# taz.de -- Grüner in der Grauzone | |
> Auch Cem Özdemir hat Geld vom Rüstungslobbyisten Hunzinger erhalten. Und | |
> Thierse wundert sich, warum Rudolf Scharping seine Hunzinger-Honorare | |
> nicht ordnungsgemäß deklariert hat | |
BERLIN taz ■ Cem Özdemir ist zerknirscht: „Das war sicherlich ein Fehler, | |
dass ich nicht zu einer ganz normalen Bank gegangen bin“, sagte der | |
innenpolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion gestern zur taz. | |
Özdemir hat 1999 einen Kredit von 80.000 Mark zu 5,5 Prozent Zinsen vom | |
PR-Berater und Rüstungslobbyisten Moritz Hunzinger bekommen. Üblich wäre | |
ein Zinssatz von rund 9 Prozent gewesen. Seine Schulden stottere er seither | |
in Raten ab, wolle den restlichen Ausstand nun aber sofort begleichen. | |
Gegenleistungen habe er keine erbracht, erklärte Özdemir. | |
Und so wie der mittlerweile entlassene Verteidigungsminister Rudolf | |
Scharping (SPD) hat auch Özdemir ein Honorar für die Teilnahme an | |
Hunzinger-Veranstaltungen bekommen: Für 2.000 Euro saß Özdemir bei | |
Microsoft auf einem Podium. Am Wochenende wurde erstmals bekannt, dass die | |
Firma Hunzingers auch Beziehungen zu Mitgliedern der grünen | |
Bundestagsfraktion pflegte. Diese wurden vor allem von Hunzingers Vertreter | |
in Berlin, Johannes Altincioglu, vermittelt. Hunzinger handelt mit | |
Kontakten zwischen Wirtschaft und Politikern und berät sie in Sachen Medien | |
und Public Relations. | |
Scharping verlor vergangene Woche sein Amt, nachdem bekannt wurde, dass er | |
von Hunzinger 140.000 Mark bekommen hatte. Gestern verlangte | |
Bundestagspräsident Wolfgang Thierse von Scharping eine Erklärung, warum er | |
diese Zahlungen dem Bundestag nicht als „Sondereinkünfte“ gemeldet habe. | |
Dies hätte er laut Geschäftsordnung des Bundestags tun müssen. Thierse | |
forderte „den Abgeordneten Scharping“ auf, sich bis zum 14. August | |
schriftlich zu äußern. | |
Seine grünen Fraktionskollegen nahmen Özdemir gestern in Schutz. „Das war | |
nicht geschickt, aber es verstößt gegen keine Regel“, sagte der | |
Rechtspolitiker Volker Beck zur taz: Özdemir habe „das Richtige gemacht“, | |
indem er für Aufklärung gesorgt habe. Für den Wahlkampf sei Özdemirs | |
Verhalten unwichtig, sagte Beck: „Wenn es nicht diese Parallele zwischen | |
Scharping und Özdemir gäbe, würde sich niemand dafür interessieren.“ | |
Auch Hans-Christian Ströbele, als unnachsichtiger Ankläger „politischer | |
Korruption“ im Spendenuntersuchungsausschuss bekannt, sagte zur taz: „Es | |
kommt darauf an, warum und wofür Herr Özdemir das Geld von Herrn Hunziger | |
genommen hat.“ Das werde man Donnerstag auf einer Fraktionssitzung klären. | |
Hunzinger sei in der Tat eine „zwielichte Lobbying-Figur“. Ein Schaden | |
entstehe den Grünen „hoffentlich nicht“: „Die Grünen bleiben die | |
Antikorruptionspartei, die sie bislang waren. Dafür stehe ich zum | |
Beispiel.“ | |
Die Opposition beschränkte sich gestern auf ironische Nachfragen. Wolfgang | |
Bosbach, Innenpolitiker der Union, erklärte gegenüber der taz: „Ich | |
verstehe erstens nicht, warum man sich von einem PR-Berater Geld leiht. Und | |
zweitens interessiert mich, warum Herr Özdemir einen Zinssatz von 5,5 | |
Prozent für ‚marktüblich‘ hält.“ Da Herr Hunzinger aber „keine Perso… | |
grata“ sei, hätten die Grünen keinen Imageschaden zu befürchten. | |
„Beziehungen mit Herrn Hunzinger sind schließlich nicht vorwerfbar.“ | |
ULRIKE WINKELMANN | |
inland SEITE 7 | |
22 Jul 2002 | |
## AUTOREN | |
ULRIKE WINKELMANN | |
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