| # taz.de -- Frauennetzwerk für Afrika: "Die Männer machen nicht viel" | |
| > Madjiguène Cissé, Frauenrechtlerin und ehemalige Sprecherin der | |
| > Sans-Papiers in Frankreich, stellt den Politikern des Senegals schlechte | |
| > Noten aus. | |
| Bild: Straßenszene in Dakar. | |
| Im Januar haben Frauen in Dakar die Grundsteine für die ersten Häuser einer | |
| Frauensiedlung gelegt. Einfache Häuser wollen sie auf die etwa 300 | |
| Quadratmeter großen Grundstücke bauen. Zwei Räume mit einer Küche unter | |
| freiem Himmel. Die Pläne haben sie selbst gemacht. Auch bauen werden sie so | |
| viel wie möglich selbst. Hundert solcher Parzellen gehören zur | |
| Frauensiedlung. Es ist ein Pilotprojekt. | |
| Dass sich Frauen überhaupt ein eigenes Haus im Senegal leisten können, ist | |
| der Arbeit des „Frauennetzwerkes für nachhaltige Entwicklung in Afrika“ zu | |
| verdanken. Madigjiuène Cissé hat diese Organisation Anfang des neuen | |
| Jahrtausends gegründet. Zehntausend Frauen gehören schon dazu. Das Netzwerk | |
| hat einen starken ökonomischen Fokus: „Wir verbessern die Lebensbedingungen | |
| der Frauen“, sagt Cissé im Gespräch mit der sonntaz. Frauen sollen mit | |
| ihren Produkten in Austausch kommen. Mit nahezu zinslosen Mikrokrediten | |
| werden sie unterstützt. Neben der Frauensiedlung versucht das Netzwerk | |
| derzeit auch landesweit Frauenmarkthallen zu etablieren, damit die Frauen | |
| im Senegal größere Warenmengen lagern und anbieten können. Es sind kleine | |
| Schritte für ein großes Ziel: „Ich tue alles, um die Welt schöner zu | |
| machen“, sagt Cissé. | |
| Die heute 58-jährige Cissé ist nicht nur im Senegal bekannt. Sondern auch | |
| in Frankreich. Denn genau in dem Augenblick, als 300 Afrikaner und | |
| Afrikanerinnen, die keinen gültigen Aufenthaltsstatus in Frankreich hatten, | |
| im März 1996 die Kirche Saint Bernard in Paris besetzten, war sie auch in | |
| der französischen Hauptstadt. Sie ging zu den BesetzerInnen und wurde fast | |
| noch am gleichen Tag die Sprecherin der Sans-Papiers, der Papierlosen. Mit | |
| ihrer Eloquenz und Entschlossenheit hat Cissé den Saint-Papiers eine Stimme | |
| gegeben. Vier Jahre lang. Für sie sei es ganz normal, sich für andere | |
| einzusetzen, sagt sie. Obwohl sie doch eigentlich ein anderes Leben hatte | |
| als Deutschlehrerin in Dakar. | |
| Für Cissé wäre die Welt schöner, wenn es weniger Armut gäbe. Dafür lässt | |
| sie sich in die Pflicht nehmen. Dieses Engagement sei ganz normal für sie. | |
| Schon als Jugendliche hat sie, die dank glücklicher Umstände zur Schule | |
| gehen konnte, denen Unterricht gegeben, die diese Chance nicht hatten. Auch | |
| studieren konnte sie. Germanistik übrigens. Austauschstudentin in | |
| Saarbrücken war sie.. | |
| Im April diesen Jahr feiert der Senegal 50 Jahre Unabhängigkeit von | |
| Frankreich. Madjiguène Cissé gibt den Politikern, die seither das Land | |
| führten, keine guten Noten. Im Grunde, meint sie, hätte die neue | |
| senegalesische Elite weiterhin die Interessen des ehemaligen Koloniallandes | |
| Frankreich verteidigt. „Frankreich ging und blieb“, sagt sie. Die neue | |
| schwarze Bourgeoisie sei dabei reich geworden, während ein großer Teil der | |
| Bevölkerung noch stärker verarmte. Das sei das Schlimmste,meint sie. Es | |
| gibt einen Witz in Senegal, berichtet Cissé, der ungefähr so geht: Ein paar | |
| Jahre nach der Unabhängigkeit fingen die Leute an zu fragen, wann endlich | |
| diese Unabhängigkeit zu Ende geht. | |
| Cissé glaubt, dass es dem Land besser ginge, wenn Frauen mehr Unterstützung | |
| erfahren würden und mehr zu sagen hätten in der Politik. Dafür engagiert | |
| sie sich. | |
| 5 Feb 2010 | |
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