen, | |
dass die Anzahl der Stiftungen gestiegen ist. Der Paritätische | |
Wohlfahrtsverband spricht beispielsweise von 18.000 Menschen, die allein in | |
seinem Wirkungskreis Freiwilligenarbeit leisten. | |
Lohnt sich denn ein solches Engagement? | |
Ehrenamtliche Arbeit hat für die Gesellschaft und für den Einzelnen eine | |
große Bedeutung. Das Gefühl, gebraucht zu werden, motiviert und ist wichtig | |
für das Selbstwertgefühl. Die Menschen werden älter, bleiben aber fit und | |
aktiv. Und sie wollen auch im Ruhestand die Gesellschaft mit gestalten und | |
nicht aufs Altenteil abgeschoben werden. | |
Wie sieht die Unterstützung des Senats aus? | |
Wir unterstützen die Freiwilligenagentur "Treffpunkt Hilfsbereitschaft", | |
die quasi das Management des Ehrenamts in Berlin betreibt. Sie organisiert | |
den Freiwilligentag, macht das Ehrenamt publik und ist die Anlaufstelle für | |
alle Fragen rund um diese Thematik. Außerdem unterstützt der Senat seit | |
Jahren im Rahmen des Ligavertrags mit den Wohlfahrtsverbänden | |
Ehrenamtprojekte für Seniorinnen und Senioren, aber auch für den Austausch | |
zwischen Jung und Alt. | |
Die Aufwandsentschädigungen für Freiwillige wurden gekürzt. Läuft der | |
Berliner Senat nicht Gefahr, Bürger mit geringem Einkommen von | |
ehrenamtlichen Tätigkeiten auszuschließen? | |
Für bestimmte Bereiche gibt es diese Aufwandsentschädigung, für andere | |
nicht. Es ist in der Tat ein Problem, dass manche Freiwillige nicht mehr | |
mitmachen können, weil sie sich die zusätzlichen Fahrtkosten nicht leisten | |
können. Einige Verbände haben das nun so gelöst, dass sie Fahrkarten | |
kaufen, damit die Leute zu ihren ehrenamtlichen Einsätzen fahren können. | |
Ansgar Klein, Geschäftsführer des Bundesnetzwerks Bürgerschaftlichen | |
Engagements, spricht von einer Konkurrenzsituation zwischen ehrenamtlichen | |
und 1-Euro-Jobbern. | |
Ich sehe das überhaupt nicht so, dass das Ehrenamt von bezahlter Arbeit | |
verdrängt wird. Es gab schon immer eine Symbiose zwischen beiden. Unsere | |
Erfahrung ist es eher, dass sich 1-Euro-Jobber nach Beendigung ihres | |
Arbeitsverhältnisses ehrenamtlich engagieren. So sorgen 1-Euro-Jobs, so | |
blöd ich die auch finde, dafür, dass es mehr Freiwilligenarbeit gibt. Das | |
Ehrenamt ist aber nicht dafür da, dass sich der Staat aus dem sozialen | |
Bereich zurückzieht. | |
Engagieren Sie sich selbst freiwillig? | |
Ich versuche es. Mit meinen vielen beruflichen Verpflichtungen ist das aber | |
eher schwierig. Ich habe aber zum Beispiel den Verein Gesundheit Berlin e. | |
V. jahrelang als Vorsitzende geleitet. | |
1 Mar 2008 | |
## AUTOREN | |
Tanja Braun | |
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