# taz.de -- Hoffen auf Resolution 1701 | |
> Nach mehr als einem Monat Krieg sollen von heute, 7 Uhr an, die Waffen | |
> schweigen. Ob das auch so bleibt, ist noch offen | |
AUS GENF ANDREAS ZUMACH | |
In dem Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Libanon, der vor über | |
einem Monat begann, sollen ab heute morgen, 7 Uhr, erstmals die Waffen | |
schweigen. Entsprechende Zusagen gaben die Regierungen Israels und Libanons | |
UNO-Generalsekretär Kofi Annan. Zuvor hatte der UNO-Sicherheitsrat in der | |
Nacht zum Samstag in seiner Resolution 1701, die nach tagelangen zähen | |
Verhandlungen einstimmig beschlossen wurde, die „vollständige Einstellung | |
der Feindseligkeiten“ gefordert. | |
Die Chance, dass heute tatsächlich eine vollständige Waffenruhe eintritt | |
und dass diese auch anhält, wurde von vielen Beobachtern allerdings eher | |
skeptisch beurteilt – zumal Israel den Krieg nur wenige Stunden nach | |
Verabschiedung der Resolution zunächst einmal eskalieren ließ: Die | |
Bodenoffensive wurde erheblich ausgeweitet, die Zahl der in den Libanon | |
entsandten Soldaten von 10.000 auf 30.000 Mann verdreifacht. Zur Skepsis | |
trägt auch bei, dass Resolution 1701 zwar von den Hisbollah-Milizen „die | |
sofortige Einstellung aller Angriffe“ fordert, von Israel hingegen | |
lediglich „die sofortige Beendigung aller offensiven Militäroperationen“. | |
Die israelische Regierung hat ihre Kriegsführung der letzten vier Wochen | |
immer als „defensive Maßnahme“ deklariert oder als „legitime | |
Selbstverteidigung“. | |
Von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah kam denn zunächst auch nur eine | |
eingeschränkte Zustimmung zu der UNO-Resolution. „Durch die Resolution hat | |
sich nichts verändert, der Krieg geht weiter, denn Israel setzt seine | |
Aggression fort“, erklärte Nasrallah am Samstag. Die Hisbollah werde den | |
Kampf erst beenden, „wenn die israelische Aggression aufhört und die | |
israelischen Truppen Libanon verlassen“. Unklar blieb, ob Nasrallah damit | |
den vollständigen Abzug der israelischen Streitkräfte aus dem Libanon zur | |
Vorbedingung macht für die Einstellung aller Hisbollah-Angriffe oder | |
lediglich den Beginn des Abzugs. | |
Die UNO-Resolution sieht einen etappenweisen Rückzug der israelischen | |
Streitkräfte vor – „parallel“ zur schrittweisen Stationierung von insges… | |
15.000 libanesischen Armeesoldaten sowie zur Aufstockung der bisherigen | |
UNO-Truppe Unifil im Südlibanon von derzeit rund 2.000 auf ebenfalls 15.000 | |
Soldaten. Zudem soll die personell verstärkte Unifil vom Sicherheitsrat ein | |
robusteres Einsatzmandat erhalten. Künftig soll die UNO-Truppe dann „den | |
Waffenstillstand überwachen, die libanesischen Truppen bei ihrer | |
Stationierung im Südlibanon und entlang der libanesisch-israelischen Grenze | |
(Blaue Linie) unterstützen sowie den Zugang von Hilfsorganisationen zur | |
Zivilbevölkerung und die sichere Rückkehr von Flüchtlingen ermöglichen | |
helfen“. | |
Zwischen der Blauen Linie und dem 20 bis 30 Kilometer nördlich verlaufenden | |
Fluss Litani soll laut Resolution „eine Zone errichtet werden, in der sich | |
außer den libanesischen und den Unifil-Truppen keine bewaffneten Verbände | |
