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# taz.de -- Folk-Neuerscheinungen: Bärte, Kutschen und Kacheln
> In dieser Woche sind drei interessante Folk-Alben erschienen. Die Fleet
> Foxes geben ihr Debüt, The Dodos und Indian Jewelry sind wieder da.
Bild: Man merkt gar nicht, dass sie aus Seattle kommen: Fleet Foxes.
Bluebirds over the mountain: Man muss nur die Beach Boys mit Folk
zusammendenken, schon hat man die Fleet Foxes.
Keine Sorge, so einfach geht es natürlich nicht. Die Fleet Foxes kommen
nicht aus Kalifornien, sondern aus Seattle, der Hauptstadt des Grunge, was
man ihnen allerdings kaum anmerkt. Sie sind zu fünft und noch nicht so lang
im Geschäft.
Dies ist ihr Debüt. Es dauert nicht lang. Aber es kann verzücken: mit
tollen Harmoniegesängen, ordentlich Kirchenhall auf den gezupften Gitarren,
den Gesängen und überhaupt allem. Wie voll spärliche Instrumentierung
klingen kann! Und wie gut funktionieren Barbershop-Reste, leichte
Verstrahlung, Orgel und Country-Einschlag, wenn sie so wie hier auf den
Punkt gebracht werden.
Schon mal auf den Winter einstimmen? "White Winter Hymnal" anspielen.
Lieber im Sommer bleiben? "Blue Ridge Mountain". Neben den nicht genug zu
lobenden Cave Singers und der auch sehr klammen Platte von Bon Iver ist das
Debüt dieses Quintetts unter der Führung des 20-jährigen Robin Pecknolds
das herausragende Folkrockalbum der Saison. Americana, New Folk, Weird Folk
oder wie auch immer man diese Musik bezeichnen möchte. Nur ohne Bärte tun
sies nicht.
Und noch eine Kutschenmusik im Zeitalter der Billigflieger. Aber wer weiß,
vielleicht ist der Schritt zurück oder sind die mehr als zehn Schritte
zurück ja bald wieder schick, von wegen Klimawandel und so.
Ökologisch korrekt könnte es dann heißen: Nehmen wir Taxi oder Einspänner?
Aber ich schweife ab. Die Dodos sind ein Duo aus San Francisco, und dass
sie keine reaktionäre, sondern fortschrittsorientierte Folkmusik machen,
zeigt sich besonders am etwas enervierenden Drumsound, mit dem ihre
harmonisch gut austarierten Stücke versehen sind.
Animal Collective, inzwischen vollkommen in der Welt der Elektronik
aufgegangen, lassen grüßen. Stumpfes Gebolze also im Hintergrund, während
Meric Long und Logan Kroeber sich vorn im Duettgesang üben und kräftig auf
den Gitarren schrubben. Nett, zuweilen sogar aufregend, wie in "Red and
Purple" oder in "Fools", meinem persönlichen Favoriten, der auch in gut
aufgeklärten Indiediskos laufen könnte.
Demnächst kommen die Dodos übrigens auf Deutschlandtournee, und zwar
zusammen mit einer anderen, überaus großartigen Band, die hier auch schon
mal genannt wurde, nämlich mit den Ruby Suns aus Neuseeland. Hinfahren. Mit
Kutsche oder Taxi.
Anders liegen die Dinge bei Indian Jewelry. Sie kommen aus Houston, Texas,
und haben mit Folk eigentlich nicht so viel am Hut.
Die Musik ihres neuen Albums "Free Gold!" erinnert eher an die späten
Achtzigerjahre: Spacemen 3, Slowdive, My Bloody Valentine. Langsam sich
dahin schleppender Dronerock also.
Totale Verkachelung, Echokammern auf allen Ebenen, Feedbackhöllen,
entgeisterte, nach hinten gemischte Drums. Gesang, mal von verpeilten
Männerstimmen, mal von verpeilten Frauenstimmen. Dazu muss man vielleicht
eine Affinität haben, denn Neues passiert in diesem auch Shoegazing
genannten Genre nicht. Allen Wiederbelebungsversuchen durch Bands zum
Trotz; genannt seien hier nur Amusement Parks on Fire oder die Magnetic
Fields und ganz besonders die Comeback-Konzerte von My Bloody Valentine,
die neulich ja bewiesen haben, dass in dieser Zitrone noch viel Saft
steckt.
Indian Jewelry gibt es auch schon ein paar Jahre, "Free Gold!" ist ihr
drittes Album, die Gästeliste der sich namentlich zurückhaltenden
Mitglieder ist sehr umfangreich. Sollte trotz leichter Zeitverschiebung
(die Platte hätte so vielleicht auch 1988 erscheinen können) trotzdem mal
ein paar Ohren geliehen bekommen.
7 Aug 2008
## AUTOREN
René Hamann
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