# taz.de -- Gretchen Dutschke | |
Die Witwe des charismatischen Rudi Dutschke lebt heute wieder im Land ihrer | |
Herkunft. In Oak Park (bei Chicago) wurde sie 1942 als Gretchen Klotz | |
geboren. Ihr Vater Julius war Apotheker, ihre Mutter Grace arbeitete als | |
Sekretärin und Hausfrau. Gretchen wächst mit zwei jüngeren Brüdern in | |
dieser stark religiösen Familie auf. | |
Sie selbst spricht von einer „fundamentalistischen Glaubensrichtung“, die | |
ihre Familie geprägt habe. Religion, der Glaube an eine ursprüngliche | |
Christlichkeit, dominierte ihre Erziehung mit dogmatischer Strenge. | |
„Ich war ein komisches Kind“, sagt sie. Und das fanden auch andere: „Das | |
ist der Beatnik“, hört Gretchen Klotz ihre Mitschüler oft über sie läster… | |
Das junge Gretchen ist fasziniert von der Beatnikbewegung, schreibt | |
Gedichte, liebt Jack Kerouac und rebelliert mit schwarzer Strumpfhose und | |
neuer Haarpracht gegen elterliche Konventionen. | |
Die Verbote in Familie und Schule – kein Kino, kein Tanz, kein Theater, | |
kein Alkohol, kein Sex – erleidet sie zunehmend unmutig. James Deans Film | |
Rebel Without A Cause („Denn sie wissen nicht, was sie tun“), 1956 gesehen | |
während einer Soziologiestunde im College, macht sie offen aufmüpfig. | |
Ihr Philosophiestudium inspiriert Gretchen Dutschke zu einem Europatrip. | |
1965 beginnt sie ihr Theologiestudium in Hamburg; ein Jahr später wechselt | |
sie nach Berlin. „Ursprünglich wollte ich Philosophieprofessorin werden“ �… | |
der junge Rudi Dutschke belehrt sie eines anderen: Fortan kann sie der | |
Theologie eher eine politische Seite abgewinnen. | |
Mit Rudi Dutschke wird sie politisch aktiv. Er nimmt sie mit zum SDS | |
(Sozialistischer Deutscher Studentenbund); hier trifft sie „wahnsinnig | |
überhebliche Menschen“ und auf ein unbefriedigendes Konzept von | |
Partnerschaft – die Rolle des Hausmütterchens ihres Mannes lehnt sie ab. | |
Was in Kalifornien bereits funktioniert, soll auch in Berlin möglich | |
werden: Gleichberechtigung von Mann und Frau, ein gemeinschaftliches Leben | |
in Kommunen. Auf ihre Einladung zur Gründung einer Wohn- und | |
Lebensgemeinschaft kommen schließlich fünfzig Sympathisanten. | |
Gretchen Klotz heiratet Rudi Dutschke im Frühjahr 1966. Ihre Idee von | |
gemeinschaftlichem Leben in einer Kommune scheitert. Ihr Gegenspieler ist | |
der Aktivist Dieter Kunzelmann. Der lehnt, offen für vieles, Monogamie ab. | |
Die Dutschkes bleiben unter sich; im Januar 1968 kommt ihr erstes Kind, | |
Sohn Hosea Che, zur Welt. | |
Im April 1968 wird Rudi Dutschke bei einem Attentat schwer verletzt. Ein | |
Rechtsextremist schießt ihm in den Kopf. Heiligabend 1979 stirbt Dutschke | |
an den Spätfolgen des Attentats. | |
Mit ihren drei Kindern geht Gretchen Dutschke-Klotz 1985 in die USA zurück. | |
Unter dem Titel „Rudi Dutschke. Wir hatten ein barbarisches, schönes Leben“ | |
veröffentlicht sie 1998 die Geschichte ihrer Familie. | |
Zu ihren jüngsten Plänen sagt sie: „Ich werde versuchen, nach China zu | |
gehen. Das ist ein interessantes Land, auch weil es den USA widersprechen | |
kann. Ich habe mich an einer Militärakademie beworben, als | |
Englischlehrerin. Mal sehen, ob es klappt.“ HS | |
18 Jan 2003 | |
## AUTOREN | |
HS | |
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