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# taz.de -- Ikone der Industriekultur: Zeche Zollverein
> Dinieren in der früheren Kompressorenhalle
Bild: Der Doppelbock von Schacht 12
Mein Geheimtipp? Zeche Zollverein! Bin doch selbst auf Kohle geboren.
Zollverein liegt im Norden von Essen, im Arbeiterviertel Katernberg. Seit
2002 sind Zeche und Kokerei Zollverein, früher die größte und modernste
Steinkohleförderanlage der Welt, Weltkulturerbe der Unesco. Zollverein
zieht Superlative magisch an: "Die schönste Zeche der Welt", "Kathedrale
der Arbeit", "Ikone der Industriekultur". Das Doppelbock-Fördergerüst von
Schacht XII, der "Eiffelturm des Ruhrgebiets", wurde zum Wahrzeichen des
Potts und zum Symbol des Strukturwandels. Industrieästhetik in
Formvollendung - nachts erstrahlt die Silhouette des filigranen Turms in
warmem Rostbraun aus der Dunkelheit. Boah ey! Bisschen Geschichte gefällig?
1847 ging es mit der Steinkohle los, wurde der erste Schacht abgeteuft.
Anfang der 1930er-Jahre entstand Schacht XII nach Entwürfen der Architekten
Fritz Schupp und Martin Kremmer. Ein Prachtexemplar im Bauhausstil mit
kubischen Maschinenhallen und einer klaren geometrischen Anordnung der
Gebäude. Nach 140 Jahren war Schicht im Schacht, 1986 machte die Zeche
Zollverein dicht, 1993 folgte die Kokerei. Doch was tun mit dem 100 Hektar
großen brachliegenden Areal? Einige wollten den Komplettabriss der
Dreckanlagen. Doch zum Glück gewannen die Geschichtsbewahrer die Oberhand
und setzten das Industrieensemble unter Denkmalschutz. Nach und nach wurde
der Schwerindustriekomplex in eine industrielle Kulturlandschaft überführt.
90 Millionen Euro Fördergelder wurden investiert, um die
Masterplan-Projekte des Architekten Rem Kohlhaas umzusetzen. In die
restaurierten Hallen zogen Kunst und Design ein.
PACT Zollverein, ein internationales Zentrum für Tanz und Performing Arts,
nutzt jetzt die ehemalige Waschkaue von Schacht 1/2/8, das Design-Zentrum
Nordrhein-Westfalen residiert in dem von Norman Foster umgebauten
Kesselhaus, die Ex-Lesebandhalle dient als Veranstaltungs-Location. Yuppies
und Lohas dinieren bei Kerzenschein im Casino Zollverein, im
Industrieambiente der früheren Kompressorenhalle. Freizeit und Tourismus,
gut und schön, aber auf Zollverein soll auch wieder gearbeitet werden. 100
Kleinunternehmen der Kreativwirtschaft sind schon da, Designer,
Architekten, allerlei Kultur-, Kunst- und Medienschaffende.
"Ursprünglicher" geht es noch auf dem Areal der Kokerei zu, die in den
nächsten zehn Jahren saniert und entwickelt wird. Auf dem verwunschenen
Haldengelände sprießt Industrienatur, hier kann man über Brachflächen
zwischen Goldrute und Königskerze stromern und nach Kreuzkröte und
Hausrotschwanz Ausschau halten. Im Sommer planschen Kinder unter der
Mischanlage im "Werksschwimmbad", einem Pool aus zwei
aneinandergeschweißten Überseecontainern. Und im Winter ziehen
Schlittschuhläufer vor der Kulisse der Koksöfen auf einer Eisbahn ihre
Bahnen. Eine 55 Meter lange Rolltreppe befördert die Touristen hinauf ins
Besucherzentrum in der sanierten Kohlenwäsche. Meine Empfehlung: die
Spätschicht mit Bier und Wein, wo ehemalige Steiger Püttgeschichten
verklickern. Und wer morgen noch mal Kohle schnuppern will, der kann
"übernachten unterm Förderturm". Zum Beispiel im Vierspänner, einem
originalen Bergmannshaus von 1899, das jetzt eine komfortable Ferienwohnung
beherbergt.
14 Mar 2009
## AUTOREN
Günter Ermlich
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