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# taz.de -- Filmkritik "Twilight - Biss zum Morgengrauen": Vegetarischer Sexver…
> In der Bestsellerverfilmung "Twilight - Biss zum Morgengrauen" beißen die
> Vampire nicht. Statt Angstlust herrscht Tugendterror. Der Papst hätte
> seine Freude daran.
Bild: Nur gucken, nicht anfassen.
Dieser Film ist, wie es Verfilmungen von in Serie vorhandenen Romanen in
Hollywood heute nun mal sind, nicht einfach ein Film, sondern ein
Franchise-Gründungsakt. Die Vampirromanvorlagen von Stephanie Meyer sind
Bestseller, und allein schon deshalb war ein Erfolg zu erwarten. Aber
keiner wie der, der dann eintrat: "Twilight - Biss zum Morgengrauen" wurde
einer der erfolgreichsten Filme des vergangenen Jahres, läuft immer noch
gut und kratzt an der 200-Millionen-Dollar-Marke im Einspiel. Ein Phänomen
also, der Beginn eines wunderbaren Franchise - und sonst?
Sonst herzlich wenig. Wenig Erfreuliches jedenfalls. Die Geschichte vom
eigenständigen Mädchen, dessen Eltern geschieden sind, das zum Vater zieht
und in einem Kaff in der Provinz in ein erst mal befremdliches
Highschool-Umfeld gerät, birgt nichts Originelles. Auch Vampire an der
Highschool kennt man - Buffy sei Dank - zur Genüge. Bella Swan (Kristen
Stewart), so heißt die Heldin von "Twilight", freilich jagt sie nicht,
sondern schließt Freundschaft mit ihnen. Ja, sie verliebt sich sogar in
Edward Cullen (Robert Pattinson), den Vampir, der sie erst nicht riechen
kann, ihr dann aber mit superheldischer Kraft das Leben rettet und fortan
immerzu von ihr lässt.
Dieses Lassen und Immerzu-Lassen ist denn auch die entscheidende Pointe und
mutmaßliche Erfolgsformel des Films. Wenn im herkömmlichen
kulturindustriellen Vampirbetrieb das Beißen immer auch ein (phallisches)
Vögeln ist, so wird der Biss, der nicht eintritt, hier mit aller
puritanischen Entschiedenheit zum tugendhaft vegetarischen Sexverzicht
hochstilisiert. Aus dem Spaß, den Bella und Edward nicht haben, macht der
Film so mit viel Aufwand ein Drama. Die Kontrolle, unter der Edwards
hormondurchpulster Untotenkörper kraft allein seines Willens und Wollens
bleibt, wäre dem Papst helle Freude. Ein Kondom für die Beißerchen wäre,
versteht sich, ja wirklich ein Witz.
Dazu kommt, dass die guten Vampire als sich kabbelnde, aber im Grund ihres
Herzens brave amerikanische Familie unterm gemeinsamen Dach leben, während
die bösen Vampire, die es auch geben muss, als blutrünstiger Tribe durch
die Gegend ziehen. Dabei schon mal den vampirischen Familienausflug ins
Grüne stören und als Spielverderber in die auch für untote Körper
offenkundig gesunde sportliche Betätigung platzen. Zuständig sind die Bösen
aber nur fürs Bedrohungsszenario, verführerisch ist an ihrem Treiben eher
wenig.
Regisseurin Catherine Hardwicke bemüht sich immer mal wieder, der
Geschichte visuell einen Kick zu geben, den sie ganz programmatisch nicht
hat. Der treuherzige Versuch, die blutigen Küsse des Genres auf Kuschel-
und Blümchensex umzuschalten, produziert selbst in den Actionszenen noch
lahmen und erzkonservativen Tugendterror ohne Biss. Freuen dürfen sich
darüber nur diejenigen, die schon immer aufs evangelikale Coming-out des
bisher stets noch angstlüsternen Vampir-Genres gewartet haben.
"Twilight - Biss zum Morgengrauen". Regie: Catherine Hardwicke. Mit Kristen
Stewart, Robert Pattinson u. a. USA 2008, 122 Min.
14 Jan 2009
## AUTOREN
Ekkehard Knörer
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