| # taz.de -- Feldjäger dürfen gegen rechts helfen | |
| > Bundesregierung rechtfertigt Amtshilfe der Militärpolizei bei | |
| > Geheimdienstaktion gegen rechtsextremes Netzwerk. Kritisiert hatten das | |
| > ein Feldjäger und die AfD im Bundestag | |
| Bild: Robuster Einsatz gegen mutmaßliche Neonazis zulässig: Feldjäger | |
| Von Andreas Speit und Andrea Röpke | |
| Feldjäger dürfen dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) bei Einsätzen gegen | |
| Bundeswehrangehörige auch im Inland Amtshilfe leisten –das sei | |
| „grundsätzlich rechtlich zulässig“, teilte die Bundesregierung mit. Sie | |
| beruft sich damit auf eine Einschätzung der Staatsanwaltschaft Hannover zu | |
| einem Fall aus Niedersachsen. | |
| Im März war der MAD gegen Bundeswehrangehörige vorgegangen, die im Verdacht | |
| stehen, dem rechtsextremen Netzwerk „Nordbund“ um Johannes K. anzugehören. | |
| Der MAD hatte um Unterstützung durch die Militärpolizei gebeten, da die | |
| Mitglieder des Netzwerks aktive Kampfsportler seien und „ein hohes | |
| Aggressionspotential“ hätten. | |
| Die Amtshilfe der Feldjäger hatte ein juristisches und parlamentarisches | |
| Nachspiel, weil ein Hauptfeldwebel der Feldjäger die Rechtmäßigkeit des | |
| „scharfen Einsatzes im Inland“ anzweifelte. Die Staatsanwaltschaft Hannover | |
| stellte jedoch fest, dass „keine hinreichenden Anhaltspunkte für strafbare | |
| Handlungen“ vorlägen. | |
| Im Bundestag griffen drei Abgeordnete der AfD, alle mit | |
| Bundeswehrerfahrungen, mit einer Kleinen Anfrage an die Bundesregierung die | |
| MAD-Aktion gegen rechts auf. Sie wiesen darauf hin, welche psychischen | |
| Folgen es haben könne, jemanden „irrtümlicherweise als potenziellen | |
| Extremisten“ zu verdächtigen. | |
| Im Rahmen des Vorgehens gegen den Nordbund hatte der Hauptfeldwebel am 9. | |
| März gemeinsam mit weiteren Feldjägern im Fliegerhorst Wunstorf eine der | |
| Zielpersonen vorübergehend festgenommen. Zeitgleich wurde wohl gegen zehn | |
| Bundeswehrangehörige in mehreren Bundeswehrkasernen vorgegangen – vermummt | |
| mit Sturmhauben und mit scharfen Waffen. | |
| Nach einer Aussage des Hauptfeldwebels, die der taz vorliegt, war die | |
| Zielperson ein zivil angestellter Oberbrandmeister der Flugfeldfeuerwehr, | |
| der Präsident eines Hells-Angels-nahen Motorradklubs sein soll und der | |
| rechten Kameradschaft „Ostkreisler Jungs“ nahestehe. Der Motorradklub soll | |
| in allen Bereichen der organisierten Kriminalität mitmischen, gab der | |
| Hauptfeldwebel die Einschätzung des MAD wieder. | |
| Der Berufssoldat sagte aus, dass einer der Verdächtigen seiner Kompanie | |
| angehöre. Die Einordnung des MAD passe aber nicht zu der Person, die er | |
| seit zehn Jahren kenne. Ein MAD-Mitarbeiter soll in der Vorbesprechung für | |
| den Einsatz erwidert haben, dass der Geheimdienst wisse, dass dieser | |
| Kamerad „keinen Dreck am Stecken“ habe, jedoch mit dem Nordbund aus | |
| Hildesheim herumhänge. Durch die Razzia wolle der MAD den Kameraden unter | |
| Druck setzen. | |
| Im Einzelnen sei von den Feldjägern gefordert worden, die Zielpersonen zu | |
| durchsuchen, Angriffe auf die MAD-Mitarbeiter abzuwehren und einschüchternd | |
| aufzutreten, da es bereits vergebliche Gespräche gegeben habe und sich der | |
| MAD vorgeführt fühle. | |
| Dass robust aufgetreten werden solle, wurde mehrfach betont. Der Grund | |
| dafür sei, dass einzelne der als Rechtsextremisten Verdächtigten nicht bloß | |
| Soldaten seien, sondern als Personenschützer Bundesminister*innen, | |
| Staatssekretär*innen und Generäle im Alltag und bei Auftritten | |
| begleiteten. | |
| Das Interesse der AfD an dem Einsatz könnte sich mit den einschlägigen | |
| Verbindungen der Partei erklären lassen. Einer der AfD-Abgeordneten, Jan | |
| Nolte, Soldat auf Zeit, beschäftigt einen Mitarbeiter, Maximilian T., der | |
| vom MAD als rechtsextrem eingestuft wurde. Gegen den Oberleutnant T. | |
| ermittelte der Generalbundesanwalt wegen der Nähe zu Franco A., den das | |
| Oberlandesgericht Frankfurt im Juli wegen Vorbereitung einer schweren | |
| staatsgefährdenden Gewalttat zu fünf Jahren und sechs Monaten Haft | |
| verurteilte. | |
| Ähnlich liegen die Dinge beim verteidigungspolitischen Sprecher der | |
| AfD-Fraktion und Oberst a. D., Rüdiger Lucassen. Seine Büroleiterin Irmhild | |
| B. kommt aus völkisch-nationalistischen Kreisen. | |
| Den Anstoß zu den MAD-Ermittlungen gegen die Nordbund-Mitglieder hatte eine | |
| Broschüre einer antifaschistischen Initiative gegeben. Seit Jahren bewegt | |
| sich der Mentor des Netzwerks, Johannes K., der in Springe bei Hildesheim | |
| ein Tattoo-Studio betreibt, zwischen Rechtsextremismus und Wehrsportlertum. | |
| Der frühere Panzergrenadier wirkte bei dem im Jahr 2000 verbotenen Netzwerk | |
| „Blood and Honour“ mit. 2008 wurde er wegen Weiterführung der Organisation | |
| zu einer Geldstrafe verurteilt. | |
| Die Bundesregierung gab auf Anfrage der Linksfraktion im Bundestag an, dass | |
| im „Zusammenhang“ mit dem Nordbund drei Disziplinarverfahren gegen | |
| Soldat*innen eingeleitet worden seien und ein Verfahren bereits laufe. | |
| 11 Nov 2022 | |
| ## AUTOREN | |
| Andreas Speit | |
| Andrea Röpke | |
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