# taz.de -- Gbagbo streckt die Waffen | |
> KRIEG Mit Luftangriffen ebnen UNO und Frankreich der Armee Ouattaras den | |
> Weg zum Sieg in Abidjan. Die Armee des Expräsidenten Gbagbo stellt den | |
> Kampf ein, aus dem Bunker heraus verhandelt er über sein Schicksal | |
VON DOMINIC JOHNSON | |
Es bedurfte schließlich doch des ausländischen Eingreifens. | |
Kampfhubschrauber der UN-Blauhelmmission und der französischen | |
Eingreiftruppe in der Elfenbeinküste flogen in der Nacht zu Dienstag | |
Luftangriffe auf Stellungen der Truppen des früheren Präsidenten Laurent | |
Gbagbo in Abidjan. Daraufhin konnten die Kämpfer des gewählten Präsidenten | |
Alassane Ouattara im Laufe des Tages die wichtigsten verbliebenen | |
Positionen des Gegners erobern. Am Nachmittag erklärten hochrangige | |
Mitstreiter Gbagbos, der Krieg sei beendet. Gbagbo, erklärte die | |
UN-Mission, befinde sich mit einer Handvoll Getreuen im Bunker seiner | |
Residenz. | |
„Der Krieg ist aus“, sagte Gbagbos Außenminister Alcide Djédjé am | |
Dienstagnachmittag in einem telefonischen Fernsehinterview aus der Residenz | |
des französischen Botschafters direkt neben Gbagbos Residenz. Man habe die | |
ganze Nacht verhandelt und am späten Vormittag eine Einigung gefunden: | |
Gbagbos Streitkräfte legen die Waffen nieder, „sie werden sich in Lagern | |
sammeln, unter der Aufsicht der UN-Mission, und Gbagbos Residenz wird von | |
der UNO geschützt“. | |
Man habe die Kämpfe eingestellt, erklärte auch Gbagbos Generalstabschef | |
Philippe Mangou, und die UNO um einen Waffenstillstand gebeten, „um die | |
Bevölkerung, die Militärs und den Präsidenten, seine Familie und seine | |
Regierungsmitglieder zu schützen“. Mangou hatte zwischen Mittwoch und | |
Sonntag in der Residenz des südafrikanischen Botschafters Zuflucht gesucht; | |
danach war er zwar wieder an seinen alten Posten zurückgekehrt, aber | |
offenbar nur noch, um die Waffen auch offiziell zu strecken. | |
Die nächtlichen Luftangriffe zerstörten nach UN-Angaben vor allem die | |
Munitionslager und schweren Artilleriestellungen der Gbagbo-Streitkräfte im | |
Gendarmeriecamp Agban. Von dort aus hatten diese den vom Norden Abidjans | |
aus anrückenden Ouattara-Kämpfern tagelang den Weg versperrt. Die | |
Ouattara-treue Armee FRCI (Republikanische Streitkräfte der Elfenbeinküste) | |
war am vergangenen Freitag nach einer Blitzoffensive durch das halbe Land | |
in Abidjan eingerückt, konnte die Millionenstadt aber nicht halten. | |
Ihre 5.000 Kämpfer zogen sich im Laufe des Wochenendes zurück und erhielten | |
Verstärkung von 4.000 weiteren Soldaten, die sich am Montag am nördlichen | |
Stadtrand sammelten. Am späten Nachmittag setzten sie sich in Bewegung, und | |
mit Einbruch der Dunkelheit ebneten die Luftschläge der UNO ihnen den Weg. | |
Dichter Rauch hing im Abendhimmel über Abidjan, erleuchtet von den Flammen | |
brennender Munitionsbestände. | |
Der Beschuss oppositioneller Stadtviertel mit Artillerie durch | |
Gbagbo-Truppen hatte in den vergangenen Wochen zahlreiche Tote gefordert. | |
Auch das UN-Hauptquartier, UN-Patrouillenfahrzeuge und medizinische | |
Hilfskonvois seien angegriffen worden, erklärte UN-Generalsekretär Ban Ki | |
Moon am Montag. So wurden alle Artilleriestellungen Angriffsziele, auch die | |
beim Präsidentenpalast und bei der Präsidentenresidenz. | |
Ob diese Angriffe auch zivile Opfer gefordert haben, blieb gestern offen. | |
Gbagbos Militärführung hatte in den vergangenen Tagen die Gbagbo-treuen | |
„patriotischen“ Milizen dazu aufgerufen, sich vor dem Palast und der | |
Residenz zu versammeln, um diese zu schützen – ein sicheres Todeskommando, | |
denn die meisten Milizionäre sind nur rudimentär an der Waffe ausgebildet | |
und haben keine Schutzkleidung. Es schien eine Strategie zu geben, die | |
Bevölkerung in den Krieg einzubeziehen. Am Montag, kurz vor dem | |
FRCI-Einmarsch, hatten Milizionäre die Menschen im Stadtzentrum | |
aufgefordert, sich in der katholischen Kathedrale zu versammeln und zu | |
beten. Das Gbagbo-kontrollierte Staatsfernsehen sendete in seinen letzten | |
Stunden, bevor ein Luftangriff seinen mobilen Sendewagen ausschaltete, | |
Aufrufe an die Bevölkerung, Bibelpassagen über die Apokalypse zu lesen. | |
Ob jetzt in Abidjan Frieden einkehrt, hängt davon ab, ob die Milizen auch | |
ohne Gbagbo weiterkämpfen. Auf Videos waren bereits in den vergangenen | |
Tagen immer wieder Szenen zu sehen, wie Ouattaras FRCI-Truppen Gefangene in | |
Zivilkleidung mit erhobenen Händen abführen, vermutlich Milizenangehörige | |
an Straßensperren. Es wird aber auch berichtet, „patriotische“ Milizionäre | |
würden Plünderungen begehen und sich im Slumviertel Yopougon | |
verbarrikadieren. | |
Aus UN-Kreisen heißt es, man rechne damit, dass die verbliebenen Milizen | |
mutmaßliche Gegner töten würden. Die humanitäre Lage in Abidjan sei | |
„absolut dramatisch“, sagte die Sprecherin der humanitären Abteilung der | |
UNO, Elisabeth Byrs. Verwundete könnten nicht versorgt werden, vielerorts | |
seien Strom und Wasser abgestellt. „Die meisten Krankenhäuser funktionieren | |
nicht, Krankenwagen auch nicht, und wenn sie fahren, werden sie | |
beschossen.“ | |
6 Apr 2011 | |
## AUTOREN | |
DOMINIC JOHNSON | |
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