# taz.de -- Freigabe zur Schmerztherapie: Ausnahme für Cannabisblüten | |
> Erstmals dürfen in Deutschland Patienten ein Extrakt aus Cannabisblüten | |
> aus der Apotheke beziehen - zur Schmerzlinderung. | |
Bild: Streitbares Heilmittel: Chronisch Kranke schätzen Cannabisprodukte als M… | |
Sieben Patienten dürfen seit Mitte Februar - erstmals in Deutschland - ein | |
standardisiertes Extrakt aus Cannabisblüten einnehmen. Die | |
Bundesopiumstelle in Bonn erteilte ihnen die Ausnahmegenehmigung, sich das | |
entsprechende Präparat von der Apotheke besorgen zu lassen. Dies sei, wie | |
Behördenleiter Winfried Kleinert betont, "ein weiterer Schritt, um die | |
Therapiefähigkeit von Cannabis zu überprüfen". | |
Eigentlich sind die getrockneten Blüten (Marihuana) sowie das Blütenharz | |
(Haschisch) der Hanfpflanze (Cannabis sativa) hierzulande verboten. Doch | |
ihr Image hat sich in den letzten Jahren wesentlich gebessert. So steht | |
mittlerweile fest, dass der menschliche Körper über ein eigenes | |
Cannabinoid-System besitzt. Er verfügt über spezifische Nervenenden | |
(Rezeptoren), die bei Reizung durch passende Substanzen, eben die | |
Cannabinoide, eine deutliche Linderung von Schmerzen und Entzündungen | |
veranlassen. Der Organismus verfügt zwar auch über eigene Cannabinoide, um | |
diese Rezeptoren zu reizen - doch das reicht oft nicht aus. | |
Hier liegen die Chancen der Hanfblüten. Denn ihr Hauptwirkstoff, das | |
Tetrahydrocannabinol (THC), kann ebenfalls an den Rezeptoren andocken und | |
dadurch Schmerzen und Entzündungen lindern. Deshalb sind es vor allem | |
Schmerzpatienten, die von Cannabis profitieren könnten: Menschen, die an | |
Krebs, Arthritis oder Nervenerkrankungen leiden. Weil die | |
Cannabinoid-Rezeptoren zudem an tieferen Hirnschichten sitzen, werden der | |
Pflanze noch bei zentralen Bewegungsstörungen Chancen eingeräumt. Wie etwa | |
bei Multipler Sklerose und dem Tourette-Syndrom, bei dem die Patienten Tics | |
wie Zuckungen und unwillkürliches Grimasse-Schneiden entwickeln. | |
Laut derzeitiger Rechtslage jedoch dürfen Ärzte nur den synthetisch | |
hergestellten Cannabis-Wirkstoff Dronabinol verschreiben, doch der muss aus | |
den USA importiert werden und ist teuer. Je nach Krankheit und Dosierung | |
können bis zu 800 Euro monatlich zusammen kommen, die Krankenkassen zahlen | |
in der Regel nicht. Cannabis selbst wäre deutlich billiger, doch in | |
Deutschland ist es lediglich in Ausnahmefällen von wissenschaftlichem oder | |
anderweitigem öffentlichem Interesse zugelassen. Immerhin beschied 2005 das | |
Bundesverwaltungsgericht, dass auch die Gesundheit eines einzelnen | |
Patienten im öffentlichen Interesse liege und Anträge daher nicht pauschal | |
abgelehnt werden dürften. | |
Auf Basis dieses Urteils hat die Bundesopiumstelle nun ihre | |
Ausnahmegenehmigung erteilt. Mit einer Freigabe von Joints und | |
Haschisch-Pfeifen sowie der Einfuhr von Cannabis-Blüten aus Holland ist | |
jedoch nicht zu rechnen. "In Deutschland wird eher das Ziel verfolgt, | |
Patienten mit einem standardisierten Cannabis-Extrakt zu versorgen", | |
erklärt Kleinert. | |
19 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Jörg Zittlau | |
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