aufhalten oder Waffen und sonstige Anlagen vorhanden sein dürfen“. Auch auf | |
dem übrigen Staatsgebiet Libanons sollen sich künftig ohne Genehmigung der | |
Regierung in Beirut „keine fremden“ bewaffneten Verbände mehr aufhalten | |
dürfen. Die Regierung soll – mit Unterstützung der Unifil – dafür Sorge | |
tragen, dass künftig ohne ihre Zustimmung „keine Waffen oder anderes | |
Kriegsmaterial mehr in den Libanon importiert werden“. Diese Formulierungen | |
zielen auf die Hisbollah, deren „Entwaffnung“ in der Resolution allerdings | |
nicht ausdrücklich gefordert wird. | |
Genau diese lange als „unverzichtbar“ bezeichnete Forderung hatten die USA | |
und Israel in den Endverhandlungen um die UNO-Resolution fallen lassen. Die | |
Regierungen in Washington und Jerusalem gaben schließlich auch ihre zuvor | |
als „unverhandelbar“ deklarierte Position auf, dass der Rückzug der | |
israelischen Streitkräfte aus dem Südlibanon erst nach vollständiger | |
Stationierung der 15.000 libanesischen Soldaten sowie der Aufstockung der | |
Unifil auf ebenfalls 15.000 Soldaten beginnen könne. Damit war der Weg frei | |
für den ursprünglich von Frankreich unterbreiteten Vorschlag eines | |
schrittweisen Rückzugs Israels „parallel“ zur Stationierung von insgesamt | |
rund 28.000 Soldaten Libanons und der Unifil. | |
Allerdings verhinderten die USA, dass für diesen Prozess in der | |
UNO-Resolution ein konkreter Zeitrahmen festgelegt wurde. Frankreich wollte | |
– unterstützt von einer großen Mehrheit der übrigen 14 Ratsmitglieder – | |
eine Frist von zwei Wochen ab Eintreten einer Waffenruhe festlegen. Danach | |
will der Sicherheitsrat in einer zweiten Resolution Details für einen | |
dauerhaften Waffenstillstand sowie für eine politische Lösung des Konflikts | |
festlegen. Ob und wann es dazu kommt, dürfte wesentlich davon abhängen, | |
dass die mit der ersten Resolution im Grundsatz beschlossene Aufstockung | |
der Unifil von 2.000 auf 15.000 Soldaten schnell erfolgt. | |
In den Tagen vor der Verabschiedung der UNO-Resolution hatte am | |
deutlichsten die französische Regierung ihre Bereitschaft zur Entsendung | |
zusätzlicher Soldaten signalisiert. Von den derzeit 2.000 Unifil-Soldaten | |
stellt Frankreich zwar nur 200, hat aber seit Jahren das Oberkommando über | |
diese UNO-Mission. Die Führungsrolle will Paris auch in einer auf 15.000 | |
Mann aufgestockten und mit robusterem Mandat ausgestatteten Unifil | |
behalten. Allerdings sind von den rund 15.200 französischen Soldaten, die | |
für „robuste“ Auslandsmissionen vorgesehen sind, derzeit bereits 13.200 | |
anderswo im Einsatz. | |
Daher stünden für die Unifil nur noch 2.000 Soldaten zur Verfügung. Deren | |
Entsendung könne allerdings „sehr schnell“ erfolgen, erklärte ein Sprecher | |
des Armee-Generalstabs gestern in Paris. Darüber hinaus lag dem | |
UNO-Hauptquartier bis gestern nur ein konkretes Angebot aus Italien vor. | |
Rom will 2.000 bis 3.000 Soldaten aus allen Bereichen des Militärs in den | |
Libanon entsenden und das stellvertretende Oberkommando über die Unifil | |
übernehmen. Neuseeland erklärte seine grundsätzliche Bereitschaft, Truppen | |
für die Unifil bereitzustellen. | |
14 Aug 2006 | |
## AUTOREN | |
ANDREAS ZUMACH | |
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