# taz.de -- Großflughafen Schönefeld: Flughafen-Flop aus der Nähe | |
> Zu den Publikumstagen am neuen Terminal kommen am Wochenende | |
> Zehntausende. Auch Wowereit stellt sich den Besuchern - und erntet | |
> Gejohle. | |
Bild: Viel voller wird's wohl erstmal nicht auf dem neuen Großflughafen. | |
Aus der Ferne sieht alles fertig aus: das riesige Terminalgebäude mit den | |
beiden Seitenflügeln. Davor sind Flugzeuge geparkt. Auf der Nordbahn setzt | |
gerade ein Airbus auf. Doch dann ist der Shuttle-Bus fast angekommen, und | |
siehe da: Der Flugbetrieb entpuppt sich als Kirmes. Lediglich zwei | |
Maschinen stehen auf dem Vorfeld, die anderen weißen Flugzeugruder sind in | |
Wirklichkeit Pavillonzelte. Davor kreist ein Riesenrad. Die landenden | |
Flieger gehören zum alten Flughafen Schönefeld nebenan. | |
An diesem Samstag ist es vier Tage her, dass die für den 3. Juni geplante | |
Eröffnung des neuen Flughafens abgesagt wurde. Die Publikumstage rund ums | |
Terminal finden trotzdem statt. Zehntausende zieht es nach Schönefeld, sie | |
wollen sich das umstrittene Projekt von Nahem ansehen. Für Samstagmittag | |
hat sich zudem Klaus Wowereit (SPD) angekündigt. Es ist das erste Mal, dass | |
sich der Regierende vor Zuschauern zum Flughafen-Flop äußert. Wird er sich | |
rausreden? Oder doch Reue zeigen? | |
Noch ist bis zu seinem Auftritt Zeit. Die Menschen bummeln über das Vorfeld | |
des Flughafens. Es ist eingezäunt und gleicht einem Gehege. Aus | |
Lautsprechern tönt Musik. Überall stehen Fressbuden und Werbestände von | |
Airlines, dazwischen die beiden Flieger. Viele BesucherInnen sind neugierig | |
auf den „Rundgang ums Terminal“. Das Abfertigungsgebäude bleibt | |
verschlossen – nur drum herum zu wandern ist erlaubt. | |
Alle paar Meter erklären riesige Fotos mit Text die Umgebung. Ein junges | |
Pärchen muss beim Lesen eines Schilds kichern. „Das Nord-Pier ist das | |
Low-Cost-Pier des BER. Hier steigen die Passagiere zu Fuß ein“, steht da in | |
Flughafen-Sprech. Zwei ältere Herren blicken in die Abfertigungshalle, | |
Fotoapparate baumeln ihnen um den Hals. Drinnen macht sich gerade ein | |
Bauarbeiter an den Bodenplatten zu schaffen. „Der Brandschutz war nur eine | |
Ausrede für die Verschiebung – es kommt doch ganz vieles zusammen“, glaubt | |
einer der Männer. „Es ist schwachsinnig, Tegel und Schönefeld zu schließen. | |
So dumm kann nur Berlin sein“, empört sich der andere. Er stammt aus | |
Lichtenrade. | |
Auf dem Vorfeld ist es mittlerweile voller geworden. Eine Schlagerband | |
heizt den BesucherInnen ein. Am Stand der Flughafengesellschaft erklärt ein | |
Mann mit Mikro: „Allein im Terminal wurden 9.000 Tonnen Stahl verbaut. Ein | |
Elefant wiegt 5 Tonnen. Das macht 1.800 Elefanten.“ | |
Gegen 13 Uhr ist es so weit: Wowereit betritt zusammen mit dem | |
Geschäftsführer der Flughafengesellschaft, Rainer Schwarz, die Bühne. | |
Vereinzelt gibt es Pfiffe und Buhrufe. Wowereit, der auch Vorsitzender des | |
Flughafen-Aufsichtsrats ist, trägt eine dicke schwarze Jacke, der Wind | |
zieht durch seine grauen Haare. Er sagt, es gebe zwar die Verschiebung der | |
Eröffnung. „Sie können heute aber auch sehen, wie weit es vorangegangen | |
ist.“ Gelächter im Publikum. | |
Neben Wowereit steht regungslos Rainer Schwarz im Anzug. „Der Flughafen ist | |
baulich fertig, aber noch nicht technisch“, beteuert er. Er wiederholt sein | |
Mantra der letzten Tage: Schuld an der Verschiebung sei nur der | |
Brandschutz, alles andere wäre rechtzeitig fertig gewesen. Viele nehmen ihm | |
das nicht ab, es wird laut gejohlt. „Die Mitarbeiter auf der Baustelle | |
können wirklich nichts dafür. Verantwortlich sind die Planer und die | |
Zuständigen für die Umsetzung“, so Schwarz. Und bekommt sogar etwas | |
Applaus. | |
Wowereit bittet dann doch noch um Entschuldigung „im Namen der | |
Flughafengesellschaft“. Die Verschiebung werde aufgearbeitet und | |
gegebenenfalls würden auch personelle Konsequenzen gezogen. „Das wird dann | |
niemanden von unten treffen.“ Wowereit bittet trotz aller Probleme um | |
Nachsicht. „Alle tun jetzt so, als wenn die Berliner und die Brandenburger | |
die Deppen der Nation sind“, so der Bürgermeister. „Stimmt doch!“, ruft | |
einer aus dem Publikum. | |
Auf der Rückfahrt kommt der Bus dicht am Südflügel des Terminals vorbei. | |
Wieder wirkt alles wie fertig. Dann kommen die Lagergebäude, Baustellen | |
tauchen auf. Am Himmel kreist ein Raubvogel. Noch einige Monate wird er | |
hier die Lufthoheit behalten. | |
13 May 2012 | |
## AUTOREN | |
Johannes Kulms | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |