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# taz.de -- IG Metall wird christliche Konkurrenz nicht los
> Gericht erkennt CGM als Gewerkschaft an, obwohl sie wenige Mitglieder hat
> und meist Arbeitgeberwünsche erfüllt
HANNOVER taz ■ Die IG Metall ist endgültig mit dem Versuch gescheitert, der
kleinen „Christlichen Gewerkschaft Metall“ (CGM) die Tariffähigkeit und den
Status einer echten Gewerkschaft aberkennen zu lassen. Das
Bundesarbeitsgericht bestätigte am Dienstagabend, dass die CGM eine
tariffähige Gewerkschaft ist und damit weiterhin rechtsgültige Abkommen mit
der Arbeitgeberseite abschließen darf.
Damit wurden vor allem jene fragwürdigen Tarifverträge bestätigt, die die
CGM für Bereiche des Metall- und Elektrohandwerks abgeschlossen hat und die
Ausgangspunkt des langen Gerichtsverfahrens waren. In den
Handwerksbereichen, wo sie es seit den 90ern auf ca. 500 eigenständige
Tarifabschlüsse brachte, hat die CGM praktisch keine Mitglieder, ist aber
der einzige Tarifpartner vieler Innungsverbände. Mit von der IG Metall
bekämpften Dumpingtarifverträgen bestimmen diese von Arbeitgeberwünschen
geprägten Verträge dort die Lohn- und Arbeitsbedingungen aller
Arbeitnehmer. 1996 beantragte die IG Metall deshalb die Feststellung, dass
die CGM keine tariffähige Gewerkschaft sei, weil es ihr an der
erforderlichen Durchsetzungfähigkeit gegenüber Arbeitgebern fehle. In
erster Instanz bekam die IG Metall Recht, sie verlor aber vor dem
Landesarbeitsgericht.
Auch das Bundesarbeitsgericht bescheinigte der CGM nun „die notwendige
Durchsetzungsfähigkeit“. Zwar seien in der CGM „höchstens zwei Prozent“…
Arbeitnehmer in Metallindustrie und -handwerk organisiert. Die CGM habe
aber vor allem durch den Abschluss von etwa 3.000 Anschlusstarifverträgen
unter Beweis gestellt, dass sie als Tarifvertragspartei von den
Arbeitgebern ernst genommen werde.
Bei den Anschlusstarifverträgen geht es um Abkommen, mit denen die CGM
regelmäßig IG-Metall-Abschlüsse für ihre Mitglieder übernimmt. Die
CGM-Mitglieder, deren Zahl mit knapp 100.000 angegeben wird, real aber
zwischen 10.000 und 20.000 liegen dürfte, finden sich vor allem in
Großbetrieben, etwa der Autoindustrie. Für sie schließt die CGM
traditionell von der IG Metall ausgehandelte Verträge inhaltsgleich noch
mal ab.
Das Bundesarbeitsgericht stellte mit Blick auf das Handwerk zwar fest, dass
die CGM „möglicherweise nicht überall in dem von ihr regional und fachlich
beanspruchten Zuständigkeitsbereich durchsetzungsfähig“ sei. Aufgrund der
vielen Anschlusstarifverträge entschied es aber, die Durchsetzungsfähigkeit
in einem nicht unbedeutenden Teil des Zuständigkeitsbereichs genüge, „die
Tariffähigkeit insgesamt zu begründen“.
Auswirkungen hat das Urteil auch auf die Mindestlohndebatte. Es erlaubt
Kleinstorganisationen wie der CGM oder dem Deutschen Handels- und
Industrieangestelltenverband (DHV) weiter, tarifvertraglich
Arbeitgeberwünsche in Bereichen zu erfüllen, in denen sie gar keine
Mitglieder haben. Eine Mindestlohnregelung, die sich auf Tarifverträge
stützt, wäre so wirkungslos.
IG-Metall-Sprecher Georgios Arwanitidis kritisierte die
Gerichtsentscheidung: „Würden die Arbeitgeber hunderte von Tarifverträgen
mit einer Briefkastenfirma abschließen, käme auch niemand auf die Idee,
dass es sich dabei um eine Gewerkschaft handelt.“ In der Praxis bleibe die
CGM aber „eine ohnmächtige Organisation, weil sie mangels Mitgliedern nicht
die Mächtigkeit hat, ebenbürtig mit Arbeitgebern zu verhandeln und
Forderungen im Ernstfall auch im Arbeitskampf durchzusetzen.“
JÜRGEN VOGES
30 Mar 2006
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JÜRGEN VOGES
